Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigungsberechtigung nach Bayerischem Sparkassenrecht

 

Normenkette

BayLKrO Art. 38 Abs. 1; BaySpkG Art. 5, 12 Abs. 1, 5; BGB § 164 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG München (Urteil vom 23.12.1997; Aktenzeichen 9 Sa 51/97)

ArbG München (Urteil vom 15.11.1996; Aktenzeichen 13a Ca 07215/94)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 23. Dezember 1997 – 9 Sa 51/97 – aufgehoben.

2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 15. November 1996 – 13a Ca 07215/94 – wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Kläger war seit 1. September 1969 – zuletzt in der Funktion des Leiters der Geschäftsstelle P… – in der Kreissparkasse München tätig. Bei dieser handelt es sich gemäß § 1 ihrer Satzung vom 5. Dezember 1990 um eine gemeinnützige, mündelsichere Anstalt des öffentlichen Rechts. Arbeitgeber der bei ihr beschäftigten Angestellten ist gemäß Art. 12 Abs. 1 des Bayerischen Sparkassengesetzes (SpkG) der Landkreis als der Gewährträger. Nach Art. 38 Abs. 1 Ziff. 2 Landkreisordnung für den Freistaat Bayern (LKrO) ist grundsätzlich der Kreistag für die Entlassung der Angestellten des Landkreises zuständig. Gemäß Art. 12 Abs. 5 Satz 1 SpkG kann der Gewährträger die Regelung der Dienstverhältnisse der bei der Sparkasse verwendeten Angestellten auf den Verwaltungsrat der Sparkasse übertragen. In Ausführung dieser Norm begründet § 66 der Geschäftsordnung des Kreistags München in der Fassung vom 7. Mai 1990 (GeschO-KT) die Kompetenz des Verwaltungsrats der Kreissparkasse München, die Dienstverhältnisse der bei der Kreissparkasse beschäftigten Angestellten zu regeln. Der Verwaltungsrat besteht gemäß § 3 Ziffern 1 bis 3 der Satzung der Kreissparkasse aus dem jeweiligen Landrat des Landkreises München als Vorsitzendem, sechs weiteren Mitgliedern, von denen vier vom Kreistag München aus seiner Mitte gewählt und zwei durch die Regierung von Oberbayern als Aufsichtsbehörde bestellt werden, sowie dem jeweiligen Vorsitzenden des Sparkassenvorstands. Mit Beschluß vom 7. Mai 1990 erklärte der Kreistag sein Einverständnis damit, daß der Verwaltungsrat die ihm nach § 66 GeschO-KT übertragenen personalrechtlichen Entscheidungen für Sparkassenangestellte bis zur VergGr. Vb BAT einschließlich auf den Sparkassenvorstand delegiert.

Art. 5 SpkG lautet auszugsweise wie folgt:

Verwaltung und Vertretung

(1) Die Sparkasse wird vom Verwaltungsrat verwaltet, soweit nicht der Vorstand nach Abs. 2 selbständig entscheidet. Der Verwaltungsrat kann bestimmte Zuständigkeiten auf einen Ausschuß oder auf den Vorstand übertragen.

(2) Die laufenden Geschäfte der Sparkasse werden vom Vorstand geführt. Laufende Geschäfte sind insbesondere die Geschäfte, die nach der Sparkassenordnung oder der Satzung dem Vorstand obliegen. In Zweifelsfällen bestimmt der Verwaltungsrat, ob ein Geschäft als laufendes Geschäft anzusehen ist.

(4) Der Vorstand besteht aus mehreren Mitgliedern. Die Zahl der Mitglieder wird durch die Satzung bestimmt. Es ist ein Vorstandsmitglied zum Vorsitzenden zu bestellen, dem die Leitung des allgemeinen Dienstbetriebs obliegt. Die Vertretung der Vorstandsmitglieder regelt der Verwaltungsrat durch Beschluß.

(6) Die Sparkasse wird, unbeschadet des Art. 22 Abs. 3, im Rahmen der Zuständigkeit des Verwaltungsrats nach Absatz 1 vom Vorsitzenden des Verwaltungsrats, im übrigen durch den Vorstand vertreten. Die Vertretungsmacht des Vorsitzenden des Verwaltungsrats kann durch die Satzung auf den Vorstand übertragen werden. Der Vorstand kann für bestimmte Angelegenheiten Vollmacht erteilen.

(7) Urkunden, die von zwei, nach Maßgabe des Unterschriftenverzeichnisses der Sparkasse Zeichnungsberechtigten unterschrieben sind, sind ohne Rücksicht auf die Einhaltung sparkassenrechtlicher Vorschriften rechtsverbindlich.

§ 24 SpkO enthält eine Eilregelung:

(1) Eilbedürftige Geschäfte können anstelle des Verwaltungsrats der Vorsitzende des Verwaltungsrats und der Vorsitzende des Vorstands gemeinsam oder deren Stellvertreter entscheiden, wenn der Verwaltungsrat nicht rechtzeitig zur Sitzung einberufen werden kann. Sind der Vorsitzende des Verwaltungsrats und sein Stellvertreter verhindert, so entscheidet der Vorstand.

(2) Der Verwaltungsrat ist von den nach Absatz 1 getroffenen Entscheidungen in seiner nächsten Sitzung zu unterrichten.

Der Kläger war in VergGr. IVa BAT eingruppiert und erhielt ein monatliches Bruttogehalt von 6.100,00 DM. Die vertraglichen Beziehungen der Parteien beruhen auf einem nach der Ausbildung des Klägers bei der Kreissparkasse München mit dem beklagten Landkreis München geschlossenen Arbeitsvertrag vom 16. Februar 1972, der durch einen Änderungsvertrag mit der “Kreissparkasse München” vom 15. Mai 1973 ergänzt wurde, um die Geltung des BAT zu bewirken.

Mit einem Schreiben, das unzutreffend das Datum des 24. März 1994 trägt, hörte der Vorstand der Kreissparkasse München den bei ihr gebildeten Personalrat zu der beabsichtigten fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers an. Das Anhörungsschreiben wurde durch den Vorsitzenden des Vorstands der Kreissparkasse München L… – zugleich Mitglied des Verwaltungsrats – und das Vorstandsmitglied M… unterzeichnet. Beide Herren waren in Gruppe A des Unterschriftenverzeichnisses der Kreissparkasse München aufgenommen. Zusätzlich zu der schriftlichen Information unterrichtete der Vorstandsvorsitzende den Personalratsvorsitzenden F… am 21. März 1994 mündlich über die aus seiner Sicht gegebenen Kündigungsgründe und überließ ihm einen Bericht der Innenrevision vom selben Tage, der verschiedene Verhaltensweisen des Klägers im Zusammenhang mit der Gewährung von Krediten an einen Kunden beanstandete. Nachdem der Personalrat am 23. März 1994 zusammengetreten war, teilte das Gremium dem Beklagten mit, daß gegen die geplante Kündigung keine Bedenken bestünden. Bei der Sitzung lag dem Personalrat ein sogenannter Eilbeschluß gemäß § 24 SpkO vor, der vom Vorstandsvorsitzenden L… und vom Verwaltungsratsvorsitzenden Dr. G… unterschrieben war. Mit Schreiben vom 23. März 1994 kündigte die “Kreissparkasse München” daraufhin das Arbeitsverhältnis fristlos. Das Kündigungsschreiben trägt wieder die Unterschriften der Herren L… und M…. Der Verwaltungsrat nahm durch Beschluß vom 15. April 1994 – dem Tag seiner nächsten ordentlichen Sitzung – von dem Eilbeschluß vom 23. März 1994 Kenntnis.

Die von dem Kläger ursprünglich gegen die Kreissparkasse München gerichtete, am 5. April 1994 bei Gericht eingegangene Kündigungsschutzklage wurde durch rechtskräftiges Urteil des Arbeitsgerichts München (– 15 Ca 05746/94 –) mangels Passivlegitimation der beklagten Sparkasse abgewiesen.

Die vorliegende weitere Klage gegen den Landkreis München ist am 3. Mai 1994 beim Arbeitsgericht eingegangen. Der vom Kläger zugleich mit der Klageschrift angebrachte Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage gemäß § 5 KSchG wurde durch Beschluß des Arbeitsgerichts München vom 29. Juli 1994 zurückgewiesen, ebenso seine dagegen gerichtete sofortige Beschwerde durch rechtskräftigen Beschluß des Landesarbeitsgerichts München vom 3. Januar 1995 (– 9 Ta 206/94 –).

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der beklagte Landkreis sei bei Ausspruch der Kündigung nicht wirksam vertreten worden. Hierfür sei gemäß § 66 GeschO-KT der Verwaltungsrat zuständig gewesen. Die Voraussetzungen eines von dem Verwaltungsratsvorsitzenden und dem Vorsitzenden des Vorstands der Kreissparkasse zu treffenden Eilbeschlusses gemäß § 24 SpkO hätten nicht vorgelegen.

Der Kläger hat beantragt:

Es wird festgestellt, daß die mit Schreiben der Kreissparkasse München vom 23. März 1994 ausgesprochene Kündigung rechtsunwirksam ist und zwischen den Parteien ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis besteht.

Der Beklagte hat beantragt:

die Klage abzuweisen.

Er hat sich darauf berufen, wegen der Ausschlußfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB sei von einem eilbedürftigen Geschäft nach § 24 Abs. 1 SpkO auszugehen. Deshalb hätten der Vorstandsvorsitzende der Kreissparkasse und der Vorsitzende des Verwaltungsrats anstelle des gemäß § 66 GeschO-KT zuständigen Verwaltungsrats entscheiden können. Die Vertretungsberechtigung der beiden Vorstandsmitglieder ergebe sich aus Art. 5 Abs. 7 SpkG. Der Verwaltungsratsvorsitzende habe seine Vertretungsmacht durch § 5 der Satzung der Kreissparkasse München, wie von Art. 5 Abs. 6 Satz 2 SpkG vorgesehen, auf den Vorstand der Kreissparkasse übertragen. Der Vorstand vertrete die Kreissparkasse daher nunmehr ausschließlich gerichtlich und außergerichtlich.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat das erstinstanzliche Urteil abgeändert und festgestellt, daß die mit Schreiben vom 23. März 1994 ausgesprochene Kündigung rechtsunwirksam ist. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten ist begründet. Er war bei Erklärung der streitigen Kündigung entgegen der Ansicht des Klägers und der Vorinstanz rechtswirksam vertreten (Art. 5 Abs. 7 SpkG).

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Unterzeichner des Kündigungsschreibens hätten keine Vertretungsmacht für den Beklagten als den Arbeitgeber des Klägers gehabt. Ein eilbedürftiges Geschäft im Sinn von § 24 Abs. 1 Satz 1 SpkO habe nicht vorgelegen. Daß die Zuständigkeit des Verwaltungsrats für Personalangelegenheiten gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 SpkG auf den Vorstand übertragen worden sei, habe der Beklagte nicht vorgetragen. Durch Art. 5 Abs. 6 Satz 2 SpkG sei das Vertretungshandeln mangels eines Kündigungsbeschlusses des Verwaltungsrats ebenfalls nicht gedeckt. Eine nachträgliche Genehmigung durch den Verwaltungsrat liege nicht vor, weil dieser den Eilbeschluß am 15. April 1994 lediglich zur Kenntnis genommen habe. Schließlich begründe auch Art. 5 Abs. 7 SpkG keine Vertretungsmacht der Unterzeichner des Kündigungsschreibens, denn die Vorschrift betreffe nicht solche Personen, denen schon kraft Gesetzes oder Satzung Vertretungsmacht zustehe.

II. Dem folgt der Senat nicht. Gemäß Art. 5 Abs. 7 SpkG in Verbindung mit § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB wirkte die von den Herren L… und M… erklärte Kündigung unmittelbar für den Beklagten.

1. Da nicht der dreiköpfige Gesamtvorstand handelte, ist allerdings die Ansicht des Berufungsgerichts, den beiden Unterzeichnern des Kündigungsschreibens sei keine gesetzliche Vertretungsmacht gemäß Art. 5 Abs. 6 Satz 2 SpkG zugekommen, im Ergebnis zutreffend.

Arbeitgeber des Klägers war nach Art. 12 Abs. 1 SpkG der beklagte Landkreis als der Gewährträger der Kreissparkasse München (§ 2 Abs. 1 Satz 1 der Satzung). Für den Kündigungsentschluß zuständig war deshalb gemäß Art. 38 Abs. 1 Nr. 2 LkrO ursprünglich der Kreistag. Durch § 66 GeschO-KT wurde die Kompetenz, die Dienstverhältnisse der bei der Kreissparkasse beschäftigten Angestellten zu regeln – wie von Art. 12 Abs. 5 Satz 1 SpkG gestattet – vom Kreistag auf den Verwaltungsrat der Kreissparkasse übertragen. Obwohl die Personalhoheit in einem solchen Fall trotz der Übertragung beim Gewährträger verbleibt, verlieren die personalrechtlichen Aufgaben ihren Charakter als Gewährträgerangelegenheiten; sie werden zu Angelegenheiten der Sparkassenverwaltung (Krebs/Dülp, Kommentar zum Bayerischen Sparkassenrecht, Art. 5 SpkG, Anm. V 2; vgl. inzwischen auch BayOblG Urteil vom 26. Oktober 1998 – 1Z RR 599/96 – BayOLGZ 1998 Nr. 62). Da es sich aber nach Art. 12 Abs. 5 Satz 1 SpkG ausdrücklich um auf den Verwaltungsrat übertragene originäre Gewährträgerangelegenheiten handelt, unterfallen sie weder der Zuständigkeit des Vorstandsvorsitzenden zur Leitung des Dienstbetriebs (Art. 5 Abs. 4 Satz 3 SpkG, vgl. zu diesem Begriff Krebs/Dülp, aaO, Anm. V 6) noch derjenigen des (Gesamt)Vorstands, die laufenden Geschäfte vorzunehmen (Art. 5 Abs. 2 Satz 1 SpkG; Krebs/Dülp, aaO, Anm. V 4). Sie bilden sogenannte nichtlaufende Sparkassenangelegenheiten gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 SpkG, die prinzipiell der Grundlagenkompetenz des Verwaltungsrats unterliegen (Krebs/Dülp, aaO, Anm. V 5). Allerdings ist eine weitere Übertragung bestimmter Zuständigkeiten durch den Verwaltungsrat auf den Vorstand gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 SpkG möglich. Eine derartige Übertragung personenrechtlicher bzw. kündigungsrechtlicher Entscheidungen auf den Vorstand hat der Beklagte hier jedoch nicht behauptet.

Aus Überschrift und Inhalt des Art. 5 SpkG wird deutlich, daß zwischen den Funktionen der Verwaltung, die dem Innenverhältnis der Sparkasse zugeordnet ist und die Bildung ihres rechtserheblichen Willens in ihren ursprünglich eigenen oder auch übertragenen Angelegenheiten zum Gegenstand hat und der Vertretung zu unterscheiden ist, die die Verwirklichung der Willensentscheidung der Sparkasse nach außen betrifft (Krebs/Dülp, aaO, Anm. V 1 und 2; inzwischen auch BayObLG, aaO). Der für die Regelung der Dienstverhältnisse intern zuständige Verwaltungsrat wird gemäß Art. 5 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 SpkG nach außen grundsätzlich von seinem Vorsitzenden vertreten. Vertretung im Rahmen des Art. 5 Abs. 6 SpkG ist dabei nicht als Stellvertretung i.S.d. Art. 5 Abs. 4 Satz 4 und 7 Abs. 2 SpkG zu verstehen, sondern als Gegenstück zur Verwaltung der Sparkasse; sie bedeutet die Erklärung von Willensentscheidungen der Sparkasse gegenüber anderen Personen bzw. die Entgegennahme solcher Erklärungen von Dritten durch die Sparkasse (Krebs/Dülp, aaO, Anm. VII 1). Die zwischen Verwaltungsratsvorsitzendem und Gesamtvorstand gespaltene organschaftliche Vertretungsmacht des Art. 5 Abs. 6 Satz 1 SpkG hängt von der Kompetenz zur Geschäftsführung gemäß Art. 5 Abs. 1 SpkG ab. Die Vertretungsbereiche des Verwaltungsratsvorsitzenden und des Vorstands schließen sich gegenseitig aus (Krebs/Dülp, aaO, Anm. VII 4c aa). Die Vertretungsmacht des Verwaltungsratsvorsitzenden innerhalb der personalrechtlichen Angelegenheiten nach Art. 5 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SpkG wurde hier durch § 5 Abs. 1 Alternative 3 der Satzung auf den Gesamtvorstand delegiert. Diese Übertragung der Vertretungsmacht des Verwaltungsratsvorsitzenden auf den Vorstand bedeutet keine Vollmachtserteilung von Seiten des Verwaltungsratsvorsitzenden, vielmehr ist die autonome Sparkassensatzung ein Gesetz im materiellen Sinne (Art. 2 EGBGB, § 12 EGZPO; Krebs/Dülp, aaO, Anm. VII 4a und c bb). Die Vertretungsmacht des Verwaltungsratsvorsitzenden wird voll und ganz auf den Vorstand delegiert, der nunmehr die gesamte Vertretungsberechtigung auf sich vereinigt (Krebs/Dülp, aaO).

Zuzustimmen ist dem Berufungsgericht darin, daß ein Beschluß des Verwaltungsrats zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses weder vorgetragen noch ersichtlich ist. Die Revision erhebt insoweit auch keine Rüge, vielmehr ist sie lediglich der Ansicht, das Berufungsgericht habe die Übertragung der Vertretungsmacht des Vorsitzenden des Verwaltungsrats auf den Vorstand nach Art. 5 Abs. 6 Satz 2 SpkG i.V.m. § 5 Abs. 1 Alternative 3 der Satzung verkannt. Da der Eilbeschluß vom 23. März 1994 nicht vom Verwaltungsrat stammt, sondern nur unter Mitwirkung seines Vorsitzenden zustandekam, liegt keine Willensentschließung des Verwaltungsrats vor. Ob dieser Umstand des Innenverhältnisses die Kündigungsberechtigung des Vorstands im Außenverhältnis zu hindern geeignet ist, kann aber letztlich offenbleiben (vgl. zu dieser Problematik Art. 20 Abs. 2 SpkG und Bauer/Böhle/Masson/Samper, Bayerische Kommunalgesetze, Stand Mai 1998, Art. 38 GO Rz 3 f. m. z. N. zum Meinungsstreit, ferner BayObLG, aaO). Art. 5 Abs. 6 Satz 2 SpkG verhilft den beiden Unterzeichnern der Kündigung L… und M… jedenfalls deshalb nicht zu gesetzlicher Vertretungsmacht, da nicht der aus drei Mitgliedern bestehende Gesamtvorstand (§ 4 der Satzung) handelte; die Mitwirkung des Mitglieds K… fehlt. Wenngleich einzelne Vorstandsmitglieder entsprechend § 78 Abs. 4 AktG durch die Satzung mit Alleinvertretungsmacht versehen werden können (Krebs/Dülp, aaO, Anm. VII 4e bb), ist dies hier nicht geschehen. Es verbleibt somit bei der Gesamtvertretungsmacht des Vorstands, der nicht genügt wurde.

2. Dennoch entfaltet die Kündigung der beiden in Gruppe A des Zeichnungsaushangs der Kreissparkasse aufgenommenen Vorstandsmitglieder “Rechtsverbindlichkeit” gemäß Art. 5 Abs. 7 SpkG. Mit der Aufnahme von Sparkassenbediensteten in das Unterschriftenverzeichnis (vgl. § 5 Abs. 2 der Satzung), erteilt die Kreissparkasse Gesamtvertretungsmacht in der Weise, daß jeweils zwei der dort genannten Personen die Sparkasse gemeinschaftlich vertreten können (Krebs/Dülp, aaO, Anm. VII 6b bb). Die Auffassung des Berufungsgerichts, Vorstandsmitgliedern komme trotz ihrer formalen Zeichnungsberechtigung keine Vertretungsmacht kraft rechtsgeschäftlicher Bevollmächtigung zu, weil ihre gesetzliche Vertretungsmacht bereits aufgrund der Satzung feststehe, ist zwar zutreffend (vgl. Krebs/Dülp, aaO, Anm. VII 4e bb, 6b aa und bb a. E. sowie BGH Urteil vom 6. März 1975 – II ZR 80/73 – BGHZ 64, 72). Die gesetzliche Vertretungsmacht gemäß Art. 5 Abs. 6 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SpkG wird aber durch Art. 5 Abs. 7 SpkG dahingehend modifiziert, daß bei Aufnahme ins Unterschriftenverzeichnis die Vertretung schon durch zwei Vorstandsmitglieder erfolgen kann. Der Wortlaut des Art. 5 Abs. 7 SpkG ist insoweit eindeutig. Zudem läßt der Gesetzeszweck des Kundenschutzes und der Entlastung der Sparkasse davon, Vertretungsmacht und Geschäftsführungsentscheidung nachweisen zu müssen (Krebs/Dülp, aaO, Anm. VII 6a aa bis cc), keine derart einschränkende Auslegung zu, wie sie das Landesarbeitsgericht vorgenommen hat. Bei Vorstandsmitgliedern als Mitgliedern des einen gesetzlichen Vertretungsorgans der Sparkasse kann überdies trotz des sich mittelbar aus Art. 5 Abs. 6 Satz 3 SpkG ergebenden Verbots von Generalvollmachten von einer gegenständlichen Beschränkung der Vertretungsmacht im Unterschriftenverzeichnis abgesehen werden (Krebs/Dülp, aaO, Anm. VII 6b aa und indirekt Anm. VII 6b aa a. E.). Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, aus Art. 5 Abs. 7 SpkG dürfe die Vertretungsmacht nicht hergeleitet werden, weil der Vorstand sonst ohne entsprechenden Beschluß des Verwaltungsrats im Außenverhältnis wirksame belastende Willenserklärungen abgeben und auf diese Weise ihm nicht zustehende Befugnisse an sich ziehen könne, überzeugt aus den genannten Gründen nicht, zumal der Zeichnungsaushang von allen gesetzlichen Vertretungsorganen – also insbesondere auch vom Vorsitzenden des Verwaltungsrats – unterschrieben worden sein muß, um Schutzwirkung entfalten zu können (Krebs/Dülp, aaO, Anm. VII 6b cc).

Daß Art. 5 Abs. 7 SpkG nach seinem Zweck vorrangig auf das Außenverhältnis gegenüber den Kunden der Sparkasse zugeschnitten ist, schließt die Anwendung der Norm auf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien in Anbetracht ihres klaren Wortlauts nicht aus, der keine derartige Einschränkung erkennen läßt. Die tatsächlichen Grundlagen der Wirksamkeit des Zeichnungsaushangs standen in den Tatsacheninstanzen nicht im Streit, einer weiteren Substantiierung der Rechtsbehauptung der Beklagten bedurfte es folglich nicht. Der Senat ist an die entsprechende Feststellung des Berufungsgerichts gemäß § 561 Abs. 2 ZPO gebunden (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 56. Aufl., § 561 Rz 12).

Es kann demnach offenbleiben, ob mit dem Eilbeschluß vom 23. März 1994 eine wirksame, von § 24 SpkO gedeckte interne Willensbildung hinsichtlich der streitigen Kündigung vorlag. Da sonstige Mängel der Kündigung nicht ersichtlich sind, vielmehr allenfalls die Verletzung sparkassenrechtlicher Vorschriften in Betracht kommt und etwaige Verstöße dieser Art durch Art. 5 Abs. 7 SpkG geheilt sind, hat die von den Herren L… und M… ausgesprochene Kündigung das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 23. März 1994 beendet.

 

Unterschriften

Etzel, Bitter, Fischermeier

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2628876

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