Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichbehandlung bei der betrieblichen Altersversorgung

 

Leitsatz (amtlich)

Es verstößt nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, wenn eine Sozialeinrichtung der Post nur ehemaligen Postbeamten, um diese als Arbeitnehmer zu gewinnen, zusätzlich zum Arbeitsentgelt die Prämien für eine Direktversicherung zahlt, anderen Arbeitnehmern aber nicht.

 

Normenkette

BGB § 611; BetrAVG § 1 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Urteil vom 23.05.1995; Aktenzeichen 6 Sa 746/94)

ArbG Braunschweig (Urteil vom 19.01.1994; Aktenzeichen 3 Ca 513/93)

 

Tenor

  • Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 23. Mai 1995 – 6 Sa 746/94 – wird zurückgewiesen.
  • Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Kläger, seit 1986 bei dem Beklagten im Außendienst beschäftigt, verlangt eine zusätzliche Vergütung von 200,-- DM monatlich.

Der Beklagte ist eine Sozialeinrichtung der Post (anerkannte Selbsthilfeeinrichtung der früheren Deutschen Bundespost gemäß Art. 1 § 26 Abs. 6 des Postneuordnungsgesetzes vom 14. September 1994 – BGBl I S. 2325, 2330 in Verb. mit Buchst. B 2. der Anlage zu § 26). Er betreibt Geschäfte der Lebensversicherung. Versicherte Mitglieder sind zu mehr als 90 % Postangehörige und nahe oder im Haushalt mitwohnende Verwandte von Postangehörigen.

Der Beklagte ist bestrebt, möglichst viele Postbeamte in seine Dienste zu übernehmen. Er verspricht sich davon positive Auswirkungen auf seine Geschäftstätigkeit, da dieser Personenkreis in einer besonderen Nähe zu den Mitarbeitern der Post stehe. Der Beklagte setzt daher im Außendienst als Vertrauensleute Beamte und beurlaubte Beamte ein. Um solche Mitarbeiter unter Aufgabe ihres Beamtenstatus auf Dauer zu gewinnen, zahlte der Beklagte bis 1989 Abwerbeprämien von anfänglich 10.000,-- DM, zuletzt von 5.000, -- DM.

Der Beklagte hat zugunsten seiner Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung in Form einer Direktversicherung eingeführt. Die monatliche Versicherungsprämie beträgt für jeden Versicherten 200,-- DM. Von den ehemals nicht beamteten Arbeitnehmern, die sich an der Versicherung beteiligen, wird die Prämie aufgrund einer vereinbarten Gehaltsumwandlung vom laufenden Einkommen einbehalten. Für die ehemals beamteten Mitarbeiter führt der Beklagte die Prämien zusätzlich zu deren laufendem Einkommen ab.

Der Kläger, der vor seiner Tätigkeit bei dem Beklagten nicht Postbeamter war, sieht hierin eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Er verlangt von dem Beklagten die Zahlung von monatlich 200,-- DM. Er hat geltend gemacht: Ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung der ehemaligen Beamten könne nur sein, daß diese höhere Umsätze erzielten als ehemals nicht beamtete Mitarbeiter. Das sei aber nicht der Fall; er selbst habe höhere Abschlüsse erreicht als seine ehemals beamteten Vorgänger. Überdies reiche es als Anreiz für die Anwerbung von Beamten aus, daß sie als Angestellte des Beklagten die Chance hätten, deutlich höhere Einkünfte als früher bei der Post zu erzielen. Die mit dem Beamtenstatus verbundenen Vorteile bei Krankheit, Invalidität und im Alter würden dadurch ausgeglichen.

Der Beklagte hat Zahlung für die Zeit vom 1. Januar 1991 bis zum 31. Dezember 1992 verlangt und beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 4.800,-- DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 1. Januar 1993 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hält daran fest, daß allgemein die Produktivität der ehemaligen Beamten höher sei als die der anderen Außendienstmitarbeiter. Um möglichst viele Postbeamte zur Aufgabe ihres Status zu veranlassen und endgültig als Mitarbeiter zu gewinnen, müsse er ihnen Vorteile anbieten und das Bewußtsein vermitteln, daß sie besser als üblich abgesichert würden. Auch die laufende Zahlung sei, wie die früheren Einmalzahlungen, eine zulässige Abwerbeprämie.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

I. Das Landesarbeitsgericht hat das Klagebegehren mißverständlich beschrieben. Es geht dem Kläger nicht darum, ob der Beklagte berechtigt ist, vom monatlichen Einkommen des Klägers 200,-- DM “einzubehalten”. Der Kläger hält an der zu seinen Gunsten abgeschlossenen Lebensversicherung fest, er wendet sich nicht gegen die Einbehaltung der Versicherungsprämie von seinem Monatseinkommen. Der Kläger verlangt vielmehr die zusätzliche und nicht zweckgebundene Zahlung von monatlich 200,-- DM als Arbeitsentgelt, weil der Beklagte den ehenmaligen Postbeamten diese Leistung als Entgelt gewährt; dies verstoße, so der Kläger, gegen den arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung. Deswegen stehe der Betrag auch ihm als ehemaligen Nichtbeamten zu.

II. Die Auffassung des Klägers trifft nicht zu, die Lohngestaltung des Beklagten verstößt nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung.

1. Durch die Übernahme der Versicherungsprämien für ehemals beamtete und die Gehaltsumwandlung ehemals nicht beamteter Mitarbeiter hat der Beklagte Gruppen gebildet, die er deutlich unterschiedlich behandelt. Der Beklagte zahlt den ehemaligen Beamten im Ergebnis ein monatlich 200,-- DM höheres Entgelt. Die Lohndifferenz ist beträchtlich; sie kann, je nach Laufzeit der Versicherung, hohe Summen erreichen.

2. Die unterschiedliche Behandlung ist jedoch sachlich gerechtfertigt. Die heraushebende Besserstellung der ehemaligen Beamten ist nicht zu beanstanden.

a) Der arbeitsrechtliche Grundsatz der Gleichbehandlung verlangt vom Arbeitgeber die Gleichbehandlung von Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage; er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer in der Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung (BAG Urteil vom 8. März 1995 – 5 AZR 869/93 – AP Nr. 123 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, m.w.N.).

b) Geht es – wie hier – um die Gewährung von Leistungen, so ist eine unterschiedliche Behandlung dann mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar, wenn die Unterscheidung nach dem Zweck der Leistung gerechtfertigt ist (BAG Urteil vom 8. März 1995, aaO; BAG Urteil vom 25. November 1993 – 2 AZR 324/93 – AP Nr. 114 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, m.w.N.; BAG Urteil vom 11. September 1985 – 7 AZR 371/83 – AP Nr. 76 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, m.w.N.).

c) Hiernach ist die von der Beklagten getroffene Unterscheidung nicht zu beanstanden.

Der Zweck der Zahlung von monatlich 200,-- DM an frühere Postbeamte geht dahin, möglichst viele ehemalige Postbeamte anzuwerben und zu beschäftigen. Das ist zwischen den Parteien unstreitig. Dieser Zweck folgt aber auch aus der Bindung der Zulage als Prämie für die Direktversicherung; der Beklagte will damit eine Kompensation zu den wegfallenden Pensions- und Versorgungsansprüchen schaffen, von denen frühere Beamte betroffen wären.

d) Entgegen der Auffassung der Revision kann es nicht darauf ankommen, in welchem Umfang der Kläger persönlich im Vergleich zu früheren Beamten erfolgreich für die Beklagte gearbeitet hat. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht auf einen Gruppenvergleich abgestellt. Der Kläger macht nicht geltend, er sei persönlich von den an eine begünstigte Gruppe gewährten Leistungen ausgeschlossen worden, sondern er rügt die Gruppenbildung. Diese ist jedoch aus Rechtsgründen entgegen der Auffassung des Klägers nicht zu beanstanden. Der Kläger hat eine aufgrund von Erfahrungswerten beeinflußte Entscheidung getroffen, die nicht unsachlich erscheint. Der Arbeitgeber darf die Qualifikationsanforderungen festlegen und Vorgaben hinsichtlich der von ihm einzusetzenden Personen treffen. Er hält es hier für sinnvoll, möglichst viele ehemalige Postbeamte anzuwerben und auf Dauer als Arbeitnehmer zu gewinnen. Dies ist eine Vorgabe, die der Kläger hinnehmen muß. Ob die Einschätzung des Beklagten zutrifft, ist von den Gerichten grundsätzlich nicht zu überprüfen. Eine willkürliche Vorgabe ist jedenfalls nicht erkennbar. Es sprechen im Gegenteil für die Entscheidung des Beklagten einsichtige und nachvollziehbare Gründe. Da von dem Beklagten nahezu ausschließlich Postangehörige und Angehörige betreut werden, erscheint es sachdienlich, wenn der Beklagte im Außendienst Mitarbeiter einsetzt, die selbst als Postbedienstete, und damit in aller Regel als Beamte, gearbeitet haben und mit den Gegebenheiten und Bedürfnissen der Mitarbeiter im Postdienst vertraut sind. Der Beklagte folgt damit gewachsenen Unternehmensstrukturen in seinem Geschäftsbereich.

Überdies ist nicht von der Hand zu weisen, daß ehemalige Beamte mit der Aufgabe ihres Status Nachteile zu befürchten haben. Insbesondere verlieren ehemalige Beamte ihren Pensionsanspruch, sie können lediglich eine Nachversicherung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI erreichen, die ihnen eine gleichwertige soziale Sicherung nicht bietet (Scheerbarth/Höffken/Bauschke/Schmitt, Beamtenrecht, 6. Aufl. 1992, § 30 II 2b BeamtVG). Eine gleichzeitige Nachversicherung der ehemaligen Beamten bei einer Zusatzversorgungsanstalt für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes findet hingegen nicht statt. Gerade dafür bietet die den ehemaligen Beamten angebotene, für sie kostenlose Direktversicherung einen gewissen Ausgleich.

Die heraushebende Besserstellung früherer Beamter erweist sich hiernach als sachdienliche Kompensation, ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung liegt nicht vor.

 

Unterschriften

Griebeling, Schliemann, Mikosch, Kessel, Anthes

 

Fundstellen

Haufe-Index 885454

BAGE, 331

NJW 1997, 2836

NZA 1997, 312

ZIP 1997, 375

PersR 1997, 182

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