Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadenersatz wegen Nichtbeförderung

 

Orientierungssatz

Es gibt keinen allgemeinen vertraglichen, tariflichen oder gesetzlichen Anspruch auf Beförderung (vgl BAG Urteil vom 28. März 1973 - 4 AZR 271/72 = AP Nr 2 zu § 319 BGB. Im öffentlichen Dienst hat jeder Arbeitnehmer, der sich um eine Beförderungsstelle bewirbt, einen Anspruch darauf, daß ermessensfehlerfrei entschieden wird (BAG Urteil vom 26. Juli 1979 - 3 AZR 1107/77 = AP Nr 18 zu § 249 BGB).

 

Normenkette

BGB § 611; GG Art. 33 Abs. 2, 4; BGB § 823 Abs. 2; BPersVG § 76 Abs. 1 Nr. 3

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 16.09.1986; Aktenzeichen 8 Sa 870/86)

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 25.04.1986; Aktenzeichen 3 Ca 936/86)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist seit dem 1. Januar 1969 beim Fernmeldeamt D als Angestellte in der Auslandsauskunft beschäftigt. Am 1. November 1971 wurde ihr ein Beamtendienstposten der Besoldungsgruppe A 7 übertragen. Sie ist seitdem als Angestellte in VergGr. VI b eingruppiert.

Das Fernmeldeamt D hat im März 1984 zwei Beamtendienstposten der Besoldungsgruppe A 8 (Fernplatz Ausland/Auslandsauskunft) ausgeschrieben. Diese werden nach den Allgemeinen Richtlinien über die Ausschreibung von Dienstposten im Bereich der Deutschen Bundespost (Ausschreibungsrichtlinien) und den Allgemeinen Grundsätzen für die Übertragung von Dienstposten und die Beförderung der Beamten der Deutschen Bundespost (Allgemeine Grundsätze) besetzt.

Nr. 3.4 Abs. 5 der Ausschreibungsrichtlinien lautet wie folgt:

"Angestellte und Arbeiter können sich in gleicher

Weise und nach gleichen Grundsätzen um nach dieser

Richtlinie auszuschreibende Dienstposten bewerben

wie Beamte."

Die Allgemeinen Grundsätze enthalten folgende Regelungen:

Nr. 1.1 Abs. 1:

"Die Übertragung von Dienstposten richtet sich

nach dem Grundsatz, daß entsprechend den An-

forderungen, die an die Dienstposteninhaber zu

stellen sind, der am besten geeignete Beamte

ausgewählt wird."

Nr. 2.1 Abs. 2:

"Beförderungen sind nach Eignung, Befähigung und

fachlicher Leistung vorzunehmen (Leistungsgrund-

satz) ..."

Die Klägerin bewarb sich neben drei weiteren Angestellten und zwei Beamtinnen um die ausgeschriebenen Dienstposten. Eine der Beamtinnen wurde mit "besonders geeignet", die Klägerin und die anderen Bewerberinnen wurden mit "geeignet" beurteilt. Das Fernmeldeamt beabsichtigte, die beiden Dienstposten den beiden Beamtinnen zu übertragen. Der Personalrat vertrat dagegen die Auffassung, die Dienstposten sollten der Klägerin und einer weiteren Angestellten übertragen werden, da diese die Aufgaben schon seit vielen Jahren ausübten. Mit Schreiben vom 4. Juni 1984 teilte das Fernmeldeamt dem Personalrat mit, es sehe die beabsichtigte Maßnahme nach § 69 Abs. 2 BPersVG als gebilligt an und übertrug die beiden Dienstposten mit Wirkung vom 12. Juni 1984 den Beamtinnen.

Mit der am 20. Februar 1986 erhobenen Klage hat die Klägerin von der Beklagten Zahlung der Differenz zwischen der VergGr. VI b und der VergGr. V c für die Zeit von Dezember 1984 bis Januar 1986 in unstreitiger Höhe als Schadenersatz verlangt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihre Fürsorgepflicht als Arbeitgeberin dadurch verletzt, daß sie der Klägerin nicht einen der ausgeschriebenen Dienstposten übertragen habe. Der Klageanspruch sei auch wegen Verletzung des Beteiligungsrechts des Personalrats begründet.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie

2.356,73 DM brutto nebst 4 % Zinsen

ab dem Zeitpunkt der Klageerhebung

zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. Die Beklagte bittet, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte.

1. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht eine Vertragsverletzung durch die Beklagte verneint. Diese war nicht verpflichtet, auf Grund der Fürsorgepflicht der Klägerin einen der beiden Beamtendienstposten der Besoldungsgruppe A 8 zu übertragen.

Es gibt keinen allgemeinen vertraglichen, tariflichen oder gesetzlichen Anspruch auf Beförderung (vgl. BAG Urteil vom 28. März 1973 - 4 AZR 271/72 - AP Nr. 2 zu § 319 BGB; BAGE 32, 105, 110 = AP Nr. 2 zu § 11 SchwbG; BAG Urteil vom 31. Oktober 1985 - 6 AZR 129/83 - AP Nr. 5 zu § 46 BPersVG, zu II 1 der Gründe). Im öffentlichen Dienst hat jeder Arbeitnehmer, der sich um eine Beförderungsstelle bewirbt, einen Anspruch darauf, daß ermessensfehlerfrei entschieden wird (BAG Urteil vom 26. Juli 1979 - 3 AZR 1107/77 - AP Nr. 18 zu § 249 BGB, zu I der Gründe; BAGE 28, 62, 66 = AP Nr. 2 zu Art. 33 Abs. 2 GG, zu II 2 a der Gründe, für den Fall der Einstellung; BVerwGE 19, 252, 254 f., für Beamte).

a) Das Landesarbeitsgericht hat die Auffassung vertreten, die Besetzungsentscheidung der Beklagten sei bereits durch Art. 33 Abs. 4 GG gerechtfertigt. Danach seien hoheitliche Aufgaben, wie die Tätigkeit bei der Deutschen Bundespost, in der Regel Beamten vorbehalten.

Es kann dahinstehen, ob es sich bei der Auslandsauskunft der Deutschen Bundespost um die Ausübung hoheitlicher Befugnisse handelt. Die Beklagte kann sich schon deshalb nicht auf Art. 33 Abs. 4 GG berufen, weil der Dienstposten nach den Ausschreibungsrichtlinien der Beklagten auch Angestellten auf Bewerbung hin in gleicher Weise offenstand wie Beamten.

b) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, daß die Beklagte ihre Entscheidung, die ausgeschriebenen Dienstposten mit den beiden Beamtinnen zu besetzen, im Rahmen des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums pflichtgemäß getroffen hat.

Nach den Ausschreibungsrichtlinien und den Allgemeinen Grundsätzen für die Übertragung von Dienstposten, die Bestandteil des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrags sind, sind Beförderungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen. Es gilt also das Leistungsprinzip.

Bei der Bewertung, wer von den Bewerbern um einen Beförderungsposten am besten geeignet ist, hat der Dienstherr einen Beurteilungsspielraum. Dieser kann gerichtlich nur dahin überprüft werden, ob der Dienstherr von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen ist, ob er allgemeingültige Bewertungsgrundsätze beachtet oder ob er sich von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen (BAGE 33, 43 = AP Nr. 6 zu Art. 33 Abs. 2 GG).

Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, da die beamteten Mitbewerberinnen im Gegensatz zur Klägerin einen Abschlußlehrgang sowie eine Laufbahnprüfung abgelegt hätten, sei die Auswahlentscheidung richtig getroffen.

Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Die mit "besonders geeignet" beurteilte Beamtin ist der Klägerin vorgezogen worden, weil diese nur mit "geeignet", also schlechter beurteilt worden war. Die Klägerin stand somit nur noch mit den Bewerberinnen, die gleich gut beurteilt waren, im Wettbewerb. In einem solchen Fall muß der Dienstherr weitere sachgerechte Bewertungsmerkmale finden, um sein Auswahlermessen fehlerfrei auszuüben (VGH Kassel, NJW 1985, 1103). Entgegen der Auffassung der Revision war die Beklagte nicht gehalten, die Berufserfahrung der Klägerin als entscheidendes Auswahlkriterium zu berücksichtigen. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, daß die Beklagte die genauso wie die Klägerin beurteilte Beamtin vorzog, weil diese im Gegensatz zur Klägerin die Laufbahnprüfung abgelegt hatte. Bei ihrer Abwägung, ob demgegenüber der Berufserfahrung der Klägerin der Vorzug zu geben sei, hat die Beklagte keine Rechtsfehler begangen. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht für die Vertretbarkeit der Entscheidung der Beklagten darauf hingewiesen, daß eine bestandene Laufbahnprüfung regelmäßig auf eine rasche Einarbeitung schließen lasse.

2. Die Klägerin kann den geltend gemachten Betrag auch nicht als Schadenersatz nach § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 76 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG verlangen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte das Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei der Besetzung der Beförderungsposten mit den beiden Beamtinnen verletzt hat. Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob § 76 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist. Der Anspruch scheitert schon daran, daß das Verhalten der Beklagten für den Schaden nicht ursächlich war. Es ist ungewiß, ob die Klägerin einen der Beförderungsposten erhalten hätte, wenn das Mitbestimmungsverfahren nach § 69 Abs. 3 BPersVG durchgeführt worden wäre. Daß die vom Personalrat angerufene Oberpostdirektion sich schließlich der Entscheidung des Fernmeldeamts anschloß, spricht gegen diese Annahme. Eine Beweisvermutung zu Gunsten eines abgewiesenen Bewerbers gibt es nicht (BAG Urteil vom 26. Juli 1979 - 3 AZR 1107/77 - AP Nr. 18 zu § 249 BGB). Dies gilt auch für den Fall eines nicht ordnungsgemäß durchgeführten Mitbestimmungsverfahrens.

Michels-Holl Dr. Leinemann Dr. Wittek

Wittendorfer Schömburg

 

Fundstellen

SGb 1989, 200 (K)

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