Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtswegzuständigkeit

 

Normenkette

GVG § 17a; ArbGG § 5 Abs. 1 Sätze 2-3

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Beschluss vom 19.11.1997; Aktenzeichen 12 Ta 13/97)

ArbG Karlsruhe (Beschluss vom 05.05.1997; Aktenzeichen 8 Ca 829/96)

 

Tenor

1. Die weitere sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 19. November 1997 – 12 Ta 13/97 – wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens der weiteren sofortigen Beschwerde zu tragen.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 17.000,00 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

A. Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer fristlosen Kündigung vom 13. Dezember 1996 und über die Rechtswirksamkeit der bis zum 30. April 1999 vereinbarten Befristung des Rechtsverhältnisses, das der Kläger für ein Arbeitsverhältnis hält. Im Verfahren der weiteren sofortigen Beschwerde streiten die Parteien darüber, ob der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen oder der zu den ordentlichen Gerichten gegeben ist.

Die Beklagte ist Alleingesellschafterin der S. GmbH (im folgenden GmbH), die ihren Sitz in P., Bayern hat. Auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages mit der GmbH vom 16./18. Februar 1992 wurde der Kläger ab dem 1. April 1992 von der GmbH als Leiter des Außendienstbüros West mit Dienstsitz in Sü., dem Wohnort des Klägers, beschäftigt. Das Jahresgehalt betrug 130.000,00 DM, die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist drei Monate zum Halbjahresende.

Der Vorstand der Beklagten teilte dem Kläger am 25. April 1994 schriftlich mit, daß er mit Wirkung vom selben Tag von der Gesellschafterversammlung zum Geschäftsführer der GmbH bestellt worden sei. Am 14./16. September 1994 wurde mit dem Kläger ein „Dienstvertrag zwischen der St. AG, …, – nachfolgend Gesellschaft –” (das ist die Beklagte) „und Herrn … K. … – nachfolgend K. bzw. Geschäftsführer –” (das ist der Kläger) überschriebener Vertrag geschlossen, der auszugsweise wie folgt lautet:

Präambel

Der vorliegende Dienstvertrag wird in Fortführung des Dienstvertrages vom 16./18.02.1992 geschlossen. Die Dienstzeit des Herrn K. wird ab dem vorgenannten Zeitpunkt anerkannt.

§ 1 Berufung zum Geschäftsführer

(1) Herr K. ist in der Gesellschafterversammlung vom 25.04.1994 zum Geschäftsführer der S. GmbH, P. bestellt worden.

(2) Mit Inkrafttreten dieses Dienstvertrages am 01.05.1994 bestimmt sich das Dienstverhältnis zwischen der Gesellschaft und Herrn K. ausschließlich nach den folgenden Bestimmungen sowie den gesetzlichen Regelungen, soweit in diesem Vertrag keine zulässige, abweichende Regelung getroffen wurde.

§ 2 Aufgaben

(1) Der Geschäftsführer leitet die S.

GmbH – nachfolgend Gesellschaft genannt – gemeinsam mit etwaigen weiteren Geschäftsführern nach Maßgabe der Gesetze, des … Gesellschaftsvertrages, der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung sowie der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung bzw. des Beirats. …

§ 3 Nebentätigkeiten, Beteiligungen

(1) Der Geschäftsführer wird seine Arbeitskraft ausschließlich der Gesellschaft widmen. Er hat für die Gesellschaft auch außerhalb der regelmäßigen Dienstzeit tätig zu werden, wenn dies erforderlich sein sollte.

(2) Die Übernahme einer entgeltlichen oder unentgeltlichen Nebentätigkeit im beruflichen Bereich, von Ehrenämtern, Aufsichtsrats- oder ähnlichen Mandaten bedarf der vorherigen Zustimmung der Gesellschafter.

§ 11 Dauer des Dienstverhältnisses

(1) Der Dienstvertrag als Geschäftsführer ist auf 5 Jahre befristet.

(2) Er verlängert sich jeweils um 5 Jahre, wenn er nicht unter Einhaltung einer Frist von 12 Monaten gekündigt wird. Die Kündigung bedarf der Schriftform.

Am Schluß des Vertragstextes ist als Vertragspartnerin aufgeführt die „St. Aktiengesellschaft”, also die Beklagte. Unterschrieben wurde der Vertrag von den damaligen Geschäftsführern der Beklagten, Herrn N. und Herrn Dr. Sch.

Am 23. Februar 1996 wurde dem Kläger durch die Vorstandsmitglieder der Beklagten, Herren Dr. St. und Dr. B. mitgeteilt, daß er bis Ende Juni 1996 die Geschäftsführung in P. ausüben und danach den Vertrieb in Nordrhein-Westfalen gegebenenfalls mit Dienstsitz in A. leiten solle. Unter dem Datum des 27. Juni 1996 erhielt der Kläger ein von den vorgenannten Vorstandsmitgliedern der Beklagten unterzeichnetes Schreiben mit folgendem Inhalt:

Aufgaben des Geschäftsführers der S. GmbH ab 01.07.1996

entsprechend Ihrem Wunsch und wie telefonisch mit Ihnen und persönlich mit Herrn L. besprochen, regeln wir die Zuständigkeiten von Ihnen und Herrn L. ab 1. Juli wie folgt:

  1. Herr K. (das ist der Kläger) vertritt als Geschäftsführer die Gesellschaft nach außen.
  2. Im Innenverhältnis ist Herr K. für den Vertrieb verantwortlich und unterstützt den Projektvertrieb der St. AG. Die schwerpunktmäßige Kundenbetreuung erfordert überwiegend Reisetätigkeit. Für den Dienstort P. sind ca. 2 Tage pro Monat ausreichend.
  3. Über die angesprochenen Kundenbesuche berichtet Herr K. durch wöchentliche Besuchsberichte dem Vorstand der St. AG.
  4. Das Werk P. wird von Herrn L. geführt, der seinerseits dem Vorstand der St.-… AG berichtet.

Wir hoffen, mit dieser Klarstellung die anstehenden Aufgaben in Ihrem Sinne verteilt zu haben. In Anbetracht der wirtschaftlichen Lage der S. … GmbH erwarten wir Ihren vollen Einsatz im Sinne Ihres Unternehmens.

Der Kläger erwiderte mit an die Beklagte gerichtetem Schreiben vom 15. Juli 1996, er halte fest, daß diese Zuständigkeitsregelung dem Wunsch der Beklagten entspreche, nicht aber dem seinen, er aber den darin liegenden „Weisungen” nachkommen werde. Weiter heißt es in dem Schreiben:

Bei Ihrem Schreiben vom 27.06.96 bin ich der Auffassung, daß diese Aufgabenzuweisung, die ich wohl als Weisung des Gesellschafters auffassen soll, der Rechtslage, sei es den vertraglichen Vereinbarungen als auch, soweit es die gesetzlichen Regelungen betrifft, nicht entspricht. …

Der Geschäftsführer hat seine Verpflichtungen insbesondere im Rahmen ordentlicher Kaufmannstätigkeit auszuüben. Bei zwei Arbeitstagen pro Monat besteht meines Erachtens ein entscheidender Aufklärungs- und Abstimmungsbedarf, zumal auch insoweit die Frage der Haftung im Räume steht.

Die Führung des Werkes P. durch Herrn L., wie von Ihnen vorgetragen, ist meinerseits selbstredend zu akzeptieren – im Sinne dieses Unternehmens werde ich auch mit Herrn L. koopieren und zusammenarbeiten, hierüber bedarf es keiner Diskussion.

In rechtlicher Hinsicht bestehen m. E. jedoch Bedenken dahingehend, als Herr L. auf der einen Seite das Unternehmen führt, ich auf der anderen Seite als Geschäftsführer die Gesellschaft nach außen hin vertrete.

In der Folgezeit betreute der Kläger den Vertrieb der GmbH mit drei Außendienst- und zwei Innendienstmitarbeitern. Desweiteren führte er Schulungen für Vertriebsmitarbeiter der Beklagten über das Produktionsprogramm der GmbH durch. Im Rahmen einer Neustrukturierung des Vertriebs wurden vier der fünf Vertriebsmitarbeiter der GmbH zum 31. Dezember 1996 gekündigt.

Mit Schreiben vom 13. Dezember 1996 berief die Beklagte den Kläger mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer der GmbH ab und kündigte das bestehende Dienstverhältnis aus wichtigem Grund zum 13. Dezember 1996. Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner beim Arbeitsgericht erhobenen Klage gewandt. Diese enthält folgenden Antrag:

Es wird festgestellt, daß das zwischen den Parteien bestehende Anstellungsverhältnis nicht durch die fristlose, außerordentliche Kündigung vom 13. Dezember 1996, zugegangen am 13. Dezember 1996 zu diesem oder einem späteren Termin beendet worden ist, sondern ungekündigt fortbesteht.

Zur Begründung hat der Kläger ausgeführt, der Dienstvertrag vom 14./16. September 1994 bestehe zwischen ihm und der Beklagten als Muttergesellschaft der GmbH. Dies sei bei Vertragsabschluß ausdrücklich vereinbart worden. Im übrigen sei seine Vergütung ausschließlich über die Beklagte erfolgt. Diese habe auch nach Ausspruch der Kündigung eine Arbeitsbescheinigung gemäß § 133 AFG für das Arbeitsamt ausgefüllt. Das Vertragsverhältnis sei aufgrund seiner Weisungsgebundenheit ein Arbeitsverhältnis. Er sei als Geschäftsführer der Tochtergesellschaft der Beklagten aufgrund der Kompetenzregelungen in der Satzung der GmbH und der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung in vollem Umfang weisungsunterworfen gewesen. Die Preis-, Finanz- und Personalpolitik sei durch die Beklagte bestimmt worden. Schließlich seien ihm ab Juni 1996 die Geschäftsführungsfunktionen im wesentlichen entzogen worden. Abgesehen vom Bereich Vertrieb sei der Werkleiter Herr L. für alle Funktionen verantwortlich gewesen und dieser habe operativ die Geschäftsführungsaufgaben übernommen. Zum Ende des Jahres 1996 sei die Vertriebsorganisation der GmbH aufgelöst und in den Vertrieb der Beklagten eingegliedert worden. Die außerordentliche Kündigung sei unwirksam. Im übrigen bestehe das Arbeitsverhältnis unbefristet fort.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, sie sei nicht die richtige Beklagte. Der Dienstvertrag vom 14./16. September 1994 sei mit der GmbH abgeschlossen worden. Sie habe ebenso wie bei der Kündigung als Alleingesellschafterin der GmbH gehandelt. Ein Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und ihr, nach dessen Inhalt der Kläger verpflichtet gewesen sei, die Geschäftsführung der GmbH zu übernehmen, sei nicht begründet worden.

Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen als nicht gegeben erachtet und den Rechtsstreit an das Landgericht Baden-Baden verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es handele sich um einen „et-et-Fall”. Die bloße Rechtsansicht des Klägers, er sei Arbeitnehmer, könne die arbeitsgerichtliche Zuständigkeit daher nicht begründen. Es fehle ein schlüssiger Tatsachenvortrag, aus dem sich ergebe, daß der Kläger Arbeitnehmer sei.

Der Kläger hat gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts sofortige Beschwerde eingelegt und seine Auffassung wiederholt. Ergänzend hat er sich darauf berufen, daß der als Arbeitsvertrag auszulegende Vertrag vom 14./16. September 1994 unzulässigerweise befristet worden sei und folgenden weiteren Klageantrag angekündigt:

Es wird festgestellt, daß das zwischen den Parteien bestehende Anstellungsverhältnis nicht durch Befristung am 30. April 1999 endet, sondern über diesen Termin hinaus unbefristet fortbesteht.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, für diese Klageerweiterung fehle derzeit das Rechtsschutzinteresse.

Das Landesarbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen als gegeben erachtet. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen weiteren sofortigen Beschwerde erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

 

Entscheidungsgründe

B. Die weitere sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 b, § 5 Abs. 1 ArbGG hinsichtlich beider vom Kläger angekündigten Klageanträge eröffnet.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Frage, ob der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet sei, könne hinsichtlich der vom Kläger angekündigten Klageanträge nur einheitlich beantwortet werden. Eine Trennung in einen Rechtsstreit über die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung und einen Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Befristung sei nicht möglich, da es sich um ein und dasselbe Rechtsverhältnis handele, welches nur einer einheitlichen rechtlichen Beurteilung zugeführt werden könne, auch wenn es sich prozessual um zwei verschiedene Streitgegenstände handele. Da es sich bei dem Streit um die Wirksamkeit der Befristung um einen sogenannten „sic-non-Fall” handele, reiche die vom Kläger geäußerte Rechtsansicht, er sei Arbeitnehmer der Beklagten, zur Bejahung der arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit hinsichtlich beider Klageanträge aus.

II. Nach bisheriger Rechtsprechung des Senats ist die Rechtswegzuständigkeit bei mehreren Streitgegenständen für jeden Streitgegenstand gesondert zu prüfen (BAG Beschluß vom 24. April 1996 – 5 AZB 25/95 – AP Nr. 1 zu § 2 ArbGG 1979 Zuständigkeitsprüfung, zu B II 1 der Gründe, m.w.N., auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Ob an dieser Ansicht auch für den Fall, daß mit verschiedenen Streitgegenständen um den Fortbestand ein- und desselben Rechtsverhältnisses gestritten wird, festzuhalten ist, kann im vorliegenden Fall dahinstehen. Auch bei einer für jeden Streitgegenstand gesondert erfolgenden Prüfung ergibt sich insgesamt die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen.

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 b ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses. Wer Arbeitnehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG ist, bestimmt sich nach § 5 ArbGG.

1. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist hinsichtlich beider Streitgegenstände nicht bereits deshalb verschlossen, weil der Kläger Geschäftsführer der GmbH war. § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG steht der arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit nicht entgegen.

Nach dieser Vorschrift gelten Personen nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes, die in Betrieben einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrages allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder Personengesamtheit berufen sind. Die Fiktion gilt jedoch nur im Hinblick auf das Vertragsverhältnis zwischen dem Organ bzw. Organmitglied und der juristischen Person, zu deren Vertretung es berufen worden ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BAG Beschluß vom 29. Dezember 1997 – 5 AZB 38/97 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt, zu II 2 a der Gründe, m.w.N.). So gilt der Geschäftsführer nur im Verhältnis zu „seiner” GmbH nicht als Arbeitnehmer. Unstreitig war der Kläger nicht Geschäftsführer der Beklagten, sondern Geschäftsführer der GmbH, deren Anteil zu 100 % von der Beklagten gehalten wurde. Im Verhältnis der Parteien zueinander kann die arbeitsgerichtliche Zuständigkeit also nicht nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG ausgeschlossen sein. Ob die Beklagte passivlegitimiert ist, ist eine Frage der Begründetheit der Klage.

2. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist deshalb gegeben, weil der Kläger, wenn zwischen den Parteien ein Rechtsverhältnis bestand, im Verhältnis zur Beklagten entweder deren Arbeitnehmer oder aber arbeitnehmerähnliche Person war. Bei der Bestimmung des Rechtsweges ist eine Wahlfeststellung zulässig (BAG Beschlüsse vom 14. Januar 1997 – 5 AZB 22/96 – AP Nr. 41 zu § 2 ArbGG 1979 und vom 8. September 1997 – 5 AZB 3/97 – zur Veröffentlichung auch in der Amtlichen Sammlung bestimmt).

Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG gelten als Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes solche Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind. Das Arbeitsgerichtsgesetz hat den Begriff dieser Personengruppe nicht selbst bestimmt, sondern ihn als bekannt vorausgesetzt. Arbeitnehmerähnliche Personen unterscheiden sich von Arbeitnehmern durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, wobei vor allem die Eigenart der jeweiligen Tätigkeit zu berücksichtigen ist. Arbeitnehmerähnliche Personen sind wegen ihrer fehlenden Eingliederung in eine betriebliche Organisation und wegen im wesentlichen freier Zeitbestimmung nicht im selben Grad persönlich abhängig wie Arbeitnehmer. An die Stelle der persönlichen Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit tritt allerdings das Merkmal der wirtschaftlichen Unselbständigkeit. Darüber hinaus muß die wirtschaftlich abhängige Person auch ihrer gesamten sozialen Stellung nach einem Arbeitnehmer vergleichbar sozial schutzbedürftig sein (vgl. BAG Beschluß vom 25. Juli 1996 – 5 AZB 5/96 – AP Nr. 28 zu § 5 ArbGG 1979, zu II 2 der Gründe und BAG Beschluß vom 29. Dezember 1997 – 5 AZB 38/97 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, zu II 2 b der Gründe).

Diese Voraussetzungen liegen im Verhältnis des Klägers zur Beklagten zumindest sei dem 1. Juli 1996 vor. Nach dem Inhalt des Vertrages war der Kläger verpflichtet, die 100 %ige Tochter-GmbH der Beklagten als Geschäftsführer zu leiten. Seine wirtschaftliche Abhängigkeit von der Beklagten zeigt sich darin, daß er für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH von der Beklagten vergütet wurde. Die Erzielung zusätzlicher Einnahmen im nennenswerten Umfang durch eine weitere Erwerbstätigkeit war nach dem Vertragsinhalt ausgeschlossen. Der Kläger war nach § 3 des Vertrages verpflichtet, seine Arbeitskraft ausschließlich der Gesellschaft zu widmen und für die Gesellschaft auch außerhalb der regelmäßigen Dienstzeit tätig zu werden, wenn dies erforderlich war. Die Übernahme einer entgeltlichen oder unentgeltlichen Nebentätigkeit im beruflichen Bereich, von Ehrenämtern, Aufsichtsrats- oder ähnlichen Mandaten bedurfte der vorherigen Zustimmung der Beklagten. Auch die Höhe der Bezüge des Klägers aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH (190.000,00 DM brutto pro Jahr sowie Überlassung eines Dienstwagens – Audi 100, 280.000 km – auch zur privaten Nutzung) läßt nicht den Schluß zu, er sei nicht mehr ähnlich einem Arbeitnehmer schutzbedürftig. Spätestens seit dem 1. Juli 1996 war der Kläger seiner gesamten sozialen Stellung nach einem Arbeitnehmer vergleichbar schutzbedürftig. Die neue Aufgabenstellung unterschied sich nicht wesentlich von der, die er aufgrund des Arbeitsvertrages vom 16./18. Februar 1992 mit der GmbH wahrzunehmen hatte. Für die Wahrnehmung seiner Aufgaben als Geschäftsführer stand ihm nur noch wenig Zeit zur Verfügung. Es war davon auszugehen, daß die neue Aufgabenverteilung nicht dem Wunsch des Klägers entsprach. Seinem entsprechenden Vortrag ist die Beklagte nicht entgegen getreten.

III. Nicht zu prüfen war im vorliegenden Vorabentscheidungsverfahren, ob zwischen dem Kläger und der Beklagten tatsächlich vertragliche Beziehungen bestanden haben und ob diese vertraglichen Beziehungen – soweit sie bestanden haben – als Arbeitsverhältnis oder als Rechtsverhältnis einer arbeitnehmerähnlichen Person zu qualifizieren sind. Soweit es für eine Sachentscheidung erforderlich ist, sind diese Fragen von den Gerichten für Arbeitssachen zu beantworten. Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, daß die Beklagte den auf den Vertragstext (Über- und Unterschrift) gestützten Vortrag des Klägers, der Dienstvertrag sei zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits und nicht mit der GmbH geschlossen worden, bislang nicht substantiiert bestritten hat.

IV. Der Streitwert war entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Senats auf 1/3 des Streitwertes der Hauptsache festzusetzen.

 

Unterschriften

Griebeling, Reinecke, Kreft

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1254597

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