Rz. 84

Die Regelung in A-6.7 AVB D&O knüpft daran an, dass eine Erledigung der Haftpflichtfrage möglich ist. Befürwortet der Versicherer die Erledigung, so räumt A-6.7 AVB D&O dem Versicherer zwei Möglichkeiten ein für sich die Regulierung zu begrenzen bzw. zu erledigen. Die erste Variante knüpft daran an, dass die vom Versicherer verlangte Erledigung eines Haftpflichtanspruches durch Anerkenntnis, Befriedigung oder Vergleich an dem Verhalten der Versicherungsnehmerin oder einer versicherten Person scheitert. Die zweite Variante sieht unabhängig vom Verhalten der Versicherungsnehmerin bzw. Versicherten das Recht des Versicherers vor, dessen vertragsgemäßen Anteil zur Befriedigung des Geschädigten zur Verfügung zu stellen. In beiden Fällen hat der Versicherer für den von der Weigerung bzw. der Zurverfügungstellung an entstehenden Mehraufwand an der Hauptsache, Zinsen und Kosten nicht mehr aufzukommen.

 

Rz. 85

Der Versicherer prüft die Haftpflichtfrage, hierbei untersucht er maßgeblich auch die Erfolgsaussichten. Er wird hierbei in den Blick nehmen, ob er zur Einsparung weiterer Kosten und Zinsen die Angelegenheit beenden kann. Auch wird er ausloten, ob die Möglichkeit besteht, die Höhe der Hauptforderung durch Verhandlungen mit dem Dritten zu reduzieren. Oft lässt sich auch über die Höhe des geltend gemachten Schadens streiten, hier gibt es häufig "Verhandlungspotential". Geschädigte sind nicht selten bereit, sich über die Höhe des Schadens zu einigen. Auch bindet die Abwicklung eines Schadensfalls beim Versicherer grundsätzlich Kapazitäten, so dass auch das Freiwerden der Kapazitäten auf Seiten des Versicherers in die Entscheidung einfließt, ob und in welcher Höhe man den Haftungsanspruch erledigen könnte.

 

Rz. 86

Hier kann sich ein Spannungsverhältnis zu den Interessen der versicherten Person aufbauen. Dieser könnte ggf. daran interessiert sein, auch bei geringen Erfolgschancen den Anspruch abzuwehren, etwa weil er sich nichts vorwerfen lassen möchte oder um seinen makellosen Lebenslauf bzw. seine Reputation fürchtet.

 

Rz. 87

A-6.7 AVB D&O regelt nun, dass dann, wenn der Versicherer von der versicherten Person eine Erledigung des Haftpflichtanspruches durch Anerkenntnis, Befriedigung oder Vergleich wünscht, er zwei Wege hat, wie er vorgehen kann. Er kann unabhängig von der Zustimmung des Versicherten seine vertragsmäßige Leistung zur Verfügung stellen, er hat also ein sog. Abandonrecht.[1] Die andere zuerst genannte Lösung, die daneben steht, knüpft an die Weigerung der Versicherungsnehmerin oder der versicherten Person an. Verweigern diese sich der vom Versicherer präferierten Erledigung, soll der Versicherer für den ab dem Zeitpunkt der Weigerung entstehenden Mehraufwand "an Hauptsache, Zinsen und Kosten" nicht mehr aufkommen. Grundsätzlich wird angenommen, dass der Versicherer aufgrund seiner Regulierungs- und Prozessführungsvollmacht zum Abschluss von Vereinbarungen berechtigt ist, die auf eine Erledigung des Haftpflichtanspruchs gerichtet sind. Aufgrund des Rücksichtnahmegebots hat der Versicherer sich aber mit dem Versicherten abzustimmen, dies gilt jedenfalls, sofern der Versicherungsschutz nicht zur vollständigen Erledigung führt, weil es nicht gedeckte Schadensteile gibt.[2]

 

Rz. 88

Die Regelung in A-6.7 AVB D&O, also bezüglich beider Varianten, ist insgesamt intransparent formuliert und allein schon deshalb unwirksam. Man muss A-6.7 AVB D&O sehr genau lesen, um zu verstehen, dass hier zwei unterschiedliche Rechte des Versicherers geregelt sind. Die erste Regelung, die an die Weigerung des Versicherten bzw. der Versicherungsnehmerin anknüpft, sanktioniert ein Verhalten, sie stellt eine sog. verhüllte Obliegenheit dar[3] (siehe dazu auch die Ausführungen unter A-7 II AVB D&O). Es gilt § 28 VVG. Da Regelungen zum Verschulden und zu den Rechtsfolgen fehlen, liegt keine wirksame Vereinbarung einer vertraglichen Obliegenheit vor.[4]

 

Rz. 89

Aber auch einer AGB-Kontrolle hält die erste Variante, die bei Weigerung eine weitergehende Leistungspflicht für den Mehraufwand entfallen lässt, nicht stand.[5] So ist nicht nachvollziehbar, warum nach dem Wortlaut auch eine Weigerung der Versicherungsnehmerin das Recht des Versicherers auslösen können soll. Nur der Versicherte hat den Direktanspruch. Eine Weigerung der Versicherungsnehmerin bei der Innenhaftung betrifft ihren eigenen Anspruch gegen eine versicherte Person. Verschließt sich die Versicherungsnehmerin der vom Versicherer gewünschten Erledigung, verfolgt diese ausschließlich ihre eigenen Interessen, etwa weil sie meint, der angebotene Betrag sei zu gering. Aber auch bei der Außenhaftung, wo die GmbH bzw. AG ggf. als Gesamtschuldnerin neben der versicherten Person haften kann, wäre es kaum angezeigt, dass der Versicherer wegen der Weigerung der Gesellschaft den Umfang des Direktanspruchs gegenüber der versicherten Person begrenzen dürfen soll.

 

Rz. 90

Die Klausel lässt sich ggf. aber dadurch "retten", dass man die Versicherungsnehmerin im Text streicht und der Res...

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