Rz. 146

Gegen juristische Personen können Bußgelder, nicht jedoch Kriminalstrafen verhängt werden, in vielen anderen Rechtsordnungen, auch innerhalb der EU und nach dem Strafrecht vieler US-Bundesstaaten ist dies hingegen möglich. Auch in Deutschland soll dies durch das neue Verbandssanktionengesetz (VerSanG-E) künftig möglich sein. Sobald dieses in Kraft tritt, wird der Ausschluss in A-7.10 AVB D&O um Geldstrafen bzw. Verbandsstrafen erweitert werden.

 

Rz. 147

Aktuell ist eine Sanktionierung der Gesellschaft, das heißt des Unternehmens nur über Geldbußen – nicht mit Kriminalstrafen - gem. § 30 OWiG möglich.[1] Diese werden als Verbandsgeldbußen bezeichnet.[2] Zu beachten ist hierbei, dass eine Geldbuße gegen die Gesellschaft nicht nur möglich ist, wenn das Leitungsorgan eine Ordnungswidrigkeit begeht, sondern auch, wenn dieses eine Straftat begangen hat. Die Anknüpfungstat kann nach dem ausdrücklichen Wortlaut eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit sein.[3] Ergänzt wird § 30 OWiG durch § 130 OWiG, der über § 9 OWiG eine Pflicht des Unternehmensleiters, also auch der Vorstände und Geschäftsführer festlegt, Aufsichtsmaßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber treffen und deren Verletzung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist. § 130 OWiG ist ein Ordnungswidrigkeitentatbestand, wonach auch ordnungswidrig gehandelt wird, wenn eine solche Zuwiderhandlung begangen wird, die durch pflichtgemäße Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre. Über § 30 OWiG kann eine Verletzung der Aufsichtspflichten nach § 130 OWiG zu einer Verbandsgeldbuße gegen die Versicherungsnehmerin führen. Aber auch zahlreiche andere Straf- und Ordnungswidrigkeitentatbestände können als Anknüpfungstat für eine Verbandsgeldbuße dienen.

 

Rz. 148

Besondere Bedeutung hat hierbei das Kartellrecht mit eigenen Bußgeldrahmen. Die Erteilung von Kartellbußen sind durch deutsche oder europäische Kartellbehörden möglich.[4] Danach sind Verbandsgeldbußen jeweils gegen das Unternehmen und gegen das Organ möglich. Hierbei ist das unternehmensbezogene Bußgeld an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens zu knüpfen, wobei eine Begrenzung von 10 % des Gesamtumsatzes besteht.[5]

 

Rz. 149

Hierbei können Geldbußen einen Ahndungsanteil sowie Abschöpfungsanteil enthalten. Der erste Anteil bestraft das rechtswidrige Handeln, der zweite Anteil soll den durch die rechtswidrige Tat erlangten Vorteil in Form des Gewinns abschöpfen. Bei dem Ahnungsanteil spielen die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit, die Schwere des Verstoßes bzw. der Grad des Verschuldens des Verstoßes, aber auch die Wirtschaftskraft des Adressaten eine Rolle, siehe § 17 Abs. 3 OWiG: "Grundlage für die Zumessung der Geldbuße sind die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters kommen in Betracht; bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten bleiben sie jedoch in der Regel unberücksichtigt." Hierbei soll ein Betrag erreicht werden, durch den der Vorteil abgeschöpft wird, das Gesetz drückt dies in § 17 Abs. 4 OWiG wie folgt aus: "Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so kann es überschritten werden."

 

Rz. 150

Stattdessen sind auch Bußgelder gegen die betreffende Organperson möglich. Solche werden aber ohnehin nicht vom D&O-Versicherungsschutz umfasst, weil es sich nicht um Haftpflichtansprüche handelt. Die Frage des D&O-Versicherungsschutzes stellt sich nur beim Regress seitens der Gesellschaft wegen von ihr gezahlter Bußgelder.

 

Rz. 151

Voraussetzung für die selbständige Festsetzung einer Geldbuße gegen die Versicherungsnehmerin bzw. die Gesellschaft ist also die Feststellung, dass ihr Leitungsorgan eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat begangen hat[6]. Grundsätzlich darf nach § 30 Abs. 4 OWiG gegen die GmbH ein Bußgeld auch dann selbständig festgesetzt werden, wenn das Verfahren gegen den Geschäftsführer nicht eingeleitet, eingestellt oder von Strafe abgesehen wird, wobei das Gesetz abweichendes anordnen kann[7]. Es muss aber, wenn eine Doppelverfolgung erfolgt, ein Bußgeldbescheid gegen das Organ der GmbH und die GmbH erlassen werden. Eine Bebußung in zwei selbständigen Verfahren soll nicht erfolgen. Wegen des Verbots der doppelten Ahndung einer Handlung (Art. 103 Abs. 3 GG) soll bei der Verhängung einer Geldbuße gegen die Gesellschaft berücksichtigt werden, inwieweit das Organ, d.h. der Geschäftsführer, hierfür bereits zur Verantwortung gezogen werden kann oder soll. Die insgesamt verhängten Geldbußen sollten nicht höher sein, als sie es bei einem hypothetischen Fall eines Einzelunternehmers wären. Dies gilt aber dann nicht, wenn das Bußgeld eine Abschöpfungsfunktion hat, wie z.B. bei Kartellbußen. Mit diesen soll auch der Vorteil abgeschöpft werden, den das Unternehmen durch den Kartellve...

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