Rz. 136

Versichert sind in der D&O-Versicherung berechtigte Schadensersatzansprüche gegen die Mitglieder eines Organes. Eine Geldstrafe oder Geldbuße oder auch eine Kaution, die die versicherte Person selbst bezahlen muss bzw. die gegen diese verhängt wird, ist schon deswegen nicht versichert, weil dort kein Schadenersatzanspruch geltend gemacht wird. Insofern bedarf es hierfür keines Ausschlusses. Deshalb betrifft der Ausschluss nur Bußen und Kautionen, die gegen die Versicherungsnehmerin bzw. eine Tochtergesellschaft verhängt werden und die dann eine versicherte Person in Regress nimmt. Anspruchsgrundlage wäre meist der Anspruch aus der Innenhaftung, also z.B. § 43 GmbHG bzw. § 93 AktG. Dem Geschäftsführer wird vorgeworfen, er habe durch sein pflichtwidriges Handeln die Verbandsbuße ausgelöst, weshalb er diese erstatten möge. Dieser Erstattungsanspruch wäre grundsätzlich ein versicherbarer Schadensersatzanspruch.

 

Rz. 137

In einem vorrangigen Schritt wäre dann zu prüfen, ob die jeweilige Zahlung überhaupt regressfähig ist, also ob z.B. der Geschäftsführer diese tatsächlich erstatten muss, also ob er dazu verpflichtet ist. Wird dies abgelehnt, z.B. weil die Geldbuße gezielt einen Vorteil bei der Versicherungsnehmerin abschöpfen soll, weshalb es nicht angezeigt ist, dass durch eine Erstattung beim Geschäftsführer dieser Vorteil der GmbH wieder zu Gute kommt, käme gleichwohl Versicherungsschutz in Form der Abwehrdeckung in Betracht. Dieser müsste aber versagt werden, wenn der Ausschluss A-7.10 AVB D&O vereinbart wäre. Durch den Ausschlusstatbestand scheidet jedenfalls selbst bei Bejahung eines Regresses wegen Strafen und Bußen ein Versicherungsschutz aus.

 

Rz. 138

Ob und inwieweit z.B. Kartellbußgelder regressfähig sind, wird diskutiert. Die Diskussion wird auch bei anderen Strafen geführt. Bei Kartellstrafen wird vertreten, diese seien nicht regresssierbar, da der nützliche Effekt (effet utile) der Art. 101, 105 AEUV verletzt würde, dies würde den Effekt der abschreckenden Wirkung abmildern.[1] Das LAG Düsseldorf[2] hat im Schienenkartell, als der Rückgriff wegen einer Kartellbuße gegen den ehemaligen Geschäftsführer eingeklagt wurde folgenden Leitsatz formuliert:

 

Rz. 139

"Eine nach § 81 GWB gegen eine GmbH verhängte Geldbuße kann das Unternehmen nicht nach § 43 Abs. 2 GmbHG vom Geschäftsführer erstattet verlangen. Die Trennung zwischen ordnungsrechtlicher Sanktionierung und zivilrechtlicher Lastentragung spricht nicht dafür, dass eine Geldbuße stets ein ersatzfähiger Schaden ist. Die gesetzgeberische Wertung, dass Normadressat der Geldbuße das Unternehmen ist und nicht die für sie handelnden Personen, ist auch im Zivilrecht zu berücksichtigen. Dies gilt zumindest für vom Bundeskartellamt verhängte Kartellbußen, die nach § 81 Abs. 5 GWB fakultativ die Abschöpfung des beim Unternehmen erzielten Vorteils beinhalten können und nach § 81 Abs. 4 GWB sowohl gegen das Unternehmen selbst als auch gegen die für das Unternehmen handelnden Personen unter Berücksichtigung eines unterschiedlichen Dotierungsrahmens verhängt werden können."

Im Einzelnen wird zu der Problematik unten bei Nr. 6 Stellung genommen.

 

Rz. 140

Anspruchsgrundlage für den Rückgriff ist grundsätzlich der Anspruch aus der Innenhaftung (§ 43 Abs. 2 GmbHG, § 93 Abs. 2 GmbHG, § 34 Abs. 2 GenG). Hierbei ist anzunehmen, dass wegen der Legalitätspflicht, der die Leitungsmitglieder unterliegen, eine Pflichtverletzung schon deshalb vorliegt, wenn diese Handlungen vornehmen oder zulassen, die gegen geltendes Recht verstoßen. Die Organe sind verpflichtet sich an das Recht zu halten und ein Verstoß gegen diese Pflicht impliziert eine Pflichtwidrigkeit – selbst dann, wenn durch das Verhalten eine Gewinnsteigerung erzielt wurde.[3] "Dabei ist es unerheblich, ob der Gesetzesverstoß im (vermeintlichen) Interesse der Gesellschaft begangen wurde. Ein unternehmerisches Ermessen des Organvertreters zur Begehung "nützlicher" Gesetzesverstöße besteht nicht."[4]

 

Rz. 141

Dann aber bleibt für eine Ablehnung der Regressfähigkeit aus dem Gedanken des Zwecks der Kartellbuße wenig Raum. Der Umstand, dass der Effekt erhalten bleiben muss, widerspricht dem Schadenersatzrecht. Wenn jemand einer anderen Person einen Schaden zufügt, der auch darin besteht, dass diese sich Bußgeldforderungen ausgesetzt ist, ist das Organ, dass schuldhaft und pflichtwidrig, diese Bußgelder ausgelöst hat, eintrittspflichtig. Allerdings besteht eine Eintrittspflicht nur für den tatsächlich verursachten Vermögensschaden. Schöpft das Bußgeld auch, wie bei der Kartellbuße vorgesehen, die aus dem rechtswidrigen Verhalten erlangten Vorteile ab, besteht insoweit kein Schaden, den der Geschäftsführer zu ersetzen hat (siehe dazu die Ausführungen unter 5).

[1] LG Saarbrücken, Urt. v. 15.9.2020, 7 HK O 6/16, juris, Rn. 149 ff.
[2] LAG Düsseldorf, (Teil-)Urt. v. 20. 1. 2015 – 16 Sa 459/14, juris.

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