Rz. 7

Die Organstellung und damit die Organhaftung beginnen regelmäßig mit der Annahme der Bestellung. Bei der AG bestellt der Aufsichtsrat den Vorstand (§ 84 AktG), bei der GmbH bestimmt die Geschäftsführer die Gesellschafterversammlung (§ 46 Nr. 5 GmbHG) oder ggf. ein vorhandener Aufsichtsrat mit entsprechender Zuständigkeit. Bei der Genossenschaft wählt die Generalversammlung den Vorstand (§ 24 II GenG).

 

Rz. 8

Der Aufsichtsrat wird bei der Aktiengesellschaft durch die Hauptversammlung (§ 101 AktG), bei der Genossenschaft durch die Generalversammlung (§ 36 GenG) und bei der GmbH durch die Gesellschafterversammlung (§ 52 GmbHG i.V.m. 101 I AktG) gewählt, sofern nicht mitbestimmungsrechtliche Vorschriften eine Arbeitnehmerbeteiligung und damit eine Wahl der Arbeitnehmervertreter durch die Belegschaft vorsehen.

 

Rz. 9

Der Abschluss des Anstellungsvertrags, d.h. des Dienstvertrags für das einzelne Mitglied des Leitungsorgans, ist nicht für die Begründung der Organhaftung maßgeblich. Die Organhaftung wird erst mit der Annahme der Bestellung ausgelöst. Dennoch sind Fälle denkbar, bei denen ein noch nicht bestellter Geschäftsführer oder Vorstand bereits vor seiner Bestellung, z.B. aufgrund eines Anstellungsverhältnisses oder im Vorgriff auf die beabsichtigte Bestellung handelt und zum Schadensersatz verpflichtende Handlungen vornimmt. Auch kann aufgrund eines noch bestehenden Arbeitsverhältnisses gehandelt werden. So kann beispielsweise der Geschäftsführer bereits vorher Prokurist der Gesellschaft gewesen sein. Sofern die D&O-Versicherung leitende Angestellte einschließt bestünde nahtlos Versicherungsschutz. Aber Vorsicht ist geboten: Nicht in jeder Police sind auch leitende Angestellte mitversichert. Es stellt sich die Frage, ob bereits Versicherungsschutz besteht, wenn der Prokurist schon seinen Geschäftsführer-Dienstvertrag abgeschlossen hat, die Bestellung zum Geschäftsführer aber noch aussteht. Schließt er jetzt einen für die Gesellschaft nachteiligen Vertrag ab, für den er später in die Haftung genommen werden soll, hätte er diesen Vertrag vor Begründung seiner Organstellung abgeschlossen, sodass eine Haftung nach den Vorschriften der Organhaftung (§ 43 GmbHG) ausscheidet. Es könnte aber möglicherweise eine Haftung wegen Verletzung des schon abgeschlossenen Geschäftsführer-Dienstvertrags begründet werden. Soweit die Bedingungen wie die AVB D&O auch die Innenhaftung des Versicherten gegenüber der Gesellschaft versichern, muss ermittelt werden, ob insoweit Versicherungsschutz besteht. Ggf. wird aufgrund der Formulierung in den Bedingungen, dass die Pflichtverletzung bei Ausübung der Tätigkeit – gemeint ist die Tätigkeit als gegenwärtiges oder ehemaliges Mitglied der Geschäftsführung, des Vorstands oder Aufsichtsrats - erfolgt sein muss, der Versicherungsschutz ausscheiden. Der Betreffende wäre noch kein gegenwärtiges Mitglied des Organs, solange er noch nicht bestellt ist und er die Bestellung nicht angenommen hat. Allerdings wirkt die Pflichtverletzung ggf. fort, wenn der Geschäftsführer nach der Annahme der Bestellung noch die Möglichkeit hat, sein pflichtwidriges Handeln, etwa den Abschluss des nachteiligen Vertrags, zu korrigieren. Der Vertrag, der die Pflichtverletzung begründet, wird z.B. erst nach der Annahme der Bestellung geschlossen, sodass die Pflichtverletzung, dann schon während der Organtätigkeit erfolgt wäre. Ist der Vertrag bereits abgeschlossen, muss der Geschäftsführer ggf. die Kündigungsmöglichkeiten ausnutzen, wenn er dadurch den Schaden noch verhindern oder zumindest begrenzen kann. Ansonsten würde er eine neue Pflichtverletzung begehen, die dann versichert sein könnte. Die ursprüngliche Pflichtverletzung bevor der Manager Organmitglied war, wäre auch dann nicht versichert, wenn eine Rückwärtsversicherung vereinbart wurde, sofern diese nur das Organhandeln und nicht die Tätigkeit als leitender Angestellter betrifft. Differenzieren die Bedingungen allerdings bei der Rückwärtsversicherung nicht und sind in der Police leitende Angestellte mitversichert, ließe sich eine Rückwärtsversicherung vertreten. Das heißt, der jetzige Geschäftsführer genösse Versicherungsschutz auch für Handlungen, die er als leitender Angestellte begangen hatte.

 

Rz. 10

Ist der Vertragsschluss selbst noch nicht erfolgt, hat aber beispielsweise der jetzige Geschäftsführer als Prokurist den Vertrag ausgehandelt, unterschreibt er ihn aber erst als Geschäftsführer, so hat er bereits während seiner Geschäftsführertätigkeit gehandelt, sodass Versicherungsschutz – sofern die Innenhaftung versichert ist - besteht. Entscheidend ist, ob der Geschäftsführer während seiner Organtätigkeit den Vertragsschluss noch verhindern kann. Hat der Geschäftsführer beispielsweise als Prokurist bereits ein verbindliches Angebot abgegeben, das der Vertragspartner nur noch annehmen muss und nimmt dieser dieses an, so kommt der Vertragsschluss erst nach Begründung der Organstellung zustande. Die pflichtwidrige Handlung wurde jedoch bereits vor Begrün...

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