Leitsatz

Das Familiengericht hatte ein von der Mutter eingeleitetes Sorgerechtsverfahren zunächst ausgesetzt, um die weitere Entwicklung abzuwarten.

Gegen die durch Beschluss angeordnete Aussetzung wehrte sich die Kindesmutter mit der Beschwerde.

Ihr Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das KG Berlin hat die sofortige Beschwerde der Mutter gegen den Aussetzungsbeschluss zurückgewiesen.

Gemäß § 21 FamFG könne das Gericht das Verfahren aus wichtigem Grund aussetzen. Es habe diese Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Soweit sich das AG in seiner Entscheidung auf die Frage einer möglichen Verfassungswidrigkeit von § 1672 Abs. 1 BGB bezogen habe, sei eine Aussetzung zwar nicht mehr gerechtfertigt, da das BVerfG mit Beschluss vom 21.7.2010 (1 BvR 420/09) diese Frage entschieden und eine Übergangsregelung für die Anwendung der Vorschrift getroffen habe.

Das erstinstanzliche Gericht habe seine Entscheidung jedoch auf einen zweiten tragenden Gesichtspunkt gestützt. Aus der Begründung seines Beschlusses ergebe sich, dass danach jeder einzelne Grund für sich geeignet sei, eine Aussetzung zu rechtfertigen. Die Begründung, dass zunächst abgewartet werden müsse, ob nach der Einsetzung eines Umgangspflegers mit Beschluss vom selben Tage der Umgang zwischen Vater und Kindern in einer Weise stattfinde, dass eine Gefährdung des Kindeswohls wegen Vereitelung des Umgangs nicht mehr drohe, lasse Ermessensfehler nicht erkennen.

Das Beschwerdegericht habe keine eigene Ermessenentscheidung zu treffen, sondern allein zu prüfen, ob ein Aussetzungsgrund vorliege und die Aussetzungsentscheidung auf Verfahrens- und Ermessensfehlern beruhe. Für eine Aussetzung nach § 252 ZPO sei dies anerkannt. Für die Beschwerde gegen eine Aussetzung nach § 21 Abs. 2 FamFG sei eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt, zumal für die Beschwerde auf die Vorschriften der sofortigen Beschwerde nach §§ 587 ff. ZPO verwiesen werde.

Zu Recht habe das AG angenommen, dass ein wichtiger Grund i.S.v. § 21 Abs. 1 FamFG vorliege. Die in dieser Vorschrift genannten Aussetzungsgründe seien Regelbeispiele, die den Anwendungsbereich nicht abschließend umschrieben. In Familiensachen, insbesondere in Sorgerechtsverfahren, könne es aber ausnahmsweise zulässig sein, das Verfahren auszusetzen, wenn die Familienverhältnisse noch in der Entwicklung begriffen und nicht zu überblicken seien (vgl. Ahn-Roth in Prütting/Helms, FamFG, § 21 FamFG Rz. 7 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).

So verhalte es sich hier. Die Entwicklung des letzten halben Jahres sei durch häufige Wechsel des Aufenthalts der Kinder mit entsprechenden schweren Belastungen für sie geprägt gewesen. Aktuell seien die Kinder erneut in den Haushalt der Mutter zurückgekehrt, die Regelung des Umgangs sei einem Pfleger übertragen worden. Das Sachverständigengutachten habe die neue Entwicklung noch nicht berücksichtigen können.

Die auf dieser Grundlage getroffene Entscheidung, das Sorgerechtsverfahren zunächst auszusetzen, um die weitere Entwicklung abzuwarten, lasse Ermessensfehler nicht erkennen. Konkrete Ermessensfehler würden auch mit der Beschwerde nicht geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung beruhe auf § 84 FamFG. In § 21 Abs. 2 FamFG sei allein auf die Vorschriften der ZPO über die sofortige Beschwerde verwiesen, nicht aber auf die Kostenvorschriften. Es sei auch systemwidrig, die Kostenentscheidung erster Instanz nach §§ 80 ff. FamFG, die der zweiten Instanz aber nach den Vorschriften der ZPO zu treffen. Das KG sah keine Veranlassung, von dem Grundsatz des § 84 FamFG abzuweichen.

 

Link zur Entscheidung

KG Berlin, Beschluss vom 02.09.2010, 19 WF 132/10

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