Leitsatz

Sind Bestimmungen eines Steuerberater-Sozietätsvertrags widersprüchlich, ist der Vertrag sinnvoll aus der Sicht der Beteiligten auszulegen. Erfüllt ein Gesellschafter nach seinem Ausscheiden eine vorher entstandene Steuerschuld der Gesellschaft, ist der insoweit bestehende Erstattungsanspruch nur als unselbständiger Rechnungsposten in die Auseinandersetzungsbilanz aufzunehmen.

 

Sachverhalt

Die Parteien hatten sich mit einem Sozietätsvertrag zum gemeinsamen Betrieb einer Steuerberaterpraxis mit zuletzt hälftiger Gewinnbeteiligung zusammengeschlossen. Nach einigen Jahren warf der Beklagte der Klägerin eine Untreuehandlung vor. Dem angedrohten Ausschluss kam die Klägerin zuvor, indem sie das Gesellschaftsverhältnis fristlos kündigte; sie betreibt jetzt eine eigene Steuerberaterpraxis. Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Erstattung von Zahlungen, die sie nach ihrem Ausscheiden aus der Gesellschaft auf deren Steuerschulden erbracht hat. Im Gegenzug wollte der Beklagte im Rahmen einer Widerklage Schadensersatz für "mitgenommene" Mandanten. Das LG hat der Klägerin Recht gegeben und die Widerklage abgewiesen. Der BGH hob diese Entscheidung auf und verwies die Sache zurück.

 

Entscheidung

Nach den Feststellungen des Gerichts waren zwei Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags zur Zulässigkeit des "Abwerbens" von Mandanten widersprüchlich. Zum einen war für den Fall der Kündigung des Sozietätsvertrags ein umfassendes Wettbewerbsverbot für die Dauer von zwei Jahren vereinbart, zum anderen wurden Regelungen zur Anrechnung von Mandatsübernahmen auf etwaige Auseinandersetzungsguthaben getroffen. Der Senat hält deswegen eine objektive Auslegung der Bestimmungen für erforderlich, bei der die Interessen beider Beteiligten berücksichtigt werden müssen. Dies ist nur bei der Auslegung möglich, dass bei Mandatsmitnahmen im Rahmen einer Vertragskündigung gerade kein Verstoß gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot vorliegt. Das OLG muss in diesem Zusammenhang aber noch prüfen, ob die fristlose Kündigung der Klägerin möglicherweise rechtsmissbräuchlich war und deswegen Gegenansprüche in Frage kommen.

Beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer GbR stellen gegenseitige Ansprüche lediglich unselbständige Posten für die zu erstellende Auseinandersetzungsbilanz dar. Die Durchsetzung einzelner Forderungen ist ausgeschlossen[1]. Diesen Grundsatz hat der BGH trotz der hier unstreitig erst nach dem Ausscheiden der Klägerin aus der Sozietät geleisteten Zahlungen bestätigt. Es kommt dabei nicht auf den Zeitpunkt der Leistung der Klägerin an. Wichtig ist allein, dass mit der Zahlung eine Steuerschuld der Gesellschaft aus der Zeit vor dem Ausscheiden beglichen wurde. Ein Hin- und Herzahlen zwischen den Beteiligten soll durch das Einstellen von Forderungen in die Auseinandersetzungsbilanz strikt vermieden werden. Hierzu könnte es aber bei einem isolierten Ausgleich der Zahlungen kommen, wenn z.B. das Gesellschaftsvermögen zur Deckung der gemeinschaftlichen Schulden nicht ausreicht. Dann müsste die Klägerin aber ihrerseits wieder einen Verlustausgleich durch eigene Zahlungen erbringen, was der BGH vermeiden will.

 

Link zur Entscheidung

BGH-Urteil vom 7.3.2005, II ZR 194/03

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