Leitsatz

* Grundsätze zur Aufteilung von Vorsteuerbeträgen bei gemischten Umsätzen.

* Leitsatz nicht amtlich, da sehr lang

 

Normenkette

Art. 2, 4 Abs. 2, 13 Teil B Buchst. d, 19 der 6. EG-RL (vgl. § 1, § 2, § 4 Nr. 8, § 15 Abs. 4 UStG)

 

Sachverhalt

EDM war eine portugiesische Holdinggesellschaft. Portugal hat die Regelaufteilung der 6. EG-RL (Umsatzschlüssel) sowie die Vorschrift zur Bestimmung des Pro-rata-Satzes im Wesentlichen übernommen.

Umstritten zwischen EDM und der portugiesischen Finanzverwaltung war, ob Vorsteuerbeträge, die nicht konkreten steuerpflichtigen Umsätzen zuzurechnen waren (d.h. Gemeinkosten betreffen), proportional zu kürzen waren, weil EDM Einnahmen u.a. aus der Lieferung von Gegenständen bzw. aus Dienstleistungen hatte, für die kein Recht auf Vorsteuerabzug besteht. Die Finanzverwaltung war der Auffassung, dies sei der Fall bei Zinsen aus Darlehen an Beteiligungsunternehmen, beim Erlös aus dem Verkauf von Aktien, bei Einnahmen aus anderen Geldgeschäften, hinsichtlich des Werts der Arbeiten als Mitglied und Geschäftsführerin der EDM im Rahmen der Konsortien, soweit diese ihren Anteil überstiegen und für die sie deshalb einen Ausgleich erhielt.

 

Entscheidung

Der EuGH entschied nach den in den Praxis-Hinweisen wiedergegebenen Grundsätzen.

 

Hinweis

Das Besprechungsurteil betrifft die Aufteilung von Vorsteuerbeträgen bei gemischten Umsätzen (Art. 17 Abs. 5 der 6. EG-RL). Die 6. EG-RL sieht grundsätzlich einen Umsatzschlüssel vor (Art. 17 Abs. 5 der 6. EG-RL). Sie erlaubt den Mitgliedstaaten genau beschriebene alternative Bezugsgrößen.

§ 15 Abs. 4 UStG hatte – ebenfalls bis zum SteuerÄndG keine eindeutige Alternative –; sachgerecht i.S.d. § 15 Abs. 4 UStG war deshalb – entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung – auch der Umsatzschlüssel der 6. EG-RL (BFH, Urteil vom 17.8.2001, V R 1/01, BFH-PR 2002, 23).

Wie der Pro-rata-Satz zu berechnen ist, regelt Art. 19 der 6. EG-RL.; der Pro-rata-Satz ergibt sich aus einem Bruch; dieser enthält im Zähler den Jahres-Gesamtbetrag der zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze, abzüglich MwSt.; im Nenner den Jahres-Gesamtbetrag der im Zähler stehenden sowie der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze, abzüglich MwSt. Abweichend davon bleiben bei der Berechnung des Pro-rata-Satzes u.a. außer Ansatz, die Hilfsumsätze im Bereich der Grundstücks- und Finanzgeschäfte sowie die in Artikel 13 Teil B Buchstabe d) genannten Umsätze, wenn es sich um Hilfsumsätze handelt (Art. 19 Abs. 2).

Diese – für den Steuerpflichtigen günstige – Ausnahme für Hilfsumsätze hat im UStG keine Entsprechung. Der V. Senat hatte deshalb im Beschluss vom 27.9.2001, V R 32/00 (BFH-PR 2002, 65) dem EuGH auch die Frage vorgelegt, ob sich der Steuerpflichtige auf die günstigere Richtlinienregelung berufen kann. Diese Frage hat der EuGH nicht beantwortet, weil er die Aufnahme eines Gesellschafters gegen Bareinlage schon nicht als wirtschaftliche Tätigkeit/Dienstleistung beurteilte. Achtung: Die Frage bleibt aktuell; der Unternehmer kann sich ggf. auf die günstigere Richtlinienregelung berufen.

Vor allem bei Holdinggesellschaften ist von Bedeutung, ob Zinsen aus Darlehen an Beteiligungsunternehmen, der Erlös aus dem Verkauf von Aktien sowie Einnahmen aus anderen Geldgeschäften oder Dienstleistungen für die Beteiligungsgesellschaften eine wirtschaftliche/unternehmerische Tätigkeit darstellen.

Die Besprechungsentscheidung enthält die Grundsätze, die auch bei Auslegung des UStG zu beachten sind.

1. Zuerst ist zu prüfen, ob es sich um Umsätze i.S.d. 6. EG-RL handelt. Dazu gilt:

  • Der Anwendungsbereich der 6. EG-RL ist zwar weit, setzt aber stets eine "Tätigkeit mit wirtschaftlichem Charakter" (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG) voraus (Rz. 47).
  • Der Begriff "Wirtschaftliche Tätigkeit" umfasst auch Leistungen, die die Nutzung von körperlichen und nichtkörperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen darstellt, ohne Rücksicht auf die Rechtsform (Rz. 48). Dagegen sind Zahlungen, die auf dem bloßen Eigentum an einem Gegenstand beruhen (z.B. Dividenden; Erträge aus Anlagen in Investmentfonds), keine Gegenleistung für einen Umsatz oder eine wirtschaftliche Tätigkeit (Rz. 49, 63). Daraus folgt:
  • Erwerb und Halten einer Beteiligung ist keine wirtschaftliche Tätigkeit i.S.d. 6. EG-RL: keine Nutzung eines Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen; Dividende ist nur Ergebnis der Beteiligung selbst. Gleiches gilt für den Verkauf der Beteiligung (Rz. 57).
  • Dasselbe gilt für die Veräußerung von sonstigen Wertpapieren, wenn es sich nicht um Wertpapierumsätze im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit handelt (Rz. 59). D.h. wenn der Unternehmer sich insoweit wie ein privater Anleger auf die Verwaltung eines Wertpapiervermögens beschränkt (vgl. Rz. 60, 61); unerheblich ist für diese Beurteilung der Umfang und die Inanspruchnahme einer Beratungsgesellschaft (Rz. 61). Gleiches gilt für Erwerb und Verkauf von Investmentfondsanteilen (Rz. 64).
  • Zinsen für die Überlassung von Kapital – (Darlehen an Beteiligungsge...

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