Leitsatz

Die Aufteilung einer nach der Trennung fällig gewordenen Steuerschuld und der sich hieraus ergebenden Erstattungs- bzw. Nachzahlungsansprüche zusammenveranlagter Ehegatten hat im Innenverhältnis grundsätzlich unter entsprechender Heranziehung des § 270 AO auf der Grundlage fiktiver getrennter Veranlagung der Ehegatten zu erfolgen.

 

Sachverhalt

Die Beteiligten sind frühere Eheleute. Der Kläger, ein Unternehmer, hatte während der Ehe Steuernachforderungen allein bezahlt, die auch auf den Einkünften der als Ärztin tätigen Beklagten beruhten. Er begehrt im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs von der Beklagten Zahlung in Höhe der von ihm beglichenen Gesamtforderung. Er ist der Auffassung, im Innenverhältnis habe allein die Beklagte für die Schuld aufzukommen. Diese ist der Klage entgegengetreten. Die Vorinstanzen haben die Forderung abgewiesen. Die Revision führte zur Zurückverweisung an das OLG.

 

Entscheidung

Nach § 26b EStG zusammenveranlagte Ehegatten müssen nach § 44 Abs. 1 AO als Gesamtschuldner für die festgesetzten Steuern aufkommen. Durch die vom Kläger geleistete Zahlung sind beide Ehegatten von ihrer Steuerschuld befreit worden, da nach § 44 Abs. 2 AO die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner auch für die übrigen Schuldner wirkt.

Im Innenverhältnis besteht nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB zwischen Gesamtschuldnern eine Ausgleichspflicht. Danach haften sie im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Eine solche abweichende Bestimmung kann sich aus dem Gesetz, einer Vereinbarung, dem Inhalt und Zweck des Rechtsverhältnisses oder der Natur der Sache, mithin aus der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens ergeben[1].

Hier waren weder ausdrückliche noch konkludente[2] Vereinbarungen der Beteiligten zu erkennen. Eine Regelung kann sich aber auch aus den güterrechtlichen Beziehungen der Ehegatten ergeben. Da im Verhältnis zueinander jeder von ihnen für die auf seine Einkünfte entfallende Steuer selbst aufzukommen hat, steht ihm ein Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen zu, wenn er die Steuerschuld des anderen begleicht. Bei der Aufteilung der Steuerschuld zusammenveranlagter Ehegatten ist deshalb die Höhe der beiderseitigen, der Schuld zugrunde liegenden Einkünfte zu berücksichtigen.

 

Praxishinweis

Die Frage, auf welche Weise dies zu geschehen hat, hat der BGH bisher nicht beantwortet. Nach Meinung des Senats sind die Steuerschuld und die sich hieraus ergebenden Erstattungs- bzw. Nachzahlungsansprüche unter analoger Anwendung des § 270 AO auf der Grundlage fiktiver getrennter Veranlagungen der Ehegatten zu ermitteln. Dieses Vorgehen führt zu einem einkommensteuerkonformen Ergebnis, weil es die konkrete steuerliche Situation der Ehegatten berücksichtigt[3]. Im Verhältnis der Ehegatten zueinander muss so jeder für die Steuer aufkommen, die auf seine Einkünfte entfällt. Dies gilt für Steuererstattungen und -nachforderungen, und zwar unabhängig davon, ob letztere erstmals oder nachträglich festgesetzt worden sind. Denn in allen Fällen geht es um die Steuerschuld, die die Ehegatten jeweils zu tragen haben.

Das OLG muss die jeweiligen Anteile an den Steuernachforderungen, die auf die Beteiligten im Innenverhältnis entfallen, auf der Basis des § 270 AO ermitteln.

 

Link zur Entscheidung

BGH-Urteil vom 31.5.2006, XII ZR 111/03

[2] Sie könnten z.B. vorliegen, wenn es ständiger Übung der Ehegatten entsprochen hätte, dass Steuerschulden von einem von ihnen beglichen wurden
[3] So auch die überwiegende Meinung in der Literatur; vgl. nur Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., München 2006, § 426 Rz. 9c m.w.N.

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