Leitsatz

Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt auch dann bestehen kann, wenn die Differenz der Einkünfte der Parteien nur gering ist.

 

Sachverhalt

Geschiedene Eheleute stritten um den nachehelichen Unterhalt. Sie hatten im Jahre 1984 geheiratet und lebten seit Juli 2004 voneinander getrennt. Die Ehe wurde im April 2006 geschieden.

Aus der Ehe waren drei in den Jahren 1984, 1987 und 1991 geborene Kinder hervorgegangen.

Das Einkommen beider Parteien war zwischen ihnen streitig. Der Beklagte war vollschichtig beschäftigt und hatte nach den von ihm vorgelegten Unterlagen im Jahre 2007 ein Jahresnettoeinkommen von 26.298,30 EUR erzielt.

Die Klägerin hatte nur geringes Einkommen. Sie war in der Zeit von März 2007 bis Dezember 2007 aushilfsweise als Küchenhilfe tätig. Anschließend war sie bis Oktober 2008 arbeitslos und danach als Teilzeitkraft bei einem Fitnesscenter beschäftigt. Aus dieser Tätigkeit erzielte sie monatlich 336,00 EUR. Ab Januar 2009 übte die Klägerin eine nahezu Halbtagstätigkeit bei einem Postvertriebsversand aus und erzielte hieraus monatliche Nettoeinkünfte von 475,40 EUR. Hinzu kamen geringe Einkünfte als Fußpflegerin von 280,00 EUR.

Die Parteien stritten sich über den Umfang der Erwerbsobliegenheit der Klägerin, die anführte, wegen ihres Alters habe sie keine Aussicht auf eine vollschichtige Berufstätigkeit. Höheres Einkommen als bei dem Postvertriebsversand sei für sie nicht erzielbar. Dieses Einkommen entspreche im Übrigen zusammen mit der selbständigen Tätigkeit als Fußpflegerin nahezu einer vollschichtigen Tätigkeit.

Erstinstanzlich wurde der Beklagte verurteilt, an die Klägerin nachehelichen Unterhalt von monatlich 161,00 EUR zu leisten. Seine Unterhaltsverpflichtung wurde bis zum Ablauf des 31.12.2016 befristet. Die weitergehende Klage wurde abgewiesen.

Gegen das erstinstanzliche Urteil legte der Beklagte Berufung ein, mit der er seinen Klageabweisungsantrag weiter verfolgte.

Das Rechtsmittel erwies sich als teilweise begründet.

 

Entscheidung

Das OLG kam zu dem Ergebnis, für die Zeit von Juli bis Dezember 2008 habe es bei der Berechnung des erstinstanzlichen Urteils zu verbleiben. Ab Januar 2009 reduziere sich die Unterhaltsverpflichtung des Beklagten auf Leistung nachehelichen Unterhalts nach § 1573 Abs. 2 BGB auf einen Betrag von monatlich 63,00 EUR.

Ebenso wie das erstinstanzliche Gericht vertrat das OLG die Auffassung, dass die von der Klägerin nachgewiesenen Bemühungen ihrer Erwerbsobliegenheit nicht genügten. Die von ihr vorgelegten Bewerbungen seien schon deshalb unzureichend, da lediglich drei Bewerbungen im Monat den Erfordernissen einer ausreichenden Erwerbsobliegenheit nicht genügten. Hinzu kämen erhebliche zeitliche Lücken in den nachgewiesenen Bewerbungsbemühungen der Klägerin. Sie habe nicht nachgewiesen, dass sie kein Einkommen als Küchenhilfe mehr erzielen könne und insoweit keine reale Beschäftigungschance habe. Das OLG legte daher aufseiten der Klägerin fiktives Einkommen nach den Tarifverträgen für das Hotel- und Gaststättengewerbe zugrunde. Insgesamt könne sie ein Nettoeinkommen von 950,00 EUR erzielen. Nach Abzug des Erwerbstätigenbonus von 95,00 EUR und der Hinzurechnung ebenfalls des hälftigen Mieteinkommens von 140,00 EUR für die Eigentumswohnung ergebe sich ein anzunehmendes fiktives Einkommen von 995,00 EUR.

Ausgehend von den Einkommensverhältnissen des Beklagten ergebe sich für 2008 der von dem erstinstanzlichen Gericht errechnete Anspruch auf Ehegattenunterhalt von 161,00 EUR.

Im Hinblick auf seine Einkommensreduktion im Jahre 2009 sehe die Unterhaltsberechnung ab Januar 2009 jedoch anders aus. Hier ergebe sich zwischen den Einkünften der Parteien lediglich eine Differenz von 125,00 EUR, mithin aufgerundet auf volle Euro eine Unterhaltsverpflichtung von 63,00 EUR monatlich. Nur in diesem Umfang sei der Beklagte ab Januar 2009 zur Leistung von Unterhalt zu verurteilen.

Das OLG hielt den Beklagten entgegen der von ihm vertretenen Auffassung für verpflichtet, einen Ehegattenunterhalt in diesem geringeren Umfang zu leisten. Die von ihm eingewandte "Bagatellgrenze" beim Aufstockungsunterhalt komme vorliegend nicht zum Tragen. Tatsächlich sei nur ein nicht ganz geringfügiger Einkommensunterschied auszugleichen. Nach der Rechtsprechung des BGH sei jedoch schon ein Anspruch auf 82,00 EUR erheblich (BGH FamRZ 1984, 988, 990). Auch in der weiteren obergerichtlichen Rechtsprechung werde ein Mindestbetrag des Aufstockungsunterhalts von 50,00 EUR für richtig gehalten (OLG Düsseldorf, FamRZ 1996, 947; OLG München FamRZ 1997, 425).

Es komme jedoch stets auf die Umstände des Einzelfalls und die konkreten Einkommensverhältnisse der Parteien an. Insoweit müsse bei knappen Verhältnissen durchaus auch mit geringeren Beträgen gerechnet werden. Vor diesem Hintergrund hielt das OLG eine Verpflichtung von 63,00 EUR monatlich für durchaus entscheidungserheblich.

Im Übrigen beschäftigte sich das OLG in seiner Entscheidung mit der Frage der Befristung und h...

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