Leitsatz

  1. Auf Anregung eines Beschlussanfechtungsklägers muss in Zukunft das Gericht einer beigeladenen Verwaltung aufgeben, eine aktuelle Namens- und Anschriftenliste aller Eigentümer vorzulegen
  2. Die gerichtliche Anordnung ist nach Fristablauf ggf. mit Ordnungsmitteln durchzusetzen
 

Normenkette

§§ 44, 46 WEG; §§ 142, 390 ZPO

 

Kommentar

  1. In einer Beschlussanfechtungsklageschrift erfolgte klägerseits Aufforderung an den Verwalter, eine aktuelle Liste aller Wohnungseigentümer vorzulegen; zugleich wurde beantragt, der Verwaltung seitens des Gerichts die Vorlage gemäß § 142 Abs. 1 ZPO aufzugeben. Das Amtsgericht forderte daraufhin auch die Verwaltung entsprechend auf, allerdings ohne Erfolg; auch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung lag noch keine Liste vor. Während die Klage beim Amtsgericht Erfolg hatte, wurde sie in der Berufungsinstanz vom Landgericht als unzulässig abgewiesen. Die klägerische Revision führte demgegenüber zum Erfolg und zur Zurückverweisung der Sache zum Zweck neuer Verhandlung und Entscheidung in der Sache selbst.
  2. Mit den gesetzlichen Neuregelungen in §§ 44 und 46 WEG wollte der Gesetzgeber im Rahmen der ohnehin kurzen Fristen Anfechtungsklagen hinsichtlich prozessualer Formalien nicht über Gebühr erschweren. So entschied der BGH mit Urteil vom 4.3.2011 (V ZR 190/10), dass die Eigentümerliste mit Namen und ladungsfähigen Anschriften spätestens bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorgelegt werden könne; insoweit dürfe der Kläger auch auf eine Liste Bezug nehmen, welche von der Gegenseite vorgelegt worden sei; eine solche Bezugnahme könne auch stillschweigend erfolgen (BGH, Urteil v. 20.5.2011, V ZR 99/10). Die fehlende Bezeichnung einzelner Wohnungseigentümer könne sogar noch im Berufungsrechtszug nachgeholt werden, sollten ladungsfähige Anschriften bisher gefehlt haben. Nachfolgend wurde gleiches Ergebnis sogar für unterbliebene namentliche Bezeichnung entschieden, und zwar unter Hinweis auf allein deklaratorische Bedeutung der Eigentümerliste (vgl. BGH, Urteil v. 8.7.2011, V ZR 34/11 und BGH, Urteil v. 28.10.2011, V ZR 39/11). Zulässigkeitsmängel wurden insoweit geheilt, wobei sich allerdings eine verspätete Listenvorlage im Einzelfall gemäß § 97 Abs. 2 ZPO auf eine Kostenentscheidung auswirken könne.
  3. Vorliegend wurde der Zulässigkeitsmangel im Übrigen in der Berufungsinstanz geheilt, da hier der Kläger mit seiner Berufungserwiderung eine Liste aus einem anderen Rechtsstreit vorgelegt hatte, deren Richtigkeit auch die Beklagten nicht angezweifelt hatten.

    Überdies hatte der Kläger bereits in 1. Instanz im Rahmen eigener prozessualer Obliegenheiten beantragt, der Verwaltung die Vorlage der Liste aufzugeben.

  4. Zwar ist es grundsätzlich Sache des Klägers, im Rahmen ordnungsgemäßer Klageerhebung die Eigentümerliste einzureichen. Gleichwohl muss jedoch das Gericht – wie hier ohne Erfolg geschehen – auf dessen Anregung hin tätig werden und der Verwaltung die Vorlage der Liste unter Fristsetzung aufgeben; dies folgt aus § 142 Abs. 1 ZPO analog (die Frage war bisher in Literatur und Rechtsprechung höchst umstritten). Insoweit handelt es sich im Kern um eine prozessuale Auskunft, nicht die Vorlage einer bestehenden Urkunde. Aber auch hier ist aufgrund bisher nach Gesetz bestehender planwidriger Regelungslücke analoge Anwendung des § 142 Abs. 1 ZPO geboten. Jedenfalls ein Kläger hat in einem solchen Fall nicht notwendige Angaben endgültig und grundlos im Sinne der Gesetzesbegründung zu § 44 WEG verweigert. Einem Verwalter sind auch regelmäßig die aktuellen Eigentümerdaten bekannt, sodass ein Kläger in der Regel auf Auskünfte des Verwalters angewiesen ist. Aus dem Grundbuch und den Grundakten müssen nicht unbedingt ladungsfähige Anschriften hervorgehen, zumal sich Eigentümerwechsel auch außerhalb des Grundbuchs vollziehen können. Zur Vermeidung weiterer Rechtsstreite (ggf. auch über einstweilige Verfügungsverfahren) besteht praktisches Bedürfnis, die Vorlage der Liste durch den Verwalter herbeizuführen. Voraussetzung der analogen Anwendung des § 142 Abs. 1 ZPO ist allerdings die Pflicht des Klägers, sich auf die Vorlage der Liste durch den Verwalter zu beziehen; förmliche Antragstellung ist nicht erforderlich.
  5. Für die Entscheidung des Gerichts besteht insoweit im Regelfall kein Ermessensspielraum, zumal sich die Vorlagepflichten des Verwalters auch gegenüber einzelnen Eigentümern meist aus bestehendem Verwaltervertrag ergeben dürften (vgl. Timme/Elzer, WEG, § 44 Rn. 25; Drasdo, NZM 2009, S. 724). Ohnehin ist ein Verwalter durch Beiladung am Verfahren zu beteiligen (§ 48 Abs. 1 Satz 2 WEG). In der Regel ist er auch Zustellungsvertreter der Eigentümer. Aus diesen Gründen bedarf es keiner vorausgehenden außergerichtlichen Aufforderung. Die gerichtliche Anordnung kann bereits mit Klagezustellung erfolgen.

    Kommt der Verwalter einer solchen Anordnung nicht innerhalb gesetzter Frist nach, ist er dazu mit Ordnungsmitteln anzuhalten (§ 142 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 390 ZPO analog).

Anmerkung

Diese neuerliche Gr...

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