Leitsatz

Die Parteien - die minderjährige Mutter eines am 7.8.2004 geborenen Kindes als Beschwerdeführerin und der Amtsvormund des Kindes als Beschwerdegegnerin - stritten sich um das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den Säugling, der bei Pflegeeltern lebte.

 

Sachverhalt

Das betroffene Kind A. wurde am 7.8.2004 von der am 2.10.1987 geborenen Beschwerdeführerin geboren. Sie ist das Kind geschiedener Eheleute, die die elterliche Sorge für die Kindesmutter gemeinsam ausüben. Die Beschwerdeführerin lebt seit Januar 2005 mit dem Vater des Kindes A. zusammen. Zuvor wohnte sie im Haushalt ihres Vaters und der Großmutter.

Das am 7.8.2004 geborene Kind lebt bei Pflegeeltern. Die Beschwerdeführerin und die Beschwerdegegnerin regelten die Unterbringung vor der Geburt des Kindes einverständlich. Die Beschwerdegegnerin ist Amtsvormund des Kindes gem. § 1791c BGB. Im Vorfeld noch vor der Geburt vereinbarten die Pflegeeltern und die Beschwerdeführerin einen täglich 1 1/2- bis 2-stündigen Umgang. Auch dem Kindesvater wurde ein 14-tägiges Besuchsrecht am Wochenende zusammen mit der Beschwerdeführerin zugesagt. In der Folgezeit wurde dieser Umgang einverständlich zwischen der Beschwerdeführerin und den Pflegeeltern reduziert. Auch dieser reduzierte Umgang fand nur unregelmäßig statt. Die Beschwerdeführerin besucht die Sonderschule. Bis August 2002 hatte sie in dem Haushalt ihrer Mutter gelebt, die erhebliche Probleme mit ihrer Tochter hatte, die Auffälligkeiten im delinquenten Bereich gezeigt hatte, durch übermäßigen Alkoholkonsum aufgefallen war und sich außerdem mit Suizidgedanken trug. Ferner gab sie gegenüber dem Jugendamt an, von dem Vater ihrer Mutter, ihrem Großvater, sexuell missbraucht worden zu sein. Die Beschwerdeführerin wechselte dann in den Haushalt ihres Vaters und ihrer Großmutter. Ab Februar 2003 wurde der Beschwerdeführerin ein Erziehungsbeistand zur Seite gestellt. Diese Beistandschaft wurde auf Wunsch der Beschwerdeführerin im Oktober 2004 beendet. Die Beschwerdeführerin kam seither ihrer Schulpflicht nur unregelmäßig nach. Ihre eigene Mutter besucht sie nur unregelmäßig. Der Kindesvater ist arbeitslos. Die Mutter der Beschwerdeführerin hat bis Januar 2005 eine Umschulung zur Bürokauffrau absolviert und arbeitet zwei Nächte in der Woche als Bedienung in einer Szenekneipe. Am 12.8.2004 beantragte die Beschwerdeführerin in Begleitung ihrer Mutter, die Vormundschaft für das Kind A. auf ihre Mutter zu übertragen. Sie beabsichtige, in deren Haushalt mit ihrem Kind zu wohnen. Der Amtsvormund als Beschwerdegegner beantragte, der Beschwerdeführerin das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu entziehen.

Das AG entsprach dem Antrag der Beschwerdegegnerin und entzog der Kindesmutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind A. und übertrug es auf das Jugendamt als Aufenthaltsbestimmungspfleger.

Gegen diesen Beschluss hat die Beschwerdeführerin Beschwerde eingelegt, die im Ergebnis ohne Erfolg war.

 

Entscheidung

Nach Anhörung der Beteiligten, des Kindesvaters, der Eltern der Beschwerdeführerin sowie der Pflegeeltern und die früheren Erziehungsbeistandes der Beschwerdeführerin kam das OLG zu dem Ergebnis, der Beschwerdeführerin sei zu Recht das Aufenthaltsbestimmungsrecht gem. § 1666 BGB entzogen und das Jugendamt gem. § 1697 BGB als Aufenthaltsbestimmungspfleger bestimmt worden. Der Erlass einer Verbleibensanordnung gem. § 1632 Abs. 4 BGB sei nicht in Betracht gekommen, da der Anwendungsbereich dieser Vorschrift nicht eröffnet worden sei.

Das Aufenthaltsbestimmungsrecht war der Beschwerdeführerin zu entziehen, da bei Durchsetzung ihres nach § 1673 Abs. 2 S. 3 BGB gegenüber dem Amtsvormund vorrangigen Willens das Wohl ihres Kindes A. gefährdet würde. Nach Auffassung des OLG ist sie derzeit ohne Gefährdung des Kindeswohls noch nicht fähig und in der Lage, das Kind alleine zu versorgen und zu betreuen. Dies habe sich aus der Anhörung ergeben. Nach Aussagen des früheren Erziehungsbeistandes ist die Beschwerdeführerin derzeit noch nicht einmal in der Lage, ihr Leben ohne das Kind zu ordnen. Sie bedürfe ständiger Anstöße und Kontrollen, damit sie das Nötigste erledige. Sie sei auf selbst auf unterstützende Hilfe angewiesen und den alltagspraktischen Anforderungen nicht gewachsen. Ihr Verhalten wirke sich auch auf den Umgang mit ihrem Kind aus, dem gegenüber sie sich sehr passiv verhalte. Ihr Desinteresse ihm gegenüber verdeutliche ihre Überforderung mit der Erziehung des Kindes. Trotz des Wunsches, das Kind zu sich nehmen zu wollen, habe sie nur sehr eingeschränkten Umgang mit ihrem Kind praktiziert. Sie tue nichts, um eine Bindung zu dem Kind aufzubauen.

Angesichts dieses Verhaltens könne von einer Erziehungsfähigkeit der Mutter nicht ausgegangen werden. Es bestehe die konkrete Gefahr der Unterversorgung des Kindes, sowohl körperlich als auch im geistig-seelischen Bereich. Dieser Gefährdung könne auch nicht durch andere Maßnahmen als einer Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts begegnet werden.

 

Link zur Entscheidung

OLG Koblenz, Besc...

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