Leitsatz

Stellenanzeigen mit der Überschrift "Geschäftsführer gesucht" verstoßen gegen das Benachteiligungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Das ist nur abzubiegen, wenn der männliche Begriff im weiteren Kontext re­­lativiert wird. Sonst kann entnommen werden, weibliche Bewerberinnen wären nicht erwünscht. Folge: Abgewiesen Frauen haben gute Karten in Sachen Schadensersatz.

 

Sachverhalt

So sah die Stellenanzeige aus: “Geschäftsführer

im Mandantenauftrag zum nächstmöglichen Eintrittstermin gesucht für mittelständisches … Unternehmen mit Sitz im Raum Karlsruhe. Fähigkeiten in Akquisition sowie Finanz- und Rechnungswesen sind erforderlich, Erfahrungen in Führungspositionen erwünscht. Frühere Tätigkeiten in der Branche nicht notwendig…”

Nachdem eine entsprechend berufserfahrene Bewerberin mit ihrer Bewerbung nicht berücksichtigt worden war, meldete sie umgehend Entschädigungsansprüche von 25.000 EUR an und begehrte Auskunft über den Auftraggeber der Stellenanzeige. Die Klage der Abgewiesenen gegen das ausschreibende Unternehmen auf Entschädigung wegen geschlechtsbezogener Benachteiligung im Bewerbungsverfahren wurde vom LG Karlsruhe zurückgewiesen, die Berufung zum OLG Karlsruhe hatte aber teilweise Erfolg.

Das OLG befand, dass die Stellenausschreibung gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG verstößt. Aufgrund dieses Verbots dürfe nicht nach männlichen oder weiblichen Kandidaten gesucht werden. Geschlechtsneutral sei eine Ausschreibung nur formuliert, wenn sie sich in ihrer gesamten Ausdrucksweise sowohl an Frauen als auch an Männer richte. Dem sei jedenfalls Rechnung getragen, wenn die Berufsbezeichnung in männlicher und weiblicher Form verwendet oder ein geschlechtsneutraler Oberbegriff gewählt werde.

Diesen Vorgaben genüge die Stellenausschreibung hier nicht, da der Begriff "Geschäftsführer"eindeutig männlich sei und weder durch den Zusatz "/in" noch durch die Ergänzung "m/w" erweitert werde. Dieser männliche Begriff werde auch im weiteren Kontext der Anzeige nicht relativiert. Das AGG selbst spreche dagegen ausdrücklich von "Geschäftsführern und Geschäftsführerinnen".

Dass die Stellenanzeige nicht von dem beklagten Unternehmen, sondern von der Rechtsanwaltskanzlei formuliert worden sei, änderte nichts. Bedient sich der Arbeitgeber zur Stellenausschreibung eines Dritten, so sei ihm dessen Verhalten in aller Regel zuzurechnen. Den Arbeitgeber treffe die Sorgfaltspflicht, die Ordnungsgemäßheit der Ausschreibung zu überwachen.

Diese nicht geschlechtsneutrale Stellenausschreibung führt nach § 22 AGG dazu, dass eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermutet wird und deshalb das ausschreibende Unternehmen nachweisen muss, dass die Klägerin nicht wegen ihres Geschlechts benachteiligt worden sei, ihr Geschlecht also bei der Auswahl überhaupt keine Rolle gespielt habe.

Eine Benachteiligung ist nur ausgeschlossen, wenn die Bewerbung subjektiv nicht ernst gemeint, sondern ausschließlich auf Erlangung einer Entschädigung ist. Dafür muss es aber Indizien geben. Das ist z.B. der Fall, wenn die Bewerberin für die Stelle völlig ungeeignet oder über- bzw. unterqualifiziert gewesen wäre. Die Bewerberin hatte deshalb einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG im Umfang eines Monatsgehaltes (13.000,00 EUR).

 

Link zur Entscheidung

OLG Karlsruhe, Urteil v. 13.9.2011, 17 U 99/10.

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