Leitsatz

Eine AGB in einem Wohnraummietvertrag von 1972, die Kaution werde nicht verzinst, ist treuwidrig und daher unwirksam. Der Vermieter muss daher den üblicherweise anfallenden Zinsbetrag leisten. Die Kaution soll ihm keine Einkünfte, sondern nur Sicherheit bieten. Handschriftliche Zusätze können, bei vielen Verträgen eingefügt, AGB sein.

 

Sachverhalt

Vermieter und Mieter haben 1972 einen Mietvertrag über eine Wohnung geschlossen. Der Mieter leistete seinerzeit eine Kaution von 2.000 DM. Im Mietvertrag ist vereinbart, dass die Kaution unverzinslich gewährt werden soll. Diese Klausel hatte der Vermieter handschriftlich in den Vertrag eingefügt, ebenso wie in 15 weitere Mietverträge. Erst im März 2009 legte der Vermieter die Kaution bei einer Sparkasse auf einem Mietkautionskonto an. Der Mieter verlangt vom Vermieter, dass dieser auf das Kautionskonto den Betrag einzahlt, der zwischen 1972 und der tatsächlichen Anlage der Kaution als Zinsen angefallenen wäre: 1348,83 EUR. Das Gericht gibt dem Mieter Recht. Der Vermieter muss das Kautionskonto um den Betrag aufstocken, der zwischen 1972 und der Anlage der Kaution als Zinsen angefallen wäre.

Die mietvertragliche Vereinbarung, dass die Kaution zinslos gewährt sein soll, ist unwirksam. Auch wenn der Verzinsungsausschluss handschriftlich eingetragen ist, handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, weil der Vermieter die Klausel in mehrere Mietverträge aufgenommen hat. Die Vereinbarung verstößt gegen § 9 AGBG. Dieses ist zwar erst 1977 in Kraft getreten, erstreckt sich aber auch auf Mietverträge, die vorher abgeschlossen worden waren.

Der Ausschluss der Verzinsung benachteiligt den Mieter nach Treu und Glauben. Nach einem Rechtsentscheid des BGH von 1982 erfordern es Treu und Glauben, dass die Kaution verzinst wird. Die Kaution soll nicht dazu dienen, dem Vermieter Einkünfte zu verschaffen, sondern als Sicherheit. Der Mieter hat wegen der Geldentwertung ein Interesse, dass sich die Kaution durch die Zinsen stetig erhöht. An die Stelle der nichtigen Regelung tritt im Weg der ergänzenden Vertragsauslegung eine Pflicht zur Verzinsung, die ihren Rechtsgrund im Vertrag hat. Die Zinsen wachsen der Kaution zu. Der Anspruch besteht unabhängig davon, ob die Kaution tatsächlich auf einem Sparbuch mit gesetzlicher Kündigungsfrist angelegt worden ist, mindestens in Höhe der bei dieser Anlageform zu erzielenden Zinsen.

 

Link zur Entscheidung

LG Lübeck, Urteil vom 22.07.2010, 14 S 59/10.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge