Leitsatz

Bei der Bestellung des Verwalters haben die Wohnungseigentümer wie bei der Abberufung einen Beurteilungsspielraum. Zum Verwalter einer WEG darf unabhängig von der Rechtsform nur bestellt werden, wer über ausreichende finanzielle Mittel verfügt und ausreichende Sicherheit im Haftungsfall bietet. Besteht bei objektiver Betrachtung Anlass, die Bonität des künftigen Verwalters zu prüfen, müssen die Eigentümer die Bestellung zurückstellen, bis sie Unterlagen oder andere Erkenntnisse haben, die eine entsprechende Entscheidung erlauben.

 

Fakten:

Die Eigentümer haben nicht nur einen Anspruch darauf, dass die Tätigkeit der Verwaltung den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, sondern auch darauf, dass der Verwalter selbst diesen Anforderungen genügt. Die Eigentümer haben insoweit einen entsprechenden Beurteilungsspielraum. Die Bestellung des Verwalters widerspricht diesen Grundsätzen erst, wenn die Eigentümer ihren Beurteilungsspielraum überschreiten, es also objektiv nicht mehr vertretbar erscheint, dass sie den Verwalter ungeachtet der gegen ihn sprechenden Umstände bestellen.

Vorliegend hatten die Eigentümer ihren Beurteilungsspielraum überschritten. Das jedoch lag noch nicht daran, dass die bestellte Verwalterin eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft ist. Ob der vorgesehene Verwalter seine Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt, bestimmt sich nicht nach der Rechtsform, sondern nach den finanziellen Mitteln, über die er verfügt. Eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft kann auch bei einem sehr niedrig angesetzten Stammkapital eine ausreichende Bonität haben. Diese Bonität kann bei einem Einzelkaufmann, der nicht über ausreichendes Vermögen oder über Sicherheiten verfügt, ebenso fehlen wie bei einer "normalen" GmbH, deren Bestellung als Verwalter aber nicht schon an der Rechtsform scheitert.

Vorliegend war allerdings nicht geklärt, ob die Unternehmergesellschaft über die notwendigen finanziellen Mittel verfügte. Wie sich die Eigentümer Gewissheit verschaffen, ob das als Verwalter in Aussicht genommene Unternehmen diesen inhaltlichen Anforderungen genügt, bestimmen sie im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums selbst. Sie sind deshalb einerseits nicht gezwungen, stets einen Bonitätsnachweis einzuholen. Die Eigentümer dürfen andererseits ein Unternehmen nicht aufs Geratewohl bestellen und sich über Zweifel an der Bonität ohne Weiteres hinwegsetzen. Besteht bei objektiver Betrachtung begründeter Anlass, die Bonität des als Verwalter vorgesehenen Unternehmens gleich welcher Rechtsform zu prüfen, halten sich die Eigentümer im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums nur, wenn sie diese Frage klären und ihre Entscheidung über die Bestellung auf einer Tatsachengrundlage (Unterlagen, andere Erkenntnisse) treffen, die eine nachhaltig ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung erwarten lässt.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 22.06.2012, V ZR 190/11BGH, Urteil vom 22.6.2012 – V ZR 190/11

Fazit:

Die Entscheidung verdeutlicht, dass es nicht darauf ankommt, in welcher Rechtsform der Verwalter seine Dienste anbietet und erbringt, sondern dass er wirtschaftlich leistungsfähig ist. Nach wie vor kann allerdings eine GbR nicht zur Verwalterin bestellt werden.

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