Leitsatz

Arzneimittel dürfen gegenüber Laien nicht mit Testurteilen beworben werden, das verbietet das Gesetz über die Werbung auf dem Gebiet des Heilwesens.

 

Sachverhalt

Der Hersteller pries auf seiner Homepage unter Angabe des Logos der Stiftung sein Produkt an. Die Stiftung Warentest hatte sein Mittel gegen die juckenden Parasiten in einem Testverfahren als "geeignet" eingestuft. Ein Mitbewerber, der von der Stiftung nur ein "geeignet mit Einschränkungen" für sein Anti-Laus-Produkt erhalten hatte, sah die Werbung im Internet und reichte nach einer Abmahnung eine wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklage ein.

Vor Gericht erhielt der werbende Hersteller dann die Antwort auf die eingangs gestellte Frage: Ein Siegel der Stiftung Warentest auf Arzneimitteln ist wettbewerbsrechtlich unzulässig. Es gilt als Empfehlung nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 HWG (Gesetz über die Werbung auf dem Gebiet des Heilwesens), also als ein Hinweis, dass das Produkt von fachlicher Seite als therapeutisch geeignet angesehen wird. Ein solcher Hinweis ist bei Arzneimitteln zum Schutz von Verbrauchern jedoch verboten. Nach dieser Vorschrift darf für Arzneimittel außerhalb der Fachkreise nicht mit Angaben geworben werden, dass sie ärztlich, zahnärztlich, tierärztlich oder anderweitig fachlich empfohlen oder geprüft sind oder angewendet werden.

Der verklagte Hersteller berief sich vor Gericht darauf, dass durch die Werbung schließlich niemand konkret gefährdet worden sei, was der § 11 Abs. 1 Nr. 2 HWG als konkreter Gefährdungstatbestand aber voraussetze. Das OLG blieb auch in dieser Frage hart. Die Richter stiegen hierzu ins Europarecht ein:

Bei richtlinienkonformer Auslegung des § 11 Abs. 1 Nr. 2 HWG in Verbindung mit Art. 90 lit. f) der Richtlinie 2001/83/EG darf ein Arzneimittel auch dann nicht mit einer Empfehlung beworben werden, wenn die Werbung keine (auch nur mittelbare) Gesundheitsgefährdung verursacht. Im durch die Richtlinie 2001/83/EG gemeinschaftsrechlich vollharmonisierten Bereich der Arzneimittelwerbung sei für eine nach Maßgabe des Art. 12 Abs. 1 GG vorgenommene verfassungskonforme Auslegung des § 11 Abs. 1 Nr. 2 HWG als konkreter Gefährdungstatbestand kein Raum. Die Auslegung des § 11 Abs. 1 Nr. 2 HWG als konkreter, sondern als abstrakter Gefährdungstatbestand sei mit dem gemäß Art. 6 Abs. 2 EUV verbindlichen höherrangigen Gemeinschaftsrecht – insbesondere dem europarechtlichen Grundrecht der Berufsfreiheit sowie dem Recht auf freie Meinungsäußerung nach Art. 10 EMRK – vereinbar.

 

Link zur Entscheidung

OLG Hamburg, Urteil v. 30.6.2009, 3 U 13/09.

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