Das Urteil ist rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verschulden des Arbeitnehmers an einer Arbeitsunfähigkeit durch einen Hundebiß

 

Leitsatz (amtlich)

Streichelt ein Arbeitnehmer einen Hund, obwohl er vom Hundehalter davor gewarnt und auf die Bissigkeit des Hundes hingewiesen worden war, handelt er schuldhaft im Sinne des § 3 EntFG mit der Folge, daß er den Anspruch auf Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber verliert.

 

Normenkette

EntFG § 3

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.450,– DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger war bei der Beklagten als Getränkeauslieferer beschäftigt. Am Abend des ersten Arbeitstages, am 6.10.1994, wurde der Kläger von einem der Beklagten gehörenden Hund gebissen und war daraufhin arbeitsunfähig erkrankt.

Mit der vorliegenden Klage fordert der Kläger die von der Beklagten verweigerte Lohnfortzahlung.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zur Zahlung von 1.450,– DM brutto zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält das Verhalten des Klägers für grobfahrlässig; denn er sei zuvor vom Zeugen … darauf hingewiesen worden, daß der Hund bissig sei und deshalb nicht gestreichelt werden dürfe.

Wegen weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beklagten verwiesen.

Es ist eine Auskunft des Zeugen … eingeholt worden. Diese hatte folgendes Ergebnis:

Ich wurde von Herrn … gefragt, ob er den Hund streicheln kann. Daraufhin habe ich gesagt, nein, der Hund sei bissig, da ich den Hund an der Leine hatte, habe ich nicht darauf geachtet. Herr … hatte gesagt, ihn hätte noch nie ein Hund gebissen, er streichelte ihm über den Kopf und dann über das Fell, so schnell konnte ich das gar nicht mitbekommen, schon hatte der Hund ihn am Arm und hatte zugebissen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage konnte keinen Erfolg haben.

Nach § 3 EntgFG vom 26.5.1994 (BGBl. 1994, 1014) hat ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts, wenn er infolge Krankheit an der Arbeitsleistung gehindert ist und ihn daran kein Verschulden trifft. Ein Verschulden im Sinne dieser Vorschrift liegt nach ständiger Rechtsprechung der Arbeitsgerichte dann vor, wenn die Erkrankung auf einen gröblichen Verstoß gegen das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten zurückzuführen ist (BAG, AP 13, 38 zu § 1 ArbKrankhG; AP 5, 28 zu § 63 HGB; AP 8, 9, 25 zu § 1 LohnFG).

Diese Voraussetzungen sind hier gegeben; denn der Kläger hat seine … Arbeitsunfähigkeit dadurch schuldhaft herbeigeführt, indem er gegen die Warnung des Zeugen … versucht hat, den Hund der Beklagten zu streicheln. Nach dem Hinweis des Zeugen durfte sich der Kläger auch nicht darauf verlassen, daß er gut mit Hunden umgehen kann und er noch nie gebissen wurde. Vielmehr hätte er die ausdrückliche Warnung des Zeugen beachten und vom Streicheln des Hundes absehen müssen. Ein Arbeitnehmer, der sich derart unvorsichtig verhält und dann von einem Tier gebissen wird, kann von seinem Arbeitgeber nicht erwarten, daß er ihm auch noch den Lohn für die Krankheit fortzahlt.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abzuweisen.

Der Wert des Streitgegenstandes wurde gem. §§ 61 I ArbGG, 3 ZPO im Urteil festgesetzt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 940446

BB 1995, 2325

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