Tenor

1. Der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) wird im Wege der einstweiligen Verfügung bei Meidung eines Ordnungsgeldes von DM 10.000,00 für jeden Fall des Zuwiderhandlung untersagt, im Rahmen der geplanten Betriebsänderung in Form der Betriebsstillegung die Kündigungen der Arbeitnehmer … bis die Verhandlungen über einen Interessenausgleich entsprechend §§ 111 i.V.m. § 112 Abs. 1 und 2 BetrVG abgeschlossen oder gescheitert sind, längstens bis zum 01.01.1999.

2. Im übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

3. Der Beschluß ergeht gerichtskostenfrei.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligte zu 2) ist ein in der Technischen Gebäudeausrüstung im Bereich Heizung, Klima, Sanitär tätiges Unternehmen, der Beteiligte zu 1) der aus 4 Mitgliedern bestehende Betriebsrat. Die Beteiligte zu 2) beschäftigt 26 Arbeiter und Angestellte sowie 15 Auszubildende.

Mit Schreiben vom 30.10.1998 sowie in einer Besprechung vom 02.11.1998 informierte die Beteiligte zu 2) den Beteiligten zu 1) von ihrer Absicht, die gewerbliche Tätigkeit vollständig zum 30.06.1999 einzustellen und alle Arbeitnehmer zu entlassen.

Mit Schreiben vom 12.11.1998, dem Beteiligten zu 1) am 13.11.1998 zugegangen, informierte die Beteiligte zu 2) den Betriebsrat davon, daß sie beabsichtigt, vor Ende November 24 Arbeitnehmern fristgemäße Kündigungen auszusprechen und räumte dem Betriebsrat Gelegenheit zur Stellungnahme ein (Blatt 15 d.A.). Gleichzeitig wurde dem Betriebsrat ein „Entwurf eines Interessenausgleiches” sowie eine Liste mit den Sozialdaten von 24 zur Kündigung vorgesehene Arbeitnehmer übergeben (Blatt 16–20 d.A.).

Der Betriebsrat beschloß in seiner Sitzung am 13.11.1998 die Einleitung eines Beschlußverfahrens im einstweiligen Verfügungsverfahren und die Beauftragung des Prozeßbevollmächtigten.

Auf die weiteren Darlegungen in der Antragsschrift wird ergänzend Bezug genommen.

Der Beteiligte zu 1) beantragt,

  1. der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, im Rahmen der geplanten Betriebsänderung in Form der Betriebsstillegung die Kündigungen der Arbeitnehmer … auszusprechen, bis die Verhandlungen über einen Interessenausgleich entsprechend §§ 111 i.V.m. § 112 Abs. 1 und 2 BetrVG ggfs. einschließlich der Verhandlungen in der Einigungsstelle abgeschlossen oder gescheitert sind;
  2. für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Punkt 1) wird der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft zu vollziehen an den Geschäftsführern … und … angedroht.

Die Beteiligte zu 2) beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Die Beteiligte zu 2) trägt vor, der Betriebsrat sei im Gespräch am 02.11.1998 umfassend über die beabsichtigte Einstellung der gewerblichen Tätigkeit der Beteiligten zu 2) informiert worden und da der Beteiligte zu 1) weder bereit gewesen sei, den Anfang des Jahres vereinbarten Interessenausgleich für die erneute Betriebsänderung als Verhandlungsgrundlage anzusehen, noch einen eigenen Entwurf eines Interessenausgleiches vorgelegt habe, sei dem Betriebsrat der Entwurf vom 12.11.1998 überreicht und Gelegenheit gegeben worden, über Einzelheiten der Vereinbarung nachzudenken und ggfs. Vorschläge zu erarbeiten.

Wegen der Darlegungen der Beteiligten zu 2) im übrigen wird auf den Schriftsatz vom 17.11.1998 (Blatt 30, 31 d.A.) verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1.

Der Antrag auf Erlaß der begehrten einstweiligen Verfügung ist gem. §§ 2 a Abs. 1 Nr. 1, 85 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 935, 938, 940 ZPO zulässig, insbesondere ist der Antrag insoweit hinreichend bestimmt, als die zu untersagenden Kündigungen unter namentlicher Bezeichnung angegeben sind und der zeitliche Rahmen bis zum Abschluß der Verhandlungen oder dem Scheitern eines Interessenausgleiches konkret abgegrenzt ist.

2.

Der Antrag auf Erlaß der begehrten einstweiligen Verfügung ist auch begründet, Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund sind gegeben.

a)

Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus §§ 111 Satz 1 und 112 Abs. 2 und Abs. 3,2 BetrVG. Gemäß § 111 Satz 1 BetrVG hat der Unternehmer in Betrieben mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend über geplante Betriebsänderungen zu unterrichten und die Betriebsänderung mit dem Betriebsrat zu beraten. Die durch die Beteiligte zu 2) beabsichtigte Einstellung der gewerblichen Tätigkeit und Kündigung von 24 Arbeitnehmern stellt eine Betriebsänderung i.S.v. § 111 Satz 2 Nr. 1 BetrVG dar. Aus § 111 Satz 1, § 112 Abs. 2 und 3 BetrVG folgt die Verpflichtung des Arbeitgebers, über die geplante Betriebsänderung zu verhandeln und ggfs. ein Einigungsstellenverfahren einzuleiten, um eine Einigung über einen Interessenausgleich herbeizuführen, bevor er die Betriebsänderung durchführt. Dieser Verpflichtung des Arbeitgebers korrespondiert auf Seiten des Betriebsrates ein Unterrichtungs-, Beratungs- und Verhandlungsanspruch, aus dem der im einstweiligen Verfügungsverfahren durchsetzbare Anspruch auf Unterlassung von betriebsbedingten Kündigungen folgt, bis der Betriebsrat seine Vorstellungen zur Betrie...

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