Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Masseverbindlichkeit i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO bei einem Abfindungsanspruch aus einem Aufhebungsvertrag

 

Normenkette

BGB § 323 Abs. 1; InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 10.11.2011; Aktenzeichen 6 AZR 342/10)

LAG Düsseldorf (Urteil vom 19.03.2010; Aktenzeichen 9 Sa 1138/09)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Streitwert: 10.099,32 EUR

 

Tatbestand

Der Kläger war ab 02.01.1995 für die Schuldnerin – damals noch firmierend als U. G. GmbH – tätig, über deren Vermögen durch Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 01.03.2009 (AZ: ; Kopie des Beschlusses Bl. 12 f d. A.) mit Wirkung vom 11.03.2009 unter Bestellung des Beklagten zu 1 zum Insolvenzverwalter das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.

Unter dem 05.08.2008 haben die Schuldnerin und der Kläger eine Aufhebungsvereinbarung (Kopie Bl. 17 ff d. A.) geschlossen, die in ihrem § 1 Abs. 1 regelt:

Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis auf Veranlassung des Arbeitgebers aus betriebsbedingten Gründen unter Einhaltung der tariflichen Kündigungsfristen mit Ablauf des 31. März 2009 seine Beendigung findet.

§ 5 des Vertrages bestimmt sodann:

Wegen Verlust des Arbeitsplatzes erhält der Arbeitnehmer eine soziale Abfindung in Höhe von 23.900 (dreiundzwanzigtausendneunhundert) Euro brutto. Steuerrechtliche Begünstigungen (Steuervergünstigungen gem. § 24 Nr. 1 a, §§ 34, 39 b Abs. 3 Satz 9 EStG) werden berücksichtigt, sofern die steuerrechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Steuerschuldner bleibt in jedem Fall der Arbeitnehmer.

Der Abfindungsanspruch entfällt, wenn während der Restlaufzeit des Arbeitsverhältnisses ein Kündigungsgrund entsteht oder bekannt wird, der den Arbeitgeber berechtigt, das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen. Der Abfindungsanspruch entsteht zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gem. § 1 und ist mit der letzten Entgeltzahlung zu Zahlung fällig.

Der Kläger hat den Beklagten zu 1 mit Anwaltsschreiben vom 01.04.2009 (Kopie Bl. 20 f d. A.) unter Fristsetzung zum 08.04.2009 zur Zahlung der vereinbarten Abfindung aufgefordert und zugleich für den Fall eines nichtfristgerechten Zahlungseingangs seinen Rücktritt von der Aufhebungsvereinbarung angekündigt.

Mit Anwaltsschreiben vom 08.04.2009 (Kopie Bl. 22 f d. A.) hat der Kläger sodann, als Zahlung ausblieb, seinen Rücktritt erklärt.

Mit seiner am 14.04.2009 gegen den Beklagten zu 1 und mit Schriftsatz vom 01.07.2009 sodann gegen die Beklagte zu 2, den Betriebserwerber, erweiterten Klage begehrt der Kläger die Feststellung des Fortbestehens seines Arbeitsverhältnisses.

Der Kläger ist der Ansicht, sein Abfindungsanspruch sei im Hinblick darauf, dass er gem. § 5 des Aufhebungsvertrages erst bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses – und somit nach Insolvenzeröffnung – entstanden ist, als Masseanspruch anzusehen. Er sei daher gem. § 323 Abs. 1 BGB berechtigt gewesen, vom Vertrag zurückzutreten.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Aufhebungsvereinbarung vom 05.08.2009 nicht zum 31.03.2008 beendet worden ist, sondern über diesen Tag hinaus ungekündigt fortbesteht.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte zu 1 ist der Ansicht, der Abfindungsanspruch des Klägers sei, da er nicht auf einer Handlung des Insolvenzverwalters beruhe, keine Masseforderung, sondern einfach Insolvenzforderung. Die §§ 320 ff BGB fänden daher keine Anwendung. Das insolvenzrechtliche Leistungsstörungsrecht sei gegenüber dem Leistungsstörungsrecht des BGB eigenständig.

Auch der Beklagte zu 2 verweist darauf, dass seines Erachtens eine Insolvenzforderung vorliege. Die Forderung des Klägers sei mit Insolvenzeröffnung nicht mehr durchsetzbar gewesen, so dass der Kläger nicht die Möglichkeit eines Rücktritts nach § 323 Abs. 1 BGB gehabt habe.

Der Beklagte zu 2 gibt weiterhin zu Bedenken, ob ein Rücktritt unter dem Datum 08.04.2009 überhaupt angesichts der Fristsetzung bis 08.04.2009 möglich gewesen sei. Schließlich sei die gesetzte Frist erst mit Ablauf des 08.04.2009 beendet worden.

Schließlich weist der Beklagte darauf hin, dass, sollte eine Rücktrittsmöglichkeit bejaht werden, die Parteien durch Abschluss der Aufhebungsvereinbarung ein Rücktrittsrecht konkludent abbedungen hätten. Bzgl. der weiteren Ausführung des Beklagten zu 2 hierzu wird auf deren Schriftsatz vom 31.08.2009 S. 5 ff (Bl. 77 f d. A.) verwiesen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und den übrigen Akteninhalt, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, ergänzend Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers hat entsprechend der Regelung in § 1 des Aufhebungsvertrages vom 05.08.2008 mit Ablauf des 31.03.2009 sein Ende gefunden. Der Kläger hatte keine Möglichkeit, von diesem Vertrag zurückzutreten.

Entgegen der Ansic...

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