Entscheidungsstichwort (Thema)

einstweilige Verfügung. Unterlassung von Kündigungen

 

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Der Beteiligte zu 1) und Antragsteller (Ast.) begehrt mit dem am 18.10.2002 eingereichten Antrag den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der der Beteiligten zu 2) und Antragsgegnerin (Agg.) zum einen aufgegeben werden soll, den Ast. umfassend und unverzüglich anhand von Unterlagen über die beabsichtigten Entlassungen, die Ausgliederung der Ferrit-Abteilung sowie den Verkauf des Lagers zu unterrichten, zum anderen der Agg. untersagt werden soll, im Rahmen der geplanten Betriebsänderung in Form von Teilstil Liegung und Personalabbau personelle Maßnahmen wie Kündigungen, Änderungskündigungen, Versetzungen oder Aufhebungsverträge auf Veranlassung des Arbeitgebers durchzuführen, bis die Unterrichtung und Beratung gem. § 111 BetrVG abgeschlossen und die Verhandlungen eines Interessenausgleichs gescheitert sei(en).

Er trägt hierzu – unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung des Betriebsratsvorsitzenden zur Glaubhaftmachung – vor, die Agg. habe auf einer Betriebsversammlung am 15.10.2002 die Belegschaft und den Betriebsrat über die wirtschaftliche Zukunft des Betriebes und die von der Gesellschaft gefassten Beschlüsse zum Personalabbau von bis zu 200 Arbeitnehmern, die Auslagerung der Ferrit-Abteilung und den Verkauf des Lagers unterrichtet. Der Wirtschaftsausschuss sei am 17.10.2002 über die beabsichtigten Maßnahmen gem. § 106 BetrVG informiert worden.

Am selben Tag seien dem Betriebsratsvorsitzenden die Anhörungsformulare gem. § 102 BetrVG für 170 beabsichtigte Kündigungen übergeben worden. Dagegen seien ihm bisher weder Unterlagen zur unternehmerischen Entscheidung noch der Entwurf eines Interessenausgleichs zugeleitet worden.

Durch dieses Vorgehen der Agg. seien seine Mitwirkungsrechte nach §§ 111 S. 1, 112 S. 1, 2 BetrVG der rechtzeitigen und umfassenden Unterrichtung über eine geplante Betriebsänderung sowie der Beratung und arbeitgeberseitigen Versuchs eines Interessenausgleichs vor Durchführung der Betriebsänderung verletzt worden. Diese Rechte könnten nur dadurch gewahrt werden, wenn die beabsichtigten Maßnahmen sofort gestoppt würden, so dass ihm auch ein entsprechender Unterlassungsanspruch zustehe. Da seine Beteiligungsrechte entwertet würden, wenn erst die Rechtskraft eines Hauptsacheverfahrens abgewartet werden müsste, sei auch ein Verfügungsgrund gegeben. Wegen der Einzelheiten der diesbezüglichen rechtlichen Ausführungen wird auf den Antragsschriftsatz Bezug genommen.

Die Beteiligte zu 2) wendet sich gegen den Antrag. Sie trägt – unter Vorlage eidesstattlicher Versicherungen der Justiziarin … und des Leiters des Personalwesens … zur Glaubhaftmachung – vor, sie habe im Rahmen der beabsichtigten Betriebsänderung den Ast. am 21.10.2002 aufgefordert, unverzüglich in Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen einzutreten, worauf zwischen den Betriebspartnern eine erste diesbezügliche Zusammenkunft am 25.10.2002 vereinbart worden sei. Der Ast. werde auch gebeten, zu erklären, welche zusätzlichen Informationen er noch benötige.

Ein Anspruch des Ast. auf Unterlassung der geplanten Betriebsänderung sei nicht gegeben. Selbst wenn dieser grundsätzlich bejaht würde, stünde ihm im vorliegenden Fall die notwendige Interessenabwägung zwischen den Betriebspartnern entgegen, weil die zeitliche Verzögerung der Restrukturierungsmaßnahmen zur Sanierung des sich in einer existenzbedrohenden Krise befindlichen Unternehmens zu einer zusätzlichen Kostenbelastung führe, die die Gefahr der Insolvenz auch der Agg. dramatisch erhöhe. Der sofortige Beginn des Personalabbaus sei daher auch deswegen erforderlich, weil die vorgesehenen Kündigungsmaßnahmen auch Mitarbeiter mit sehr langen Kündigungsfristen beträfen. Wegen der hierzu vorgetragenen Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 22.10.2002 Bezug genommen.

Der Ast. hat zwischenzeitlich mit einem weiteren, am 22.10.2002 eingereichten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung die Verpflichtung der Agg. begehrt, ihm die vollständige und gesamte Analyse aller Bereiche der …, die von der Geschäftsführung gemeinsam mit … erstellt worden sei (Stand September 2002), im Original oder in Kopie zur Einsichtnahme bis zum Abschluss der Beratungen gem. § 111 BetrVG auszuhändigen und ihm die vollständige und gesamte Untersuchung zur Ausgliederung der Ferrit-Abteilung aus dem Jahr 2000 im Original oder in Kopie zur Einsichtnahme bis zum Abschluss der Beratungen gem. § 111 BetrVG zur Verfügung zu stellen (Az.: 3 BVGa 4/02). Über diesen Antrag ist derzeit noch nicht entschieden worden.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung konnte keinen Erfolg haben.

1. Soweit mit dem Antrag die umfassende und unverzügliche Unterrichtung des Ast. anhand von entsprechenden Unterlagen über die im Rahmen der beabsichtigten Betriebsänderung vorgesehenen Maßnahmen begehrt wird,...

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