Nachgehend

LAG Köln (Urteil vom 02.12.2009; Aktenzeichen 3 Sa 808/08)

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger über die von der Beklagten bereits anerkannte Abfindung in Höhe von 134.050,00 EUR hinaus weitere 42.839,79 EUR brutto zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 42.839,79 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe einer Sozialplanabfindung.

Der am … geborene Kläger ist Bankkaufmann und war in der Zeit vom 1. April 1969 bis zum 30. September 2007 bei der Beklagten in ihrer Filiale in beschäftigt. Die Beklagte ist eine große bundesweit tätige Bausparkasse. Sie beschäftigte zu Beginn des Jahres 2007 noch ungefähr 2.800 Arbeitnehmer. Das monatliche Bruttogehalt des Klägers belief sich auf 3.894,61 EUR.

Im Zusammenhang mit erheblichen Umstrukturierungsmaßnahmen der Beklagten vereinbarten die Parteien Ende Januar 2007 eine Aufhebung des Arbeitsvertrages, wonach das Arbeitsverhältnis am 30. September 2007 endete. Sie vereinbarten eine Abfindung von 93.471,00 EUR, wobei die Parteien klarstellten, dass im Falle einer besseren Regelung in einem zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat abgeschlossenen Sozialplan eine Nachzahlung in Höhe der Differenz zwischen der dem Kläger zustehenden Sozialplanabfindung und der in der Aufhebungsvereinbarung geregelten Abfindung zu zahlen sei.

Am 4. April 2007 vereinbarte die Beklagte mit dem Gesamt- und dem Betriebsrat einen Interessenausgleich und Sozialplan. Nach diesem Interessenausgleich sollte die Filiale in … im 4. Quartal 2008 geschlossen werden. Der Sozialplan enthält in Nr. IV. folgende Regelung:

„Höhe der Abfindung

1. Die Abfindung berechnet sich in Abhängigkeit von der Dauer der Unternehmenszugehörigkeit, dem Lebensalter und dem Bruttomonatsgehalt. Die Abfindung beträgt für jedes volle Jahr der Unternehmenszugehörigkeit 0,80 Bruttomonatsgehälter.

  • bei Mitarbeiter/innen ab dem vollendeten 40. Lebensjahr 0,85 Bruttomonatsgehälter,
  • bei Mitarbeiter/innen ab dem vollendeten 45. Lebensjahr 0,90 Bruttomonatsgehälter,
  • bei Mitarbeiter/innen ab dem vollendeten 50. Lebensjahr 0,95 Bruttomonatsgehälter,
  • bei Mitarbeiterinnen ab dem vollendeten 55. Lebensjahr 1 Bruttomonatsgehalt.

Der Sozialplan enthält unter Nr. VI. folgende Regelung:

Reduzierung der Abfindung

Die Abfindung wird gekürzt, wenn die Mitarbeiter/innen nach ihrem Ausscheiden das 65. Lebensjahr vollenden oder Anspruch auf vorgezogenes Altersruhegeld oder vergleichbare Renten-/Versorgungsbezüge haben, frühestens jedoch ab dem 63. Lebensjahr, für Schwerbehindete frühestens ab dem 60. Lebensjahr (sofern abschlagsfreier Bezug möglich ist), und die Zahl der Monate zwischen dem Zeitpunkt des Ausscheidens und dem Beginn des Rentenbezugs bzw. der Möglichkeit desselben kleiner ist als die Zahl der für die Abfindungsberechnung zu Grunde gelegten Monatsgehälter. In diesem Fall wird die Abfindung auf die Anzahl der Monate bis zur Verrentung zuzüglich der Zulagen begrenzt.

Am 17. April 2007 informierte die Beklagte den Kläger darüber, dass seine Abfindung auf der Grundlage des Sozialplans neu zu berechnen sei. Die Abfindung belaufe sich ohne die Zulagen auf insgesamt 105.154,47 EUR brutto. Da der Kläger am … 2009 das 63. Lebensjahr vollende, betrage der Zeitraum zwischen seinem Ausscheiden am 30. September 2007 und der Vollendung des 63. Lebensjahres 27 Monate. Die Zahl der vollen Jahre der Unternehmenszugehörigkeit betrage 38. Die Abfindung sei daher nach VI. des Sozialplans zu reduzieren und berechne sich wie folgt:

3.894,61 EUR × 27 (Monate) × 1,0 (Altersfaktor) = 105,154,47 EUR.

Am 27. Juli 2007 machte der Kläger gegenüber der Beklagten folgenden Abfindungsbetrag geltend:

  • 38 × 3.894,61 EUR = 147,995,18 EUR.
  • Prämie für vorzeitiges Ausscheiden = 25.000,00 EUR.
  • Sonderbonus Filialen = 3.592,61 EUR.

Die Beklagte rechnete jedoch lediglich eine Abfindung in Höhe von 134.050,00 EUR ab.

Mit der Klage macht der Kläger die Differenz zwischen der abgerechneten und der ihm seiner Meinung nach zustehenden Abfindung geltend. Die Differenz beläuft sich auf 11 Bruttomonatsgehälter, die sich aus der Kürzungsmöglichkeit in Nr. VI. des Sozialplans ergeben.

Der Kläger meint, er werde unzulässig wegen des Alters benachteiligt. Er werde unmittelbar benachteiligt, ohne dass die Beklagte hierzu berechtigt sei. § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG sei dahin auszulegen, dass die Abfindung nach oben nur durch das bis zum Regelalter 65 erzielbare Gesamteinkommen gedeckelt werden könne. Er sei mit einem Kollegen vergleichbar, der 58 Jahre alt sei. Diesem stünden sämtliche Monatsgehälter als Abfindung zu.

Dementgegen würde seine Abfindung wegen der Möglichkeit einer vorgezogenen Altersrente erheblich gekürzt. Die ihm zustehende Altersrente sei darüber hinaus um 7,2 % gekürzt. Er habe in dem Zeitraum vom 63. Lebensjahr bis zum 65. Lebensjahr ein wesentlich geringeres Monatseinkommen. Allein die Differenz zwischen der Rente und dem Gehaltseinkommen sei wesentlich höher als der von der Beklagten auf...

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