Entscheidungsstichwort (Thema)

Anteiliges 13. Monatsgehalt bei vorzeitigem Ausscheiden. Auslegung des Arbeitsvertrages. AGB-Prüfung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt führt dazu, dass beide Vorbehalte insgesamt wegfallen. Sie schließen sich gegenseitig aus.

2. Bei einer Sonderzuwendung mit Mischcharakter ist bei frühzeitigem Ausscheiden kein anteiliger Anspruch gegeben.

3. Ob eine Zuwendung mit Mischcharakter vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Eine im Vertrag vorhandene Rückzahlungsklausel für den Fall des vorzeiten Ausscheidens spricht dafür, dass die zusätzliche Zahlung zumindest auch aus Gründen der Betriebstreue gewährt wurde.

 

Tenor

1. Das Versäumnisurteil vom 19.02.2008 wird aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen mit Ausnahme der durch die Säumnis im Termin vom 19.02.2008 entstandenen Kosten, die die Beklagte zu tragen hat.

4. Der Streitwert wird auf 1.925,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger macht mit der Klage anteiliges 13. Monatsgehalt geltend.

Der Kläger war vom 17.10.2005 bis zum 16.10.2007 aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrages (vgl. Abl. 5 ff.) bei der Beklagten beschäftigt.

Zu Punkt 6 des Arbeitsvertrages (Vergütung) unterzeichneten beide Parteien eine Anlage Nr. 1 (Abl. 19 ff.).

In der Anlage Nr. 1 heißt es unter dem Punkt 1.2 wie folgt:

„Freiwillige Sonderzahlungen:

Ein 13. Monatsgehalt für Urlaubs-/ Weihnachtsgeld basierend auf dem Standard gem. der Arbeitsbedingungen des Ortes, an welchem die meiste Zeit des Jahres verbracht wurde, wird als freiwillige Leistung bezahlt.

Bei dieser Leistungszulage handelt es sich um eine freiwillige Leistung, jederzeit in den Grenzen des beliebigen Ermessens widerrufen werden kann und auf die auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch für die Zukunft besteht.”

Unter dem Punkt 7.1 enthält der Arbeitsvertrag die folgende Regelung:

„Sollte der Arbeitgeber freiwillige Zahlungen leisten, so erfolgen diese ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Freiwilligkeit, deren Gewährung keine Rechtsansprüche für den Arbeitnehmer begründen.”

Des Weiteren ist unter dem Punkt 7.2 eine Rückforderungsklausel enthalten (Abl. 7).

Der Kläger erhielt im November 2005 ein anteiliges 13. Monatsgehalt in Höhe von 416,51 EUR sowie im November 2006 ein volles, in Höhe von 2.199,00 EUR. In den Lohnabrechnungen ist die Sonderzahlung als „13. Monatsgehalt” bezeichnet (Abl. 22 f.).

Im Jahr 2007 war der Kläger längere Zeit arbeitsunfähig erkrankt, die genaue Länge er Erkrankung ist zwischen den Parteien streitig.

Nachdem der Kläger am 16.10.2007 aus dem Betrieb der Beklagten ausschied, wurde ihm erklärt, dass er kein 13. Monatsgehalt erhalten würde. Mit Schreiben vom 16.11.2007 ersuchte der Kläger die Beklagte um Zahlung des anteiligen Betrages.

Der Kläger ist der Ansicht,

ihm stehe ein 13. Monatsgehalt für den Zeitraum vom 01.01.2007 bis zum 16.10.2007 in Höhe von 1.925,00 EUR zu. Dieser Anspruch ergebe sich aus dem Arbeitsvertrag sowie aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Die in der Anlage aufgeführte Klausel regele zum einen einen Freiwilligkeitsvorbehalt und zum anderen einen Widerrufsvorbehalt. Eine derartige Kumulierung sei unzulässig und führe zur Unwirksamkeit beider Vorbehalte, woraus folge, dass dem Kläger der geltend gemachte Anspruch zustehe.

Die Zahlung des 13. Monatsgehaltes sei eine Gratifikation für bereits erbrachte Leistungen gewesen. Dies folge daraus, dass die Sonderzahlung als „13. Monatsgehalt für Urlaubs-/ Weihnachtsgeld” bezeichnet worden sei. Somit handele es sich eindeutig um eine Gratifikation für erbrachte Leistungen. Es liege keinesfalls eine Zahlung mit Mischcharakter vor.

Schließlich sei der Kläger nicht in dem behaupteten Umfang krank gewesen, wie ihn die Beklagte vorträgt.

Gegen das am 19.02.2008 durch das Arbeitsgericht Freiburg – Kammern Offenburg – erlassene Versäumnisurteil hat die Beklagte mit beim Arbeitsgericht am 28.02.2008 eingegangenem Schriftsatz Einspruch eingelegt.

Der Kläger beantragt zuletzt,

den Einspruch zurückzuweisen und das Versäumnisurteil vom 19.02.2008 aufrecht zu erhalten.

Die Beklagte beantragt,

das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint,

ein jederzeitiger Widerruf sei aufgrund des Widerrufsvorbehaltes möglich.

Sinn der streitgegenständlichen freiwilligen Zulage sei zudem nicht nur eine Gratifikation für erbrachte Leistungen gewesen, sondern sie habe in erster Linie ein Arbeitsanreiz für zukünftige Leistungen darstellen sollen. Aufgrund des Ausscheidens des Klägers zum 17.10.2007 sei diese Zielsetzung obsolet geworden.

Schließlich sei der Kläger im Jahr 2007 an 89 Tagen arbeitsunfähig erkrankt gewesen, eine Arbeitsleistung habe er nur an 81 Tagen erbracht. Daher gäbe es für eine erbrachte Arbeitsleistung nichts zu gratifizieren.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vortrages der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen...

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