Praxis-Beispiel

Entgeltforderungen bei Masseunzulänglichkeit

Das Insolvenzverfahren ist eröffnet. Der Betrieb des Schuldnerunternehmens wird von dem Insolvenzverwalter fortgeführt. Er nimmt die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer weiter in Anspruch. Lohnrückstände bestehen nicht. Nach 4 Monaten zeigt der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit an. Sämtlichen Arbeitnehmern wird sofort gekündigt. Bis zum Ablauf der Kündigungsfrist werden die Arbeitnehmer weiter beschäftigt.

Die Forderungen der Arbeitnehmer ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind Masseforderungen nach § 55 Abs. 1 InsO, da der Verwalter die Erfüllung der Verträge verlangt hat. Da die Masse nicht ausreicht, um alle Masseverbindlichkeiten auszugleichen, sind die Entgeltforderungen entsprechend der Rangfolge in § 209 InsO zu befriedigen. Die Masseforderungen ab Anzeige der Masseunzulänglichkeit bis zur Beendigung der Arbeitsverhältnisse sind Neumasseverbindlichkeiten.[1] Diese sind vor den anderen Masseverbindlichkeiten (Altmasseverbindlichkeiten[2]) zu erfüllen. Die Arbeitnehmer, die von dem Insolvenzverwalter nicht freigestellt wurden, sollen auch Anspruch auf volle Befriedigung im Rang der Neumasseverbindlichkeiten haben.

 
Praxis-Beispiel

Altmasseforderung

Das Insolvenzverfahren ist eröffnet. Die Insolvenzmasse reicht nicht aus, um alle Masseverbindlichkeiten zu erfüllen. Nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit kündigt der Insolvenzverwalter allen Arbeitnehmern und stellt sie mit sofortiger Wirkung von der Arbeit frei.

Die Entgeltforderungen sind Masseforderungen. Da der Insolvenzverwalter die Leistung der Arbeitnehmer nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit nicht mehr in Anspruch genommen hat, haben die Arbeitnehmer Altmasseforderungen (§ 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO). Mit der sofortigen Freistellung der Arbeitnehmer sind die Entgeltforderungen vorläufig nicht durchsetzbar. Eine Zahlung durch den Insolvenzverwalter kann erst erfolgen, wenn die vorrangigen Masseverbindlichkeiten ausgeglichen wurden.

 
Praxis-Beispiel

Neumasseverbindlichkeit

Der Insolvenzverwalter zeigt die Masseunzulänglichkeit an. Der Betrieb des Schuldnerunternehmens ist bereits stillgelegt. Der Verwalter beauftragt einen freiberuflichen Stundenbuchhalter mit der Durchführung von Buchhaltungsarbeiten.

Die Forderung des Buchhalters ist eine Neumasseverbindlichkeit, da der Verwalter sie nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit neu begründet hat.[3]

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge