Zum Erfordernis und den Möglichkeiten einer kampfhemmenden Schlichtung ist klarzustellen: Es gibt derzeit keine gesetzliche Zwangsschlichtung. Die Tarifvertragsparteien müssen nicht von Rechts wegen vor einem Arbeitskampf einen selbst ausgewählten oder vom Staat zur Verfügung gestellten Schlichter oder einen Schlichtungsausschuss anrufen, um zunächst mit dessen Hilfe eine friedliche Konfliktlösung zu finden. Es ist sogar umstritten, ob eine solche Pflicht ohne Verstoß gegen Art. 9 Abs. 3 GG überhaupt auferlegt werden könnte. Diskutiert wird eine derartige Rechtsfortbildung insbesondere für Tarifauseinandersetzungen im Bereich der Daseinsvorsorge.[1]

Eine erhebliche praktische Bedeutung haben tarifautonom installierte Schlichtungsregelungen. Es gibt sie in den unterschiedlichsten Erscheinungsformen auf der Grundlage der bestehenden tarifautonomen Gestaltungsfreiheit. So haben Tarifvertragsparteien Tarifverträge für das allgemeine Verhältnis zueinander abgeschlossen, in denen für das oder ein potentielles Konfliktfeld vereinbart worden ist, es müsse stets ein Schlichtungsverfahren zur Streitbeilegung durchgeführt werden. Es ist aber auch möglich, dass nur im Hinblick auf eine bereits ausgebrochene oder unmittelbar bevorstehende Tarifauseinandersetzung die Durchführung einer Schlichtung – förmlich oder formlos – vereinbart wird. Schlichtungsvereinbarungen beinhalten typischerweise die Pflicht, bis zum Ende des Schlichtungsverfahrens Arbeitskampfmaßnahmen zu unterlassen. Es ist aber auch statthaft, einen Schlichtungsversuch unter Einschaltung Dritter während weiterlaufender Kämpfe zu vereinbaren und durchzuführen. Allgemeine Schlichtungsvereinbarungen können vorsehen, dass das Verfahren durchgeführt werden muss, wenn nur einer der an den Tarifverhandlungen Beteiligten es verlangt. Es gibt aber auch Vereinbarungen, die einen solchen Einlassungszwang nicht vorsehen. Dann kann das Schlichtungsverfahren nur einvernehmlich eingeleitet werden. Es ist ausnahmsweise denkbar, dass sich die Tarifvertragsparteien dem Ergebnis einer Schlichtung vorab unterwerfen. Regelmäßig wird ein Schlichtungsspruch aber nur nach Zustimmung einer an der Schlichtung nicht unmittelbar beteiligten Instanz verbindlich werden. Hier kann die Zustimmung einer Tarifkommission, eines vergleichbaren Gremiums oder auch eine Urabstimmung unter den betroffenen Mitgliedern maßgeblich sein. Es ist auch Sache der Tarifvertragsparteien, ob sie gemeinsam einen Schlichter oder jede Seite einen bestellt, die sich dann in einem näher bestimmten, typischerweise unter engen zeitlichen Vorgaben stehenden Verfahren unter Beteiligung von Repräsentanten der Tarifvertragsparteien auf einen gemeinsamen Vorschlag einigen müssen.

[1] Näheres s.u. Abschn. 6.4.3.2.

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