Leitsatz

Geschiedene Eltern einer im November 1997 in Berlin geborenen Tochter mit sowohl weißrussischer als auch deutscher Staatsangehörigkeit stritten sich über den Aufenthalt der Tochter. Die Ehe der Eltern wurde durch Beschluss eines Gerichts der Stadt Minsk vom 15.4.2005 geschieden. In dem Scheidungsbeschluss wurde bestimmt, dass die Tochter "mit der Mutter bleiben soll". Mit weiterem Beschluss gleichen Datums hat das Gericht der Stadt Minsk eine Vereinbarung der Parteien über das Kind bestätigt, wonach der Wohnort der Tochter der Wohnort ihrer Mutter sein sollte - dies jedenfalls bis zur Änderung der bedeutenden Umstände. Im Falle einer Ausreise der Mutter aus der Republik Belarus sollte sich die Ausreise des Kindes nach den Gesetzen eben dieser Republik bestimmen.

Zwischen den Parteien war streitig, auf wen die Formulierungen der Parteivereinbarungen über das Kind im Einzelnen zurückgingen und wie die Vereinbarung auszulegen ist.

 

Sachverhalt

Die Ehe der Eltern wurde nach weißrussischem Recht im Jahre 1995 vor dem Eheschließungshaus der Stadt Minsk registriert. Der Ehemann war deutscher Staatsangehöriger, die Ehefrau weißrussische Staatsangehörige. Aus der Ehe ging eine im November 1997 in Berlin geborene Tochter hervor, die sowohl die weißrussische als auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Die Parteien unterhielten zwei Wohnsitze in Berlin und Minsk, wobei Mutter und Tochter sich überwiegend in Minsk aufhielten. Dort besuchte die gemeinsame Tochter in dem Zeitraum von 2000 - 2004 den Kindergarten und ab Herbst 2004 bis Mai 2005 die Mittelschule. Die Eltern trennten sich im November 2004. Zur Jahreswende 2004/2005 reiste die Familie zunächst gemeinsam nach Berlin. Dort verblieb der Vater mit der Tochter, während die Mutter für eine Woche allein zu ihrem neuen Lebenspartner und späteren Ehemann nach Süddeutschland reiste. Als sie nach Ablauf einer Woche nach Berlin zurückkehrte, wollte der Kindesvater das Kind in Berlin behalten, während die Mutter darauf bestand, nach den Weihnachtsferien mit dem Kind nach Weißrussland zurückzukehren.

Auf Antrag der Kindesmutter beschloss das in Berlin zuständige FamG im Wege der einstweiligen Anordnung Anfang Januar 2005, dass der Mutter zur Sicherung des Rückführungsanspruchs das Kind zur alleinigen Obhut einschließlich der alleinigen Aufenthaltsbestimmung anvertraut werde. Am 6.1.2005 reiste sie daraufhin mit dem Kind zurück nach Weißrussland. Das Verfahren bei dem FamG wurde daraufhin von beiden Parteien nicht weiterverfolgt. Im Januar 2005 zog der Kindesvater ebenfalls nach Minsk, wo er kurz darauf seine jetzige - neue - Ehefrau kennen lernte.

Die Ehe der Eltern wurde durch Beschluss eines Gerichts der Stadt Minsk vom 15.4.2005 geschieden. Der Scheidungsbeschluss bestimmte zugleich, dass die Tochter "mit der Mutter bleiben soll". Mit weiterem Beschluss gleichen Datums hatte das Gericht der Stadt Minsk eine Vereinbarung der Parteien über das Kind bestätigt. Danach sollte der Wohnort der Tochter dem Wohnort der Kindesmutter entsprechen. Für den Fall einer Ausreise der Mutter aus der Republik Belarus sollte sich die Ausreise der Tochter nach den Gesetzen dieser Republik bestimmen, die vorsehen, dass für die Ausreise eines weißrussischen Kindes die schriftliche, notariell beglaubigte Zustimmung des anderen Elternteils erforderlich ist, während ein Kind mit einer anderen Staatsangehörigkeit auch ohne Zustimmung des anderen Elternteils ausreisen kann.

Zwischen den Parteien war in der Folgezeit streitig, auf wen die Formulierungen der Parteivereinbarung über das Kind im Einzelnen zurückgehen und wie die Vereinbarung auszulegen ist.

Ende Mai 2005 verbrachte die Kindesmutter ohne Zustimmung des Vaters die gemeinsame Tochter in die Bundesrepublik Deutschland, wo sie sich seither aufhielt. Das Ausreisevisum erhielt sie lediglich aufgrund der Tatsache, dass sie in ihrem Antrag lediglich die deutsche Staatsangehörigkeit der Tochter angab. Die Kindesmutter hatte aus ihrer neuen Beziehung im September 2005 einen Sohn geboren, dessen Vater sie im Januar 2006 heiratete. Der Vater seinerseits hatte im Februar 2006 seine neue Lebensgefährtin, eine Weißrussin ohne deutsche Sprachkenntnisse geheiratet. Im August 2005 hat der Vater - vertreten durch den Generalbundesanwalt beim BGH - beim AG Karlsruhe nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen die Rückführung der Tochter nach Weißrussland beantragt, die durch Beschluss vom 14.12.2005 vom AG Karlsruhe angeordnet wurde.

Am 10.2.2006 hat die Mutter bei dem zuständigen Gericht in Minsk beantragt, die Ziff. 1 der Parteiverbarung aus dem Ehescheidungsverfahren über das Kind dahingehend abzuändern, dass der Wohnort der Tochter bei ihrer Mutter in Deutschland sein sollte.

Gegen den Beschluss des AG Karlsruhe vom 14.12.2005 hat die Kindesmutter sofortige Beschwerde eingelegt, die keinen Erfolg hatte.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des OLG hat das erstinstanzliche Gericht unter Anwendung des Haager Übereinkommens über den zivilrechtlichen Asp...

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