Leitsatz

Anwaltliche Erhöhungsgebühr für Baumängel-Vorschussklage und vorausgegangenes Beweisverfahren in der Übergangszeit zwischen der Grundsatzentscheidung des BGH zur Teilrechtsfähigkeit und weiteren Entscheidungen des VII. Zivilsenats zu Baumängelklagen bezüglich des Gemeinschaftseigentums

 

Normenkette

§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO; § 7 Abs. 1 RVG i.V.m. Nr. 1008 RVG-VV

 

Kommentar

  1. Auch im vorliegenden Fall war die anwaltliche 2,0-Erhöhungsgebühr gem. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO als notwendige Kosten der Rechtsverfolgung gegen die Beklagte erstattungsfähig, und zwar hinsichtlich des von den Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft Anfang 2006 eingeleiteten Beweisverfahrens und nachfolgend im Namen des rechtsfähigen Verbands Ende 2007 eingeleiteter Vorschussklage bezüglich der Kosten für Mängelbeseitigungen.
  2. Zum Zeitpunkt des Anwaltsauftrags zur Beweissicherung konnte bzw. musste die Teilrechtsfähigkeitsentscheidung des BGH v. 2.6.2005 (NJW 2005, 2061) und die Abgrenzung hierzu in Baumängelentscheidungen des BGH (v. 12.4.2007, NJW 2007, 1952 u. NJW 2007, 1957) zur Rechts- und Parteifähigkeit des Gesamtverbands auch im Bereich von Baumängeln bezüglich des Gemeinschaftseigentums noch nicht bekannt sein (vgl. auch BGH, ZMR 2006, 184). Eigentümer waren in der Zeit vor der Grundsatzentscheidung zur Teilrechtsfähigkeit auch nicht gehalten, mit der Durchführung solcher Verfahren einen Wohnungseigentümer oder den Verwalter in gewillkürter Prozessstandschaft zu beauftragen. Zwar war zum Zeitpunkt der Einleitung des selbstständigen Beweisverfahrens diese BGH-Entscheidung bekannt, nicht aber in ihrer Ausgestaltung, die sie später durch Entscheidungen des VII. Zivilsenats erfahren hat und zu deren Klarstellung sich der BGH neuerlich veranlasst sah. Die zuvor verbliebene Rechtsunsicherheit über den Umfang der Teilrechtsfähigkeit einer Wohnungseigentümergemeinschaft und die hieraus resultierende Einleitung des Beweisverfahrens durch sämtliche Eigentümer können einer Klägerseite im Rahmen ihrer Pflicht zu kostengünstigem Verhalten deshalb nicht angelastet werden. Aus der Grundsatzentscheidung des BGH v. 2.6.2005 musste deshalb der vorliegend beauftragte Rechtsanwalt nicht zwingend schließen, dass sich diese auch auf die Geltendmachung der Rechte der Erwerber wegen Mängeln an der Bausubstanz des Gemeinschaftseigentums bezieht. Er durfte deshalb noch ohne erstattungsrechtliche Nachteile davon ausgehen, dass er im Namen der einzelnen Eigentümer klagen musste bzw. konnte.
 

Link zur Entscheidung

OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.06.2008, 8 W 239/08

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