FinMin Baden-Württemberg, 5.6.2014, 3 - S 3102/17

 

1. Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften

1.1 Nach § 11 Abs. 2 BewG sind nicht notierte Anteile an einer Kapitalgesellschaft mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Wenn sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen unter fremden Dritten ableiten lässt, die weniger als ein Jahr zurückliegen, ist er unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft, einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode oder im vereinfachten Ertragswertverfahren (§§ 199 ff. BewG) zu ermitteln. Dabei darf der Substanzwert der Gesellschaft nicht unterschritten werden. Da es sich bei dem vereinfachten Ertragswertverfahren um ein typisierendes Verfahren handelt, sind die Modalitäten der Bewertung in §§ 199 ff. BewG abschließend geregelt.

1.2 Besondere Umstände, die bei der Ermittlung des gemeinen Werts im vereinfachten Ertragswertverfahren und beim Ansatz mit dem Substanzwert nicht hinreichend zum Ausdruck gekommen sind, können nicht durch Zu- und Abschläge berücksichtigt werden. Dazu zählen insbesondere

  • die nachhaltig unverhältnismäßig geringen Erträge bei einem großen Vermögen des Unternehmens,
  • die schwere Verkäuflichkeit der Anteile,
  • eine Zusammenfassung aller oder mehrerer Anteile in einer Hand,
  • die bei einem Verkauf der Anteile bzw. einer Liquidation der Gesellschaft anfallenden Ertragsteuern,
  • eine Unterkapitalisierung,
  • das Fehlen eigener Betriebsgrundstücke und -gebäude und
  • die Vorteile, die eine Kapitalgesellschaft aus der Verbindung zu anderen Unternehmen der Anteilseigner zieht.

1.3 Als besondere Umstände, die bei der Ermittlung des gemeinen Werts nach allen Bewertungsverfahren nicht zu berücksichtigen sind, sind auch ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse, z.B. Verfügungsbeschränkungen, anzusehen (§ 9 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 BewG).

1.4 Liegt der besondere Umstand darin, dass die Anteile an der Gesellschaft keinen Einfluss auf die Geschäftsführung gewähren, kommt bei der Ermittlung des Werts im vereinfachten Ertragswertverfahren (§§ 199 ff. BewG) und beim Ansatz des Substanzwerts kein Abschlag in Betracht. Entsprechendes gilt für den Paketzuschlag; vgl. R B 11.6 Abs. 2 ErbStR 2011.

1.5 Wegen der Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften im vereinfachten Ertragswertverfahren bei Neugründungen vgl. R B 199.1 Abs. 4 und 6 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 ErbStR 2011. Beim Ansatz des Substanzwerts bleibt der Umstand, dass es sich um eine Neugründung handelt, unberücksichtigt.

1.6 Das vereinfachte Ertragswertverfahren (§§ 199 ff. BewG) ist grundsätzlich auch bei der Ermittlung des gemeinen Werts von Anteilen an Gesellschaften anwendbar, zu deren Vermögen Anteile oder Beteiligungen an nachgeordneten Gesellschaften gehören. Allerdings ist bei komplexen Strukturen von verbundenen Unternehmen dessen Anwendung grundsätzlich ausgeschlossen (R B 199.1 Abs. 4 und 6 Satz 1 Nr. 1 ErbStR 2011).

Sofern das vereinfachte Ertragswertverfahren angewendet wird, sind Anteile und Beteiligungen an nachgeordneten Gesellschaften mit ihrem eigenständig ermittelten gemeinen Wert anzusetzen (§ 200 Abs. 2 und 3 BewG).

Entsprechendes gilt bei der Ermittlung des Substanzwerts, der jedoch nur anzusetzen ist, wenn die Prüfung ergibt, dass er höher ist als der im vereinfachten Ertragswertverfahren oder unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten des Unternehmens oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode ermittelte Wert (§ 11 Abs. 2 Satz 2 und 3 BewG).

1.7 Das vereinfachte Ertragswertverfahren (§§ 199 ff. BewG) ist grundsätzlich auch bei der Ermittlung des gemeinen Werts von Anteilen an Organgesellschaften oder Organträgergesellschaften anwendbar. Allerdings ist bei komplexen Strukturen von verbundenen Unternehmen dessen Anwendung grundsätzlich ausgeschlossen (R B 199.1 Abs. 4 und 6 Satz 1 Nr. 1 ErbStR 2011).

Sofern das vereinfachte Ertragswertverfahren bei der Organgesellschaft angewendet wird, sind dabei deren Betriebsergebnisse anzusetzen. Bei der Ermittlung der Betriebsergebnisse sind der Aufwand aus Gewinnabführungen an den Organträger und der Ertrag aus Verlustübernahmen des Organträgers nicht zu berücksichtigen (§ 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BewG). Die Betriebsergebnisse sind um den darauf entfallenden pauschalen Ertragsteueraufwand zu kürzen (§ 202 Abs. 3 BewG).

Sofern das vereinfachte Ertragswertverfahren bei der Organträgergesellschaft angewendet wird, ist dabei die Beteiligung an der Organgesellschaft mit ihrem eigenständig ermittelten gemeinen Wert anzusetzen (§ 200 Abs. 2 und 3 BewG). Die Betriebsergebnisse der Organträgergesellschaft sind um den Aufwand aus der Übernahme von Verlusten der Organgesellschaft zu erhöhen (§ 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe f BewG) und den Ertrag aus Gewinnabführungen der Organgesellschaft zu kürzen (§ 202 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchstabe f BewG). Die verbleibenden Betriebsergebnisse sind um den pauschalen Ertragsteueraufwand zu kür...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge