Leitsatz

Zum Anspruch eines Eigentümers auf Vorlage von Jahresabrechnungen; Individualanspruch gegen den Verwalter; vorrangige Beschlussfassung

 

Normenkette

§§ 21 Abs. 4, 28 Abs. 3 WEG

 

Kommentar

  1. Ein Wohnungseigentümer hat keinen Direktanspruch gegen die übrigen Wohnungseigentümer, dass diese sachlich richtige Jahresabrechnungen vorlegen. § 28 Abs. 3 WEG spricht von einer Abrechnungsverpflichtung des Verwalters, nicht der Gemeinschaft. Die vom BGH festgestellte Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft betrifft i. Ü. in erster Linie den Außenverkehr, also die Bereiche, in denen die Wohnungseigentümer im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums als Gemeinschaft am Rechtsverkehr teilnehmen. Bei einem Streit über die Verpflichtung zur Erstellung und Vorlage von Jahresabrechnungen handelt es sich jedoch um eine Angelegenheit, die zunächst der internen Willensbildung innerhalb des Verbands unterliegt. Nach § 28 Abs. 5 WEG ist hier also zunächst ein Genehmigungsbeschluss erforderlich. Eine solche Beschlussfassung innerhalb des Verbands wäre entbehrlich, hätte jeder einzelne Eigentümer einen unmittelbar gegenüber der Gemeinschaft bestehenden, gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Erstellung einer Jahresabrechnung.
  2. Die Verpflichtung eines Verwalters zur Aufstellung der Jahresabrechnung entsteht nach Ablauf eines Wirtschaftsjahrs. Ist hier ab 1.1. eines Folgejahrs ein neuer Verwalter bestellt, hat er die Jahresabrechnung für das vorausgegangene Geschäftsjahr aufzustellen. Der Anspruch auf Erstellung einer Jahresabrechnung gem. § 28 Abs. 3 WEG ist Teil eines Individualanspruchs auf ordnungsgemäße Verwaltung, der auch gerichtlich geltend gemacht werden kann. Solange jedoch eine vom Verwalter vorgelegte, den formellen Anforderungen im Wesentlichen genügende Jahresabrechnung von den Eigentümern nicht abgelehnt oder ein entsprechender Genehmigungsbeschluss nicht rechtskräftig für ungültig erklärt sein sollte, kann kein Wohnungseigentümer vom Verwalter eine neue Abrechnung beanspruchen.
  3. Im vorliegenden Fall hatte die Gemeinschaft durch insoweit bestandskräftigen Beschluss zur Neuerstellung einer bisher unrichtigen Abrechnung zum Ausdruck gebracht, dass sie an einer Erstellung der Abrechnung durch den früheren Verwalter kein Interesse mehr habe und diese anderweitig erstellen lassen und stattdessen die Kosten als Schadensersatz verlangen wolle. Ein solcher verbindlicher Beschluss führt dazu, dass ein Eigentümer jedenfalls zurzeit nicht befugt ist, seinen Individualanspruch auf Abrechnungserstellung (Neuerstellung) gerichtlich durchzusetzen. Ein solcher Beschluss ist nach seiner nächstliegenden Bedeutung dahingehend auszulegen, dass die Eigentümer die Genehmigung einer neu erstellten Abrechnung durch den früheren Verwalter von vornherein ablehnen würden.
  4. Wurde ein Abrechnungsgenehmigungsbeschluss durch einen nachfolgenden Eigentümerbeschluss aufgehoben, bedeutet dies soviel, dass sich die Eigentümerversammlung mit der betreffenden Abrechnung noch nicht endgültig befasst hat. Aus diesem Grund kann auch kein Eigentümer zurzeit eine neue Abrechnungsaufstellung fordern.
  5. Auch Ansprüche aus einem Verwaltervertrag zwischen dem Verwalter und der Wohnungseigentümergemeinschaft kann ein einzelner Wohnungseigentümer nur nach entsprechender Ermächtigung durch die Gemeinschaft geltend machen (die vorliegend nicht erteilt wurde).
 

Link zur Entscheidung

OLG München, Beschluss vom 22.11.2006, 34 Wx 055/06, NZM 8/2007, 292

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