Leitsatz

Anrechnung des Nutzungsvorteils einer schallschutzmangelbehafteten Wohnung bei Rückabwicklung des Vertrags im Wege des großen Schadensersatzes durch den selbst nutzenden Erwerber einer Eigentumswohnung

 

Normenkette

§§ 635, 249 BGB a.F.; § 287 ZPO

 

Kommentar

  1. Macht der Erwerber einer Eigentumswohnung die Rückabwicklung des Vertrags im Wege des großen Schadensersatzes geltend, ist der ihm bei Selbstnutzung anzurechnende Nutzungsvorteil zeitanteilig linear aus dem Erwerbspreis zu ermitteln. Ausgehend von der Tatsache, dass eine Eigentumswohnung mit dem Bauwerk, in dem sie sich befindet, im Allgemeinen eine begrenzte Lebensdauer hat, lässt sich der Wert der Eigennutzung, gemessen am Wert der Eigentumswohnung, in gleichmäßigen Beträgen je abgewohntem Jahr ausdrücken. In Übereinstimmung mit Äußerungen des Sachverständigen vor dem Berufungsgericht konnte zu Recht die Gesamtnutzungsdauer für die erworbene Wohnung mit 80 Jahren angesetzt werden. Dementsprechend ist der Berechnung des Nutzungsvorteils für jedes Jahr des Wohnens in der Wohnung mit 1/80stel des Investitionsaufwands und für den Teil eines Jahrs der entsprechende Anteil zugrunde zu legen.
  2. Ist die Wohnung – wie hier – mangelhaft, ist von dem so errechneten Nutzungsvorteil unter Berücksichtigung des Gewichts der Beeinträchtigungen ein Abschlag vorzunehmen, der gem. § 287 ZPO geschätzt werden kann.
  3. Hat sich der Erwerber entschieden, eine Wohnung nicht zu mieten, sondern zu erwerben, hat er auch nicht die rechtliche und wirtschaftliche Stellung eines Mieters gewählt, sondern diejenige eines Eigentümers. In diesem Fall muss dann auch der Nutzungsvorteil nicht im Hinblick auf ein Mietverhältnis, sondern auf der Grundlage einer Eigentümerstellung ermittelt werden. Dieses Ergebnis stimmt ebenfalls mit der BGH-Rechtsprechung zur Berechnung von Nutzungsvorteilen nach fehlgeschlagenem Kauf beweglicher Sachen überein. Auch dort werden die Vorteile linear im Verhältnis zum Wert der Sache ermittelt und nicht nach den Maßstäben für einen üblichen oder fiktiven Mietzins berechnet.
 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 06.10.2005, VII ZR 325/03BGH v. 6.10.2005, VII ZR 325/03, NZM 1/2006, 19 = ZMR 3/2006, 216

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