I. Grundsätzliches Vorgehen

 

Rz. 172

Das Ertragswertverfahren ermittelt den Unternehmenswert durch Diskontierung der den Unternehmenseignern künftig zufließenden finanziellen Überschüsse. Diese werden üblicherweise aus den für die Zukunft geplanten Jahresergebnissen abgeleitet. Ob die zugrunde liegenden Planungsrechnungen nach handelsrechtlichen oder nach anderen Vorschriften (IFRS, US GAAP) aufgestellt sind, spielt keine Rolle.[151]

[151] IDW S 1, Tz 102, FN-IDW 2008, 271, 284.

II. Ermittlung der Ertragsüberschüsse aus dem betriebsnotwendigen Vermögen

1. Bereinigung der Vergangenheitserfolgsrechnung

 

Rz. 173

Wie bereits ausgeführt (siehe Rdn 140 f.), dient als Grundlage für die Prognose der zukünftigen Erträge eine bereinigte Erfolgsrechnung für die Vergangenheit. Hierbei sind insb. folgende Ergebniskorrekturen vorzunehmen:[152]

Eliminierung der Aufwendungen und Erträge des nicht betriebsnotwendigen Vermögens
Bereinigungen, die zur Ermittlung eines periodengerechten Erfolgsausweises erforderlich sind
Bereinigungen zum Ausgleich ausgeübter Bilanzierungswahlrechte
Bereinigung um personenbezogene und andere spezifische Erfolgsfaktoren
Erfassung von Folgeänderungen aus diesen Ergebniskorrekturen
[152] IDW S 1, Tz 103, FN-IDW 2008, 271, 284.

2. Planung der Aufwendungen und Erträge

 

Rz. 174

I.d.R. sind die bereinigten Vergangenheitsergebnisse in einer Gewinn- und Verlustrechnung dargestellt. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, auch die künftigen finanziellen Zuschüsse ausgehend von den Aufwands- und Ertragsplanungen für verschiedene Planungsphasen zu prognostizieren.[153]

 

Rz. 175

Im Idealfall werden Erfolgsanalysen der einzelnen Produkte und Produktbereiche ebenso wie Analysen der Entwicklungstendenzen der Aufwendungen und der Erträge im Einzelnen vorgenommen und hieraus die Planungsrechnungen und Prognosen abgeleitet. Eine Zuordnung der Aufwands- und Ertragsrechnung nach Erfolgsbereichen kann hierbei sinnvoll sein.[154]

 

Rz. 176

Im Rahmen der Schätzung der zukünftigen Erträge kommt den erwarteten Umsatzerlösen meistens die größte Bedeutung zu. Für ihre Beurteilung kann im Allgemeinen auf die betriebliche Umsatzplanung des Unternehmens selbst zurückgegriffen werden. Dabei ist jedoch zu beachten, ob und welche allgemeinen oder branchenbezogenen konjunkturellen Entwicklungen voraussehbar sind[155] und wie sich diese auf die geplanten Absatzmengen und die hierfür zu erzielenden Erlöse auswirken.[156]

 

Rz. 177

Eine Prognose der zukünftigen Aufwendungen kann nur vor dem Hintergrund der geplanten Umsatzerlöse aufgestellt werden. Denn insb. die Faktoren Materialaufwand (Einsatz von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie Bezug von Handelswaren und Fremdleistungen) und Personalaufwand (Fertigungslöhne, Gehälter etc.) werden von der Entwicklung der Absatzmengen in starkem Maße beeinflusst. Gleichzeitig muss geprüft werden, ob zukünftig mit einer konstanten Kosten-Erlös-Relation,[157] also mit gleichlaufenden Preisentwicklungen auf dem Beschaffungs- und dem Absatzmarkt, gerechnet werden kann, oder ob in diesem Bereich Änderungen zu erwarten sind.

 

Rz. 178

Bei den Personalaufwendungen sind auch evtl. bestehende Pensionsverpflichtungen zu berücksichtigen.

 

Rz. 179

Da das zu bewertende Unternehmen nur dann in der Lage sein wird, den erwarteten Erfolg dauerhaft zu erwirtschaften, wenn Maschinen und sonstige Arbeitsmittel gepflegt und auf dem neuesten Stand gehalten werden, sind bei den Aufwendungen auch die Abschreibungen und Reinvestitionen zu berücksichtigen. Für die fernere Zukunft sollte eine Investitionsplanung zugrunde gelegt werden, bei der zwischen Ersatzinvestitionen (gleiche, neue Anlage), Rationalisierungsinvestitionen (technisch verbesserte, neue Anlage) und Erweiterungsinvestitionen (zusätzliche Anlagen) zu unterscheiden ist. Auch zukünftig erforderliche Investitionen in Umweltschutzmaßnahmen, im Sozialbereich oder in der Verwaltung sind zu berücksichtigen.

 

Rz. 180

Schließlich sind auch die sonstigen Aufwendungen zu planen. Hier kommt vor allem der Dotierung der zur Abdeckung aller mit dem Betrieb verbundenen Risiken erforderlichen Rückstellungen besondere Bedeutung zu. Im Rahmen der Unternehmensbewertung wird die aus den Erfahrungen der Vergangenheit abzuleitende zu erwartende Inanspruchnahme angesetzt.

[153] IDW S 1, Tz 104, FN-IDW 2008, 271, 284.
[154] IDW S 1, Tz 105, FN-IDW 2008, 271, 284.
[155] IDW S 1, Tz 106, FN-IDW 2008, 271, 284.
[156] IDW S 1, Tz 107, FN-IDW 2008, 271, 285.
[157] IDW S 1, Tz 108, FN-IDW 2008, 271, 285.

3. Finanzplanung und Zinsprognose

 

Rz. 181

Da das Volumen der für Ausschüttungen an die Unternehmenseigener zur Verfügung stehenden Überschüsse auch von der zukünftigen Entwicklung der Zinsaufwendungen und -erträge abhängt, muss das Zinsergebnis ebenfalls prognostiziert werden.[158]

 

Rz. 182

Die Aufstellung dieser Finanz- und Zinsplanung erweist sich in der Praxis als besonders schwierig, da jeder zusätzliche (also von der Planung abweichende) Finanzbedarf oder -überschuss unmittelbar die Aufnahme oder Rückzahlung von Fremdmitteln zur Folge hat oder eine Veränderung der Aktivseite der Bilanz (z.B. bei Investitionen "unerwarteter" Finanzüberschüsse im Anlagevermögen) nach sich zieht.

 

Rz. 183

Veränderungen im Fremdkapital...

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