Rz. 272

Zum Teil wird die Auffassung vertreten, die Gebühren seien im Rahmen des § 14 Abs. 1 grundsätzlich geringer anzusetzen, da das einstweilige Anordnungsverfahren eine geringere Bedeutung habe (keine endgültige Klärung) und dass in diesem Verfahren Vorkenntnisse aus dem Hauptsacheverfahren verwertet werden können. Diese pauschale Bemessung ist jedoch unzutreffend. Die einstweilige Anordnung auf Gewährung bestimmter Leistungen kann erhebliche Bedeutung haben, zumal auch hier – wenn auch andere – schwierige Fragen zu klären sein können. Zudem besteht für den Anwalt ein Zeitdruck, der wiederum höhere Gebühren rechtfertigt.[84]

 

Rz. 273

In den nachfolgenden Berechnungen wird grundsätzlich von der Mittelgebühr ausgegangen. Soweit im Einzelfall höhere oder niedrigere Gebühren angemessen sind, hat dies nur Auswirkungen auf die Höhe der Beträge. An den abgerechneten Gebührentatbeständen ändert sich nichts.

 

Beispiel: Der Anwalt wird erstmals im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beauftragt. Über den Antrag wird ohne mündliche Verhandlung entschieden.

Es entsteht nur die Verfahrensgebühr der VV 3102.

 
1. Verfahrensgebühr, VV 3102   360,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 380,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   72,20 EUR
Gesamt   452,20 EUR
 

Beispiel: Der Anwalt wird erstmals im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beauftragt. Nach mündlicher Verhandlung ergeht die beantragte Anordnung.

Es entsteht neben der Verfahrensgebühr der VV 3102 jetzt auch die Terminsgebühr nach VV 3106 (VV Vorb. 3 Abs. 3 S. 1).

 
1. Verfahrensgebühr, VV 3102   360,00 EUR
2. Terminsgebühr, VV 3106   335,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 715,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   135,85 EUR
Gesamt   850,85 EUR
 

Beispiel: Der Anwalt wird erstmals im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beauftragt. Er führt mit dem Sachbearbeiter der Behörde eine Besprechung, allerdings ohne Ergebnis.

Auch jetzt entsteht neben der Verfahrensgebühr der VV 3102 auch die Terminsgebühr nach VV 3106 (VV Vorb. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2). Abzurechnen ist wie im vorangegangenen Beispiel.

 

Rz. 274

Dagegen fällt eine Terminsgebühr im einstweiligen Anordnungsverfahren weder bei einem angenommenen Anerkenntnis noch bei Abschluss eines schriftlichen Vergleichs an.

 

Beispiel: Der Anwalt wird erstmals im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beauftragt. Die Behörde erkennt den vorläufigen Anspruch an; der Anwalt erklärt die Annahme.

Da nach dem eindeutigen Wortlaut der Anm. S. 1 zu VV 3106 ein Verfahren mit vorgeschriebener mündlicher Verhandlung erforderlich ist und im einsteiligen Anordnungsverfahren eine solche nicht vorgeschrieben ist (§ 124 Abs. 3 SGG i.V.m. § 86b Abs. 4 SGG), kann eine Terminsgebühr nach Anm. S. 1 Nr. 3 zu VV 3106 nicht entstehen.

[84] Hansens/Braun/Schneider, Praxis des Vergütungsrechts, Teil 1 Rn 187.

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