Dieser Beitrag soll einen Leitfaden geben zur Überprüfung der unterschiedlichen Regelungen innerhalb der Richtlinien der Bundesländer. Solange keine einheitliche Vorgehensweise durchgesetzt ist, muss sich der Verteidiger je nach Ort der Messung mit den formalen Regelungen in diesem Bundesland genauso auseinandersetzen, wie mit der Frage der Fotoqualität und den technischen Herstellervorgaben bei den einzelnen Messgeräten. Erweitert wurde die Abfrage um den Punkt "Tarnung von Messgeräten", da entsprechende Anfragen in der Praxis nicht selten sind.

Es sei der Hinweis erlaubt, dass es zusätzlich zu den hier dargestellten Richtlinien interne Weisungen gibt, die nicht veröffentlicht sind. Diese haben im Wesentlichen auch nur interne Wirkung.

Weiterhin befinden sich die Richtlinien und sonstigen rechtlichen Grundlagen zur Geschwindigkeitsmessung immer in Bewegung, wie man an der Änderung des niedersächsischen Polizeigesetzes[7] zur Legitimierung der "Section Control"[8] sehen kann. Auch die derzeitig in einer Testphase befindliche MonoCam zur Überwachung von Handyverstößen lässt die Vermutung nahe liegen, dass auch hier rechtliche Grundlagen geschaffen werden, die die Messungen auch datenschutzrechtlich absichern. Insoweit kann diese Tabelle keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.

Die Angaben entsprechen der Mitteilung der Bundesländer aufgrund einer Anfrage im November 2022. Aus dem Saarland liegen keine aktuellen Auskünfte vor. Die Richtlinien im Bundesland Hessen werden derzeit überarbeitet, bis zur Neufassung gelten die in der Tabelle genannten Grundlagen fort.

 
  Baden-Württemberg Bayern
1. Titel der Richtlinie/Datum/Fundstelle

VwV-Verkehrssicherheitsarbeit (VwV-VkSA) vom 9.12.2019, Az. 3–1132.0/68, am 1.1.2020 in Kraft getreten, gültig bis einschließlich 31.12.2026

Auskunft des Ministeriums vom 28.11.2022.
Richtlinie für die polizeiliche Verkehrsüberwachung (VÜR); Bekanntmachung des BStMI vom 12.5.2006 (AIIMBI. 2006 S. 155), Verkündungsstand 28.5.2009; umfangreiche Ergänzende Weisungen; Auskunft des Bayerischen Staatsministeriums des Innern 17.11.2022.
2. Geltung für    
Polizei?
Straßenverkehrsbehörde?

Ja

Ja

Ja

Ja
3. Hintergrund der Geschwindigkeitsüberwachung und deren Ziele Verhinderung schwerer Verkehrsunfälle, Minimierung von Unfallfolgen, Stärkung der Verkehrsmoral, ganzheitlicher Kontrollansatz, Verbesserung der Verkehrssicherheitslage, ständige Analyse der Verkehrssicherheitslage und begleitende Öffentlichkeitsarbeit, keine fiskalischen Erwägungen. Veranlassung der Verkehrsteilnehmer zu verkehrsgerechtem und besonnenem Verhalten, Verhinderung von Verkehrsunfällen, Minderung von Unfallfolgen, Verhütung von Behinderungen, Belästigungen und schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt; Priorität i.d.R. in der angegebenen Reihenfolge; sichtbare Präsenz und ganzheitlicher Kontrollansatz.

4. Auswahl der Messstellen

Kriterien

Vorrangig sind:

Unfallbrennpunkte
Unfallschwerpunkte
gefahrenträchtige Stellen
schutzwürdige Straßenabschnitte (z.B. Schulen, Kindergärten, Altenheime, verkehrsberuhigte Bereiche, Tempo 30-Zonen)

Schwerpunktmäßige Auswahl nach folgender Reihenfolge:

Unfallbrennpunkte als Stellen, an denen sich häufig Unfälle ereignet haben
Unfallgefahrenpunkte als Stellen, an denen nach den örtlichen Umständen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für Unfälle besteht, z.B. Schulen, Kindergärten, Altenheime, aber auch Örtlichkeiten außerhalb geschlossener Ortschaften
Belästigung durch Verkehrslärm und/oder Abgase
sonstige Bereiche
5. Zeitliche Regelungen Nein Ja
6. Abstand zwischen Schild und Messung Nein Grundsätzlich 200 m ("sollen")-interne Weisung.
7. Ausnahmen zum Mindestabstand Nein
am Anfang einer Geschwindigkeitsbeschränkung bis auf 100 m, wenn die Geschwindigkeit stufenweise herabgesetzt wird und die Messstelle nicht innerhalb des Bereichs der ersten Geschwindigkeitsstufe liegt
bei Unfallbrenn- und Unfallgefahrenpunkten
bei besonderen Verkehrsverhältnissen am Beginn oder Ende einer geschlossenen Ortschaft
wenn sonst wegen der Kürze der Strecke eine Messung nicht möglich wäre
Die Abweichungen sind im Messprotokoll zu dokumentieren.
8. Toleranzabzüge Gemäß jeweiligem Eichschein. Abhängig vom jeweiligen Messgerät.
9. Toleranzgrenze Geschwindigkeit Nicht ausdrücklich vorgesehen. Es sollen nur wesentliche Verstöße geahndet werden.
10. Spezielle Schulung des Messpersonals Die spezialisierte Verkehrsüberwachung obliegt den Verkehrspolizeiinspektionen der regionalen Polizeipräsidien unter Einsatz fachspezifisch fortgebildeter Beamtinnen und Beamten sowie spezieller Verkehrsüberwachungstechnik. Spezielle Schulungen bzw. Ein- und Unterweisungen, jeweils mit schriftlicher Bestätigung.
11. Messung durch Private[9] Nein Nur untergeordnet, im kommunalen Bereich selten, Auswertung nicht durch Private
12. Anforderungen an das Messprotokoll    
Zwingend?
Aufnahmeblatt oder die Daten sind unmittelbar auf den mobilen Endgeräten mit Hilfe der mobilen Sachbearbeitung im polizeilichen Vorgangsbearbeit...

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