4. Klausur: Internationales Privatrecht[Autor]

Bearbeitungszeit für diese – mittelschwere – Klausur: 120 Minuten

Sachverhalt:

Der E lebt verheiratet mit seiner Frau F in Frankfurt a.M., gemeinsam mit den Kindern S und T. Beide Ehegatten sind italienische Staatsbürger. Ihre Eheschließung fand in Italien statt. Beim Erwerb der Immobilie in Deutschland errichtet der E ein Testament bei einem Notar in Darmstadt, in welchem er gem. Art 25 Abs. 2 EGBGB a.F. für sein im Inland belegenes Vermögen die Kinder S und T zu gleichen Teilen einsetzt. Der Darmstädter Notar macht dabei von seinem Recht Gebrauch, die Urkunde beim Nachlassgericht Darmstadt gem. § 34 Abs. 1 BeurkG zu hinterlegen.

Mit dem Ruhestand verziehen die Ehegatten wieder zurück nach Rom. Eine weitere Verfügung von Todes wegen errichten sie nicht. Das Testament gerät in Vergessenheit. Der E verstirbt im Jahre 2022. Die Kinder gehen gemeinsam mit ihrer Mutter in Rom zum Notar und schreiben mehrere Immobilien in Italien um. Des Weiteren beantragen sie ein Europäisches Nachlasszeugnis (ENZ), mit welchem sie die Immobilie in Frankfurt a.M. auf Grundlage italienischen gesetzlichen Erbrechts umschreiben lassen. Die Eintragungsbekanntmachung des Grundbuchamtes Frankfurt a.M. erreicht die Familie im September 2022.

Am 4.12.2022 findet die Ehefrau Post vom Nachlassgericht Darmstadt vor. Darin findet sich das Eröffnungsprotokoll nebst letztwilliger Verfügung.

Noch im gleichen Monat sucht sie das erwachsene Kind S auf und fragt um Rat.

Arbeitsauftrag

Bestimmen Sie das Erbstatut und die Erbquoten.

Welches ist das zuständige Gericht i.S.d. EuErbVO?

Wie ist bezüglich des Europäischen Nachlasszeugnisses zu verfahren?

Notwendige Gesetzestexte

1. EGBGB a.F.

Art. 25 EGBGB a.F.

(1) Die Rechtsnachfolge von Todes wegen unterliegt dem Recht des Staates, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehörte.

(2) Der Erblasser kann für im Inland belegenes unbewegliches Vermögen in der Form einer Verfügung von Todes wegen deutsches Recht wählen.

2. Gesetz vom 30.10.2014 n. 161 (Disposizioni per l’adempimento degli obblighi derivanti dall’appartenenza dell’Italia all’Unione europea – Legge europea)

Art. 32. Disposizioni in materia di certificato successorio europeo.

1. Il certificato successorio europeo di cui agli articoli 62 e seguenti del regolamento (UE) n. 650/2012 del Parlamento europeo e del Consiglio, del 4 luglio 2012, è rilasciato, su richiesta di una delle persone di cui all’articolo 63, paragrafo 1, del regolamento stesso, da un notaio, in osservanza delle disposizioni di cui agli articoli da 62 a 73 del citato regolamento.

2. Avverso le decisioni adottate dall’autorità di rilascio ai sensi dell’articolo 67 del regolamento (UE) n. 650/2012 è ammesso reclamo davanti al tribunale, in composizione collegiale, del luogo in cui è residente il notaio che ha adottato la decisione impugnata. Si applicano le disposizioni di cui all’articolo 739 del codice di procedura civile.

3. Nei territori in cui vige il sistema del libro fondiario continuano ad applicarsi le disposizioni di cui al titolo II del regio decreto 28 marzo 1929, n. 499, in materia di rilascio del certificato di ereditè e di legato.

Art. 32. Bestimmungen zum Europäischen Nachlasszeugnis

1. Das Europäischen Nachlasszeugnis gemäß Art. 62 ff. EuErbVO wird auf Antrag einer der Personen nach Art. 63 Abs. 1 EuErbVO von einem Notar unter Beachtung der Vorschriften der Art. 6273 EuErbVO ausgestellt.

2. Gegen Entscheidungen der Ausstellungsbehörde gemäß Art. 67 EuErbVO ist die Beschwerde vor dem als Kollegialorgan entscheidenden Landgericht des Ortes, in dem der Notar, der die angefochtene Entscheidung erlassen hat, seinen Sitz hat, zulässig. Art. 739 c.p.c. findet Anwendung.

3. Im Gebiet, in dem das Grundbuchsystem gilt, sind die Vorschriften gemäß Titel II des Königlichen Dekrets vom 28.3.1929, Nr. 499 in Bezug auf die Ausstellung des Erb- und Vermächtinsscheins weiterhin anwendbar.

(Kommentar: Die Norm regelt damit insbesondere die sachliche Zuständigkeit der Notare für die Ausstellung des ENZ in Italien. Eine Regelung dahingehend, welcher Notar örtlich zuständig sein soll, enthält Art. 32 des Gesetzes Nr. 161 vom 30.10.2014 hingegen nicht.)

3. Codice Civile – Italienisches Zivilgesetzbuch

Capo I

Della successione dei parenti

Articolo 566

Successione dei figli

Al padre ed alla madre succedono i figli, in parti uguali.

1. Abschnitt

Erbfolge der Verwandten

Artikel 566

Erbfolge der Kinder

Den Vater und die Mutter beerben die Kinder zu gleichen Teilen.

Capo II

Della successione del coniuge

Articolo 581

Concorso del coniuge con i figli

Quando con il coniuge concorrono figli, il coniuge ha diritto alla metà dell’eredità, se alla successione concorre un solo figlio, e ad un terzo negli altri casi.

2. Abschnitt

Erbfolge des Ehegatten

Artikel 581

Zusammentreffen des Ehegatten mit den Kindern

Trifft der Ehegatte mit Kindern zusammen, so hat der Ehegatte das Recht auf die Hälfte der Erbschaft, wenn er in der Erbfolge mit einem einzigen Kind zusammentrifft, in den anderen Fä...

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