Ohne Erfolg! Die Kläger seien allerdings prozessführungsbefugt. Dem Nießbraucher von Wohnungseigentum stehe zwar keine Befugnis zur Anfechtung eines von den Wohnungseigentümern gefassten Beschlusses zu (Hinweis auf BGH, Urteil v. 10.7.2015, V ZR 194/14, NJW 2015 S. 2968 Rn. 8). Die Kläger seien aber von ihrer Tochter zur Prozessführung ermächtigt worden und hätten dies in der Tatsacheninstanz offengelegt. Eine Prozessstandschaft sei auch bei der Anfechtungsklage möglich. Das erforderliche eigene schutzwürdige Interesse an dieser Art der Prozessführung sei für den Nießbraucher des Wohnungseigentums im Hinblick auf dessen umfassende Nutzungsbefugnis (§ 1030 BGB) regelmäßig gegeben. Erhebe ein Nießbraucher, der hierzu ermächtigt worden sei, Anfechtungsklage, sei diese daher – wie im Fall – zulässig, wenn die Voraussetzungen der Prozessstandschaft im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung objektiv vorgelegen hätten und vorgetragen seien. Die Klage sei aber unbegründet, weil die Kläger bei der Klageerhebung nicht Wohnungseigentümer gewesen seien und nicht innerhalb der Klagefrist des § 45 Satz 1 WEG offengelegt hätten und auch nicht offensichtlich gewesen sei, dass sie die Klage in Prozessstandschaft für ihre Tochter erheben. Nur wenn der Gegner wisse, dass der Kläger für sich in Anspruch nehme, ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend machen zu können, könne er die behauptete Ermächtigung bestreiten oder auch das Rechtsschutzinteresse des Klägers infrage stellen. Zudem erstrecke sich bei der gewillkürten Prozessstandschaft die Rechtskraft des auf die Klage des Ermächtigten ergehenden Urteils auf den Ermächtigenden nur, wenn sich der Ermächtigte im Rechtsstreit auf die Ermächtigung gestützt habe.

Hinweis

  1. Die Belastung eines Wohnungseigentums mit einem Nießbrauch ist zulässig. Es handelt sich um den Nießbrauch an einer Sache. Der auf dem Wohnungseigentum lastende Nießbrauch umfasst das gemeinschaftliche und das Sondereigentum (Elzer FD-ZVR 2020, 424456). Der Nießbraucher ist nach § 1036 Abs. 1 BGB zum Besitz des Wohnungseigentums berechtigt und hat nach § 1036 Abs. 2 BGB bei der Ausübung des Nutzungsrechts die bisherige wirtschaftliche Bestimmung der Sache aufrechtzuerhalten und nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft zu verfahren. § 1041 Satz 1 BGB ergänzt das dahin, dass der Nießbraucher für die "Erhaltung" des Wohnungseigentums in seinem "wirtschaftlichen Bestand" zu sorgen hat. Ausbesserungen und Erneuerungen obliegen ihm nach § 1041 Satz 2 BGB nur insoweit, als sie zu der gewöhnlichen Unterhaltung der Sache gehören – oder wenn etwas anderes vereinbart ist. Allerdings kann er vom Eigentümer – ist nichts vereinbart – auch keine Leistung verlangen (Elzer FD-ZVR 2020, 424456). Daraus folgt, dass der Nießbraucher vom Eigentümer grundsätzlich nichts verlangen und es auch kein Interesse geben kann, zu klären, ob es eine außergewöhnliche Erhaltung gibt (ein Streit, es handele sich um eine gewöhnliche Unterhaltung der Sache ist nicht erkennbar – und wäre zwischen Nießbraucher und Eigentümer zu führen).
  2. Ein Wohnungseigentümer kann einen Dritten ermächtigen, als gewillkürter Prozessstandschafter seine prozessualen Rechte wahrzunehmen. Vor allem der veräußernde Wohnungseigentümer kann den Erwerber zur Wahrnehmung seiner prozessualen Rechte (auch still) ermächtigen. Eine Vormerkung ist keine Voraussetzung für die Annahme einer solchen Ermächtigung. Die Prozessstandschaft muss allerdings – wie der BGH nochmals klarstellt – bis zum Ablauf der Klagefrist offengelegt werden. Eine Offenlegung der Ermächtigung ist nur entbehrlich, wenn für alle Parteien eindeutig klar, also offensichtlich ist, welches Recht eingeklagt wird. Der Eigentumserwerb durch Umschreibung im Grundbuch nach Ablauf der Anfechtungsfrist heilt die zunächst fehlende Prozessführungsbefugnis aus eigenem Recht nicht. Verfügt ein Dritter über keine Ermächtigung, ist er nicht klagebefugt. Daher steht etwa Mietern aufgrund ihrer bloß schuldrechtlichen Beziehungen kein originäres Klagerecht zu, auch wenn sie von einem Beschluss "betroffen" sind. Auch für dinglich Berechtigte wie Grundpfandrechtsgläubiger gilt nichts anderes.

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