Leitsatz

Sowohl gegen einen Duldungsbescheid der Finanzbehörde, mit dem diese einen anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruch geltend macht, als auch gegen einen bloß drohenden Duldungsbescheid dieses Inhalts ist für den Anfechtungsgegner ausschließlich der Rechtsweg zu den Finanzgerichten gegeben.

 

Sachverhalt

Die Klägerin erwarb treuhänderisch Beteiligungen an einer GbR. Darauf eröffnete das Finanzamt ihr, den Erwerb wegen bestehender Forderungen gegen die bisherigen Inhaber der Beteiligungen nach dem AnfG i.V.m. § 191 AO anzufechten. Die Klägerin hat vor dem LG Klage auf Feststellung erhoben, dass der verklagte Freistaat zur Anfechtung nicht berechtigt sei. Später erließ das Finanzamt zwei Duldungsbescheide gegen die Klägerin, wogegen diese Einspruch einlegte, über den noch nicht entschieden ist. Das LG hat den ordentlichen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit nach § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an das FG verwiesen. Die sofortige Beschwerde der Klägerin hat das OLG als unbegründet zurückgewiesen. Auch vor dem BGH blieb sie erfolglos.

 

Entscheidung

Fehlt eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers, richtet sich der Rechtsweg nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Anfechtungsanspruch nach § 7 AnfG. Dabei handelt es sich prinzipiell um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit[1]. Indes liegt mittlerweile eine ausdrückliche abweichende Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers vor. Nach § 191 Abs. 1 Satz 2 AO[2] hat die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens zwingend durch Duldungsbescheid zu erfolgen[3].

Der Duldungsbescheid ist ein Verwaltungsakt, gegen den sich der Betroffene nicht auf dem Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten wehren kann. Vielmehr ist nach § 33 FGO der Finanzgerichtsweg zwingend. Dies gilt auch für eine negative Feststellungsklage, mit der die Berechtigung des Steuergläubigers in Abrede gestellt wird, Rückgewähransprüche nach dem AnfG durch Duldungsbescheid geltend zu machen. Etwaige zivilrechtliche Vorfragen, etwa die Klärung der Frage, ob die Voraussetzungen des zivilrechtlichen Rückgewährsanspruchs überhaupt vorliegen, muss das FG prüfen.

Für den Rechtsweg macht es überdies keinen Unterschied, ob der Betroffene sich gegen einen erst drohenden Duldungsbescheid wendet. Der Betroffene will hier die Tätigkeit der hoheitlichen Verwaltung beeinflussen, nämlich ein bestimmtes Unterlassen vorschreiben. Dies kann nur auf dem öffentlich-rechtlichen Rechtsweg erreicht werden. Gegebenfalls muss der Betroffene sich mit einer vorbeugenden Unterlassungsklage gegen beabsichtigte Anfechtungsmaßnahmen des Finanzamts wehren[4].

 

Praxishinweis

Der BGH hat die Rechtswegfrage vor Inkrafttreten des § 191 Abs. 1 Satz 2 AO gegenteilig beantwortet und die ordentlichen Gerichte für zuständig gehalten[5]. Diese Rechtsprechung ist aber angesichts der eindeutigen Neuregelung obsolet geworden.

 

Link zur Entscheidung

BGH-Beschluss vom 27.7.2006, IX ZB 141/05

[2] Die Norm wurde eingeführt durch das StBereinG vom 22.12.1999, BGBl I 1999, S. 2601
[3] Eine Ausnahme gilt, soweit sie im Wege der Einrede nach § 9 AnfG geltend zu machen ist
[4] Dazu ausführlich Tipke, in: Tipke/Kruse, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., Köln, § 40 FGO Rz. 18 (Stand: Oktober 2005)
[5] Vgl. BGH-Urteil vom 29.11.1990, IX ZR 265/89, NJW 1991, S. 1061

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