Leitsatz

Der Nachweis, dass sich der Erblasser in einem Irrtum über das Bestehen seiner Ehe befunden habe, ist nicht erbracht, wenn sich hierfür lediglich die objektiv unrichtige Angabe "nicht verheiratet" in einem notariellen Testament findet.

 

Sachverhalt

Der Erblasser war seit 1961 mit der Beteiligten zu 1) verheiratet, wobei die Ehegatten in getrennten Wohnungen im selben Gebäude wohnten. In seinem notariellen Testament setzte der Erblasser die Beteiligte zu 2) als Alleinerbin ein. Bei den Personalien des Erblassers ist festgehalten: "nach Angabe nicht verheiratet".

Die Beteiligte zu 1) hat das Testament mit der Begründung angefochten, dass dem Erblasser die eheliche Beziehung offensichtlich nicht mehr bewusst gewesen sei.

Aus Äußerungen gegenüber Dritten und aus Schriftverkehr in steuerlichen Angelegenheiten ergibt sich, dass dem Erblasser klar war, dass seine Ehe nicht durch eine rechtskräftige Scheidung beendet war.

 

Entscheidung

Die Beteiligte zu 1) trifft die Feststellungslast für das Vorliegen eines Anfechtungsgrundes. Ein Irrtum des Erblassers darüber, dass seine Ehe nach wie vor bestand und seine Ehefrau noch lebe, ist nicht nachgewiesen. Die unzutreffende Angabe des Familienstandes ist vielmehr Ausdruck seiner Distanzierung von der Ehefrau. Es liegt daher näher, dass der Erblasser gegenüber Dritten bewusst seine bestehende eheliche Bindung leugnete.

Zu Unrecht wird gerügt, das Gericht habe der Urkunde keine hinreichende Beweiskraft beigemessen. Die öffentliche Urkunde erbringt den vollen Beweis dafür, dass alle Rechtswirkung erzeugenden Erklärungen vollständig und richtig wiedergegeben sind. Sie erbringt jedoch keinen Beweis dafür, dass die Erklärung inhaltlich richtig ist. Die unrichtige Angabe "nicht verheiratet" lässt demnach nur den Schluss zu, der Erblasser habe diese Erklärung abgegeben, wohl wissend, dass er nicht verheiratet sei.

 

Link zur Entscheidung

OLG München, Beschluss vom 07.05.2008, 31 Wx 012/08

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