Leitsatz

  1. Unbegründete Anfechtungsklage zu einem Negativbeschluss auf Ablehnung einer baulichen Veränderung des Gemeinschaftseigentums bei in zu unbestimmter Weise gestelltem Antrag auf Genehmigung (hier: allein auf "Änderung des Geländers" auf klägerischer Dachterrasse)
  2. Verwerfung eines klägerischen Feststellungsantrags auf verneinte Verpflichtung, einen Umbau wieder rückgängig zu machen
  3. Grundsätzlich fehlendes Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Feststellungsklage ohne Versuch, die Versammlung (hier: nochmals) entscheiden zu lassen
  4. Entbehrlichkeit einer solchen Vorbefassung nur ausnahmsweise aus Unzumutbarkeitsgründen (etwa bei eindeutigem Feststehen fehlender Nachteilswirkungen oder von vornherein zu erwartender Verweigerung des Einverständnisses)
 

Normenkette

§§ 14 Nr. 1, 22 WEG

 

Kommentar

  1. Die Gemeinschaft hatte vorliegend durch Mehrheitsbeschluss einen nicht näher spezifizierten Antrag des Klägers auf Genehmigung einer "Änderung des Geländers" seiner Dachterrasse abgelehnt (Negativbeschluss). Zu diesem Zeitpunkt wussten die Eigentümer auch noch nichts von dem bereits erfolgten Umbau des Geländers.

    Der klägerischen Anfechtungsklage des Negativbeschlusses fehlt hier zwar nicht das Rechtsschutzbedürfnis (vgl. auch OLG München, NZM 2006 S. 703). Das Problem, ob ein zur Abstimmung gestellter Beschlussantrag zu unbestimmt ist und daher zu Recht von Eigentümern abgelehnt werden kann, ist eine Frage der materiellen (inhaltsrechtlichen) Rechtmäßigkeit eines Beschlusses und damit auch der Begründetheit einer Anfechtungsklage. Muss hier die klägerische Position erst einer näheren Prüfung materiell-rechtlicher Fragen unterzogen werden, kann das Rechtsschutzbedürfnis nicht verneint werden.

    Allerdings ist die Anfechtungsklage dann unbegründet, wenn die Ablehnung aufgrund eines zu unbestimmt gestellten Antrags ordnungsgemäßer Verwaltung entsprach, weil der (bisherige) zur Abstimmung gestellte und abgelehnte Antrag keinen ausreichend genehmigungsfähigen (konkreten) Inhalt besaß. Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung hatte der Kläger auch keinerlei Pläne informativ vorgegeben, aus denen die Eigentümer einen konkreten Änderungsvorschlag hätten ersehen können.

  2. Der weitere Klageantrag auf Feststellung der Verneinung einer klägerischen Verpflichtung, den (zwischenzeitlich durchgeführten) Umbau des Dachterrassengeländers wieder rückgängig zu machen, ist demgegenüber mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig.

    Auch bei Ansprüchen nach § 21 Abs. 4 WEG gegen die restlichen Eigentümer muss ein Anspruchsteller zunächst die Versammlung anrufen, sich mit dem Anspruch zu befassen, bevor Klage erhoben werden kann (h.M.). Im Regelfall besteht nämlich hinsichtlich der Maßnahmen ordnungsgemäßer Verwaltung Beschlussfassungskompetenz. Eine Umgehung durch postwendende Klageerhebung, um so die übrigen Eigentümer zu bestimmtem Verwaltungshandeln zu zwingen, widerspricht der vom Gesetz grundsätzlich vorrangig vorgeschriebenen Willensbildung (vgl. u. a. Spielbauer/Then, WEG, § 21 Rn. 39; Drabek in Riecke/Schmid,WEG, 10. Aufl., § 21 Rn. 152). Von einer solchen Vorbefassung einer Gemeinschaft kann deshalb auch nur ausnahmsweise abgesehen werden, wenn die Herbeiführung eines Beschlusses im Einzelfall nur sinnlose Förmelei wäre, weil etwa von vornherein feststeht, dass eine Ablehnung des Antrags erfolgen wird (h.M.).

    Diese Grundsätze zu § 21 Abs. 4 WEG gelten auch – wie hier – bei einem Verlangen, dass eine eigenmächtig vorgenommene bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum akzeptiert werden müsse.

    Sicher kann ein änderungswilliger Eigentümer von den übrigen Miteigentümern grundsätzlich eine rechtlich verbindliche Klärung der entsprechenden Rechtslage zu §§ 14 und 22 WEG fordern. Allerdings kann er nicht zugleich Klage erheben. Vielmehr muss er den Eigentümern Gelegenheit geben, sich mit einer konkret beabsichtigten baulichen Veränderung im positiven oder negativen Sinne auseinanderzusetzen und zu entscheiden (etwa ablehnend bei angenommenen, nicht unerheblichen Nachteilswirkungen oder ggf. auch zustimmend/genehmigend durch Beschlussfassung, vgl. auch BT-Drucks. 16/887 S. 29).

    Wird eine Genehmigung zu Unrecht durch Mehrheitsbeschluss abgelehnt, muss der antragstellende Eigentümer diesen Beschluss (Negativbeschluss) anfechten und kann zugleich durch Antrag das Ergebnis einer positiven Beschlussfassung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG herbeiführen.

    Zunächst hat er jedoch die Gemeinschaft durch ausreichende Informationen in die Lage zu versetzen, sich in einer Versammlung über die genaue Art und Weise der baulichen Veränderung ein Bild zu machen und – darauf basierend – einen Willen zu bilden. Erst danach kann das Ergebnis dieser Willensbildung gerichtlich überprüft werden. Insoweit darf dieses Prozedere nicht dadurch ausgehebelt werden, dass ein Kläger zunächst eigenmächtig bauliche Veränderungen vornimmt und die Eigentümer vor vollendete Tatsachen stellt, um sie dann ohne Weiteres auf negative Feststellung zu verklagen.

  3. Auch im vorliegenden Fall hätte al...

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