Leitsatz

Das mit der Anfechtungsklage angerufene Zivilgericht ist an einen wirksamen Bescheid gebunden, mit dem das Finanzamt eine Insolvenzsteuerforderung mit einem Vorsteuervergütungsanspruch der Masse verrechnet hat. Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Aufrechnung sind allein im Finanzgerichtsweg zu klären.

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des S, der dem beklagten Land noch Einkommensteuer in einer die Klageforderung übersteigenden Höhe schuldet. Der Kläger wurde am 24.4.2003 zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Am 27.6.2003 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger rechnete seine Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter ab und entnahm seine Vergütung – nach Festsetzung durch das Insolvenzgericht – im August 2003 der Masse. Auf sein Begehren, die darauf entfallende Umsatzsteuer zu erstatten, verrechnete der Beklagte das Vorsteuerguthaben der Masse mit der rückständigen Einkommensteuer. Auf Antrag des Klägers erließ das beklagte Land einen Abrechnungsbescheid, in dem es das Erlöschen des Vorsteuerguthabens durch die Verrechnung feststellte. Der Kläger legte gegen den Bescheid Einspruch ein und erhob nach dessen Zurückweisung Klage. Daneben hat er die vorliegende Klage erhoben, mit der er von dem beklagten Land per Insolvenzanfechtung eine Summe verlangt, die dem Vorsteuerguthaben entspricht. AG und LG haben die Klage abgewiesen. Die Revision blieb erfolglos.

 

Entscheidung

Dem Zahlungsbegehren des Klägers steht die Bindungswirkung des Abrechnungsbescheids entgegen. Das beklagte Land hat gegen den Anspruch des Klägers auf den Vorsteuerüberschuss mit rückständiger Einkommensteuer aufgerechnet[1]. Es hat die Rechtsfolge der Aufrechnung, nämlich das Erlöschen des Vorsteuervergütungsanspruchs, durch Erlass eines Abrechnungsbescheids festgeschrieben[2]. An diesen Abrechnungsbescheid ist der Senat gebunden.

Verwaltungsakte binden in den Grenzen ihrer Bestandskraft andere Gerichte und Behörden[3]. Die Gerichte haben Verwaltungsakte, auch wenn sie fehlerhaft sind, grundsätzlich zu beachten, solange sie nicht durch die zuständige Behörde oder durch ein zuständiges Gericht aufgehoben worden sind. Sie haben die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung oder Feststellung unbesehen, ohne eigene Nachprüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts, zugrunde zu legen.

Der Abrechnungsbescheid ist ein feststellender Verwaltungsakt[4]. Er stellt verbindlich fest, ob und in welcher Höhe entstandene Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis getilgt sind. Der Abrechnungsbescheid ist vorliegend auch vollziehbar. Einspruch und Klage des Klägers gegen den Bescheid ändern an seiner derzeitigen Wirksamkeit nichts. Beide Rechtsbehelfe führen nicht zu einem Suspensiveffekt[5].

Da der Senat den Abrechnungsbescheid daher zu beachten hat, muss er davon ausgehen, dass der Klageanspruch durch die von dem Beklagten erklärte Aufrechnung erloschen ist. Auf insolvenzrechtliche Fragen kommt es nicht an. Das vom Kläger ebenfalls angerufene FG wird bei der Prüfung der Zulässigkeit der Aufrechnung die von ihm dort vorgetragenen Einwendungen zu berücksichtigen haben.

 

Link zur Entscheidung

BGH-Urteil vom 21.9.2006, IX ZR 89/05

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