Leitsatz

  1. Amtswiderspruch gegen Grundbucheintragung setzt Gesetzesverletzung voraus
  2. Für die Unterteilung bedarf es keiner Zustimmung der restlichen Eigentümer zum grundbuchrechtlichen Vollzug, wenn sich die Stimmkraft nach Veräußerungen nicht ändert
  3. Kein Amtswiderspruch gegen neu unterteiltes, eingetragenes Sondereigentum, wenn keine Abgeschlossenheit vorliegen sollte
 

Normenkette

§§ 3 Abs. 2, 25 Abs. 2 WEG; §§ 53, 71 GBO

 

Kommentar

  1. Voraussetzung für die Eintragung eines Amtswiderspruchs wäre, dass das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist, wobei die Gesetzesverletzung feststehen muss, während die Unrichtigkeit des Grundbuchs dagegen nur glaubhaft gemacht sein muss (vgl. Demharter, GBO, 27. Aufl., § 53 Rn. 20 ff., Rn. 28 m.w.H.).
  2. Vorliegend fehlte es bereits an der erforderlichen Gesetzesverletzung, soweit geltend gemacht wurde, die Eintragungen hätten nicht ohne die Zustimmung der restlichen Eigentümer vorgenommen werden dürfen, weil eine Änderung der Stimmrechtsverhältnisse damit verbunden sei. Diese Annahme trifft aber nicht zu. Zwar ist in der Gemeinschaftsordnung der Teilungserklärung zunächst vorgesehen, dass sich das Stimmrecht nach § 25 Abs. 2 WEG (sog. Kopfprinzip) richtet. In daran anschließender Vereinbarungsregelung heißt es dann, dass "bei der Feststellung der Stimmenmehrheit aber von der Summe der Miteigentumsanteile der abgegebenen Stimmen auszugehen sei und Stimmenthaltungen wie nicht abgegebene Stimmen zu werten seien". Damit entspricht die Stimmkraft den Miteigentumsanteilen; diese haben sich allerdings durch die Unterteilung und Veräußerung in der Gemeinschaft nicht vermehrt.
  3. Fehlt tatsächlich eine Abgeschlossenheit, hindert dies nicht die Entstehung von Sondereigentum; § 3 Abs. 2 Satz 1 WEG spricht lediglich von einer Soll-Vorschrift (BGH, NJW 2008 S. 2982). Daher würde es für die Eintragung eines Amtswiderspruchs an der Voraussetzung der Abweichung des Grundbuchinhalts von der materiellen Rechtslage selbst dann fehlen, wenn eine neue Abgeschlossenheitsbescheinigung erforderlich gewesen bzw. entgegen der bereits vorliegenden keine Abgeschlossenheit der jeweils neu gebildeten Einheiten vorliegen würde. Abgeschlossenheit ist übrigens kein baurechtlicher oder bauordnungsrechtlicher Begriff; die Bescheinigung soll lediglich gewährleisten, dass jeder Sondereigentumsbereich von demjenigen der anderen Eigentümer und vom gemeinschaftlichen Eigentum eindeutig abgegrenzt wird (h.M.). Daher wird die Abgeschlossenheit noch nicht dadurch ausgeschlossen, dass bestimmte Anforderungen, die das Bauordnungsrecht stellt, nicht erfüllt sind. Zur erforderlichen Ausstattung einer Wohnung genügt, dass innerhalb der Wohnung eine Küche oder zumindest eine Kochgelegenheit, Wasserversorgung, Ausguss und WC vorhanden sind.
Anmerkung

Was die Hinweise des Gerichts zur vereinbarten Stimmrechtsregelung betrifft, wird hier zwischen Stimmrechten der Eigentümer und jeweiliger Stimmkraft unterschieden. Die vorliegend in der Gemeinschaftsordnung getroffene Vereinbarung erscheint mir jedoch widersprüchlich, wenn dort zum einen auf das Kopfstimmrecht der Eigentümer abgestellt wird und anschließend bei Feststellung von Stimmenmehrheiten auf die Summe der Miteigentumsanteile. Auf das Verhältnis der beiden Stimmrechts- und Wertungsprinzipien nach Vereinbarung hätte das Gericht m.E. etwas näher eingehen müssen, zumal das Gesetz nunmehr etwa in § 16 Abs. 4 WEG und § 22 Abs. 2 WEG vom grundsätzlichen Gebot des Kopfstimmrechts ausgeht. Materiell-rechtlich ändern sich also bei anwendbarem Kopfprinzip im Fall nachträglicher Unterteilung und Veräußerungen tatsächlich die Kopfstimmen, will man einer solchen Personenmehrung nicht mit gequotelten Stimmen der Personen entgegentreten. Zu weiteren grundbuchrechtlichen Unterteilungsvoraussetzungen vgl. auch OLG München, Beschluss v. 27.5.2011, 34 Wx 161/10.

Materiell-rechtlich sind solche Unterteilungen im Übrigen aus meiner Sicht – ohne entsprechende anfängliche Gestattungsvereinbarungen – nicht unproblematisch, bedenkt man etwa notwendige Zustimmungspflichten der restlichen Eigentümer nach § 22 Abs. 1 WEG, beispielsweise in Zusammenhang mit der Schaffung neuer Wohnungseingangstüren und diverser Änderung von Rohren, Rohrquerschnitten und Leitungen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 05.12.2011, 20 W 70/11

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