Leitsatz
- Im strafprozessualen Kostenfestsetzungsverfahren entscheidet der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern über eine sofortige Beschwerde gegen einen vom Rechtspfleger des Landgerichts erlassenen Kostenfestsetzungsbeschluss.
- Die Vorschrift des § 568 S. 1 ZPO findet im strafprozessualen Beschwerdeverfahren über § 464b S. 3 StPO keine entsprechende Anwendung.
OLG Celle, Beschl. v. 21.9.2015 – 2 Ws 148/15
1 Aus den Gründen
Die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG ist gem. §§ 464b S. 3, 311 StPO, §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 2 ZPO, §§ 11 Abs. 1, 21 Nr. 1 RPflG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden.
Über die sofortige Beschwerde hat der Senat in der Besetzung mit drei Richtern zu entscheiden. Eine Entscheidungsbefugnis des Einzelrichters gem. § 464b S. 3 StPO i.V.m. § 568 S. 1 ZPO ist nicht gegeben (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 3.9.2013 – 2 Ws 462/13; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.2.2012 – 3 Ws 41/12; OLG Hamm, Beschl. v. 3.12.2009 – 2 Ws 270/09; Meyer-Goßner/Schmitt, 58. Aufl., § 464b Rn 7; KK-Gieg, 7. Aufl., § 464b Rn 4b; abweichend OLG Celle, Beschl. v. 6.10.2009 – 1 Ws 488/09; Beschl. v. 14.9.2012 – 1 Ws 360/12). Dies ergibt sich aus Folgendem: Die für die Besetzung der Strafsenate maßgebliche Vorschrift des § 122 Abs. 1 GVG bestimmt, dass die Senate grundsätzlich in der Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden entscheiden; ausnahmsweise entscheidet der Einzelrichter an Stelle des Senats, wenn dies in den Prozessgesetzen bestimmt ist. Das in den §§ 304 ff. StPO geregelte Beschwerdeverfahren in Strafsachen enthält keine die Zuständigkeit des Einzelrichters begründende Vorschrift. Die Entscheidungsbefugnis des Einzelrichters ergibt sich aber auch nicht aus § 568 S. 1 ZPO. Dieses Prozessgesetz findet im strafprozessualen Kostenfestsetzungsverfahren auch nicht über § 464b S. 3 StPO Anwendung. Denn der Gesetzgeber beabsichtigte mit dem Zivilprozessreformgesetz v. 27.7.2001 und der damit eingeführten Einzelrichterzuständigkeit nach § 568 S. 1 ZPO, nur das Beschwerdeverfahren in Zivilsachen neu zu regeln, nicht hingegen das strafrechtliche Beschwerdeverfahren. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass im Gesetzesentwurf der Bundesregierung die entsprechenden Folgeänderungen im Rechtsmittelrecht einzig im familiengerichtlichen und im FGG-Verfahren vorgesehen worden sind, nicht aber im Strafverfahren. Dass das Strafverfahren nicht an dem Reformvorhaben teilhaben sollte, ist zum anderen auch daraus zu entnehmen, dass in § 76 GVG, der die Besetzung der Strafkammern beim LG regelt, eine Verweisung auf Prozessgesetze nicht aufgenommen worden ist. Hätte der Gesetzgeber die Einführung des Einzelrichters im strafprozessualen Kostenfestsetzungsverfahren beabsichtigt, hätte eine entsprechende Änderung des § 76 GVG nahe gelegen. Es ist kein Grund ersichtlich, warum eine Beschwerdeentscheidung des LG in Dreierbesetzung ergehen muss, bei einer Beschwerdeentscheidung des OLG aber der Einzelrichter entscheidungsbefugt sein soll (OLG Düsseldorf a.a.O.; OLG Köln a.a.O.). Nach § 464b S. 3 StPO sind auf das Verfahren und auf die Vollstreckung der Entscheidung in Kostenfestsetzungsverfahren die Vorschriften der ZPO überdies nur entsprechend anzuwenden. Die ZPO-Vorschriften finden also nur insoweit Anwendung, als sie strafprozessualen Prinzipien nicht widersprechen. Aus diesem Grund werden für das Beschwerdeverfahren – auch für den Ausschluss einer weiteren Beschwerde nach § 310 Abs. 2 StPO und die Beschwerdefrist – überwiegend die §§ 304 ff. StPO und nicht die entsprechenden Vorschriften der ZPO für anwendbar erachtet (BGH, Beschl. v. 27.11.2002 – 2 AR 239/02 m.w.N.). Dann muss dies allerdings auch für die von der StPO und dem GVG in Beschwerdeverfahren vorgesehene Besetzung gelten.
AGS, S. 443