GKG § 42 Abs. 3

Leitsatz

  1. Einigen sich die Parteien in einem Vergleich auf die Zahlung einer Abfindung und treffen sie in dieser Vereinbarung Regelungen zu den Modalitäten der Auszahlung der Abfindung, dann bilden diese Regelungen mit der bloßen Zahlungsvereinbarung eine untrennbare Einheit und werden von § 42 Abs. 3 S. 1, Hs. 2 GKG erfasst.
  2. Vereinbaren die Parteien in diesem Vergleich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und regeln zusätzlich die Verpflichtung des Arbeitnehmers, seinen eingelegten Widerspruch gegen den Bescheid des Integrationsamts zurückzunehmen, dann hat dieser Regelungsgegenstand keinen Mehrwert. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird ein solcher Widerspruch gegenstandslos, sodass der rein deklaratorisch festgeschriebenen Rücknahmevereinbarung im arbeitsgerichtlichen Vergleich kein zusätzlicher wirtschaftlicher Wert zukommt.

LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 2.11.2011 – 1 Ta 198/11

1 Sachverhalt

Der Kläger war bei der Beklagten beschäftigt. Er ist zu einem Grad von 30 % behindert und einem Schwerbehinderten gleichgestellt. Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis ordentlich gekündigt. Mit seiner Klage griff der Kläger zunächst die Kündigung, im weiteren Prozessverlauf dann darüber hinaus auch eine Befristungsabrede und eine weitere Kündigung als unwirksam an. Die zweite Kündigung durch die Beklagte erfolgte mit Zustimmung des Integrationsamts.

Die Parteien haben den Rechtsstreit durch Vergleich beendet. Darin vereinbarten sie unter anderem die Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Nr. 1) sowie die Verpflichtung des Klägers, seinen gegen den Zustimmungsbescheid des Integrationsamtes eingelegten Widerspruch zurückzunehmen (Nr. 6). In Nr. 3 des Vergleichs vereinbarten die Parteien weiter die Zahlung einer Abfindung an den Kläger, welche dann gemindert werden bzw. vom Kläger zurückzuzahlen sein sollte, falls er von einem durch den Betriebserwerber der Beklagten eingeräumten Rückkehrrecht Gebrauch machen sollte.

Nach Anhörung hat das ArbG den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers auf 20.000,00 EUR für das Verfahren und 24.000,00 EUR für den Vergleich festgesetzt. Dabei hat das ArbG den Kündigungsschutzantrag gegen die erste Kündigung mit drei Bruttomonatsgehältern, den Entfristungsantrag mit einem weiteren Bruttomonatsgehalt und den Kündigungsschutzantrag gegen die zweite Kündigung ebenfalls mit einem Bruttomonatsgehalt bewertet. Für die im Vergleich vereinbarte Zeugnisregelung hat das Gericht einen Mehrwert von 4.000,00 EUR angesetzt.

Gegen diesen Beschluss hat der Kläger bei Gericht Beschwerde eingelegt und die Festsetzung eines höheren Vergleichswertes verlangt. Nr. 3 des Vergleiches sei mit 2.000,00 EUR zu bewerten, da die Parteien nicht nur die von der Kostenregelung des § 42 Abs. 3 GKG erfasste Abfindungszahlung, sondern auch Modalitäten wie Rückzahlung und Minderung der Abfindung bei Eintritt einer Bedingung vereinbart hätten. Diese zusätzliche Rückzahlungsregelung sei weder vom Wortlaut des § 42 Abs. 3 GKG noch von dessen Sinn und Zweck erfasst. Zudem sei Nr. 6 des Vergleichs mit 5.000,00 EUR zu bewerten, da es sich bei dem Widerspruchsverfahren um ein vom Schicksal des arbeitsrechtlichen Verfahrens unabhängiges Verfahren gehandelt habe, über dessen Ende man eine Vereinbarung getroffen habe.

Das ArbG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem LAG zur Entscheidung vorgelegt. Die Festsetzung eines weiteren Vergleichsmehrwerts hat es mit der Begründung abgelehnt, die Regelung des § 42 Abs. 3 GKG erfasse nach ihrem Sinn und Zweck der Kostendämpfung die gesamte Nr. 3 des Vergleichs. Die Regelung in Nr. 6 des Vergleichs sei wegen wirtschaftlicher Identität nicht gesondert zu bewerten, da die behördliche Zustimmung Vorfrage für die arbeitsgerichtliche Bewertung der Kündigung sei.

Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.

2 Aus der Gründen

Das ArbG hat den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Beklagten hinsichtlich des geltend gemachten Vergleichsmehrwertes zutreffend auf 24.000,00 EUR festgesetzt.

Zu Recht hat das ArbG keinen Vergleichsmehrwert für die Abfindungsregelung in Nr. 3 des Vergleichs festgesetzt. Nach § 23 Abs. 1 RVG i.V.m. § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO i.V.m. § 42 Abs. 3 S. 1, Hs. 2 GKG bleibt die Vereinbarung einer Abfindung bei der Bewertung einer Bestandsstreitigkeit wertmäßig unberücksichtigt. Nach § 3 ZPO bestimmt grundsätzlich das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Klage den Wert des Rechtsstreits, wovon nach § 42 Abs. 3 S. 1 GKG bei Bestandsstreitigkeiten eine Ausnahme zu machen ist, indem eine Obergrenze von drei Bruttomonatsgehältern für den Wert solcher Streitigkeiten gezogen wird. Sinn und Zweck der Regelung des § 42 Abs. 3 S. 1 GKG ist es, aus sozialen Gründen die Kosten von Bestandsstreitigkeiten niedrig zu halten. Dieser Zweck würde vereitelt, wenn für den Verlust eines Arbeitsplatzes vereinbarte Kompensationen oder Äquivalente den Streitwert erhöhen würden. Darf der Gegenstandswert schon bei erfolgreic...

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