Die gem. §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde ist in der Sache auch begründet.

Zu Recht hat der für den Haftprüfungstermin vor dem AG am 20.12.2017 bestellte Rechtsanwalt G. eine Grundgebühr mit Zuschlag gem. § 4101 VV i.H.v. 192,00 EUR, eine Verfahrensgebühr mit Zuschlag gem. Nr. 4105 VV i.H.v. 161,00 EUR, eine Terminsgebühr mit Zuschlag gem. Nr. 4103 VV i.H.v. 166,00 EUR sowie eine Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV i.H.v. 20,00 EUR zuzüglich der darauf entfallenden Mehrwertsteuer gem. Nr. 7008 VV, mithin insgesamt 641,41 EUR, geltend gemacht. Die Ausführungen sowohl des AG als auch der Bezirksrevisorin bei dem LG überzeugen die Kammer nicht. Zwar ist es zutreffend, dass ein sogenannter "Terminsvertreter" im Rahmen eines Hauptverhandlungstermins für den Fall, dass der eigentliche originäre Verteidiger verhindert ist, lediglich die Terminsgebühr i.S.d. Nrn. 4114, 4115 VV geltend machen kann, nicht aber eine Grundgebühr sowie eine Verfahrensgebühr sowie eine Postpauschale (so auch OLG Naumburg, Beschl. v. 8.1.2018 – 1 Ws (s) 394/17).

Die Dinge liegen jedoch hier gänzlich anders.

So bietet sich dem Terminsvertreter im Rahmen eines Hauptverhandlungstermins allenfalls ein beschränkter Prozessstoff, für dessen Bewältigung es gerade keiner eingehenden Einarbeitung in die Sache bedarf. Essentielle Dinge werden in solchen lediglich mit einem Terminsvertreter besetzten Hauptverhandlungstermin in der Regel nicht erörtert.

Anders verhält es sich jedoch im Rahmen eines Haftprüfungstermins, wie er am 20.12.2017 durch Rechtsanwalt G. wahrgenommen wurde:

Im Rahmen dieses Haftprüfungstermins geht es um ein essentielles Gut des Beschuldigten, nämlich seine Freiheit. Der für diesen Haftprüfungstermin gem. § 141 Abs. 3 S. 4 StPO beigeordnete Verteidiger muss den gesamten Akteninhalt beherrschen, um Stellung nehmen zu können sowohl zum Bestehen eines dringenden Tatverdachtes gegen den Mandanten als auch zum Vorliegen eines Haftgrundes. Zwar war hier der Prozessstoff zum Zeitpunkt des Haftprüfungstermins noch überschaubar, jedoch kann dies auch gänzlich anders gestaltet sein. In jedem Fall ist von dem Verteidiger im Rahmen des Haftprüfungstermins, der eine richterliche Vernehmung i.S.v. § 141 Abs. 3 S. 4 StPO darstellt, eine nicht nur punktuell vorhandene Aktenkenntnis, sondern vielmehr vollständige Einarbeitung in die Sache vonnöten. Deshalb erscheint es verfehlt und unangemessen, für die Durchführung eines Haftprüfungstermins lediglich eine Terminsgebühr anzusetzen. Vielmehr ist es allein sachgerecht, dem für diesen Haftprüfungstermin beigeordneten Verteidiger die vollen Gebühren, wie sie originäre Verteidiger beanspruchen könnten, zuzubilligen. Zwar ist dem Beschwerdeführer, Rechtsanwalt G., nicht darin zuzustimmen, dass er als "Vollverteidiger" bestellt wurde, da der Beschluss des AG gerade explizit die Beiordnung lediglich für den Haftprüfungstermin vorsah, ebenso wie die Entpflichtung des eigentlichen Verteidigers, Rechtsanwalt F. nur für diesen Termin. Mithin sollte Rechtsanwalt G. exklusiv für die Durchführung des Haftprüfungstermins bestellt werden, so dass danach sein Beiordnungsverhältnis erneut erlöschen sollte. Gleichwohl ändert dies nichts an den oben getätigten Ausführungen.

Soweit dies eine Missbrauchsmöglichkeit eröffnet, ist das Gericht künftig gehalten zu vermeiden, einen anderen als den ursprünglich bestellten Verteidiger für den Haftprüfungstermin beizuordnen. Da es sich in Haftsachen für den Beschuldigten um einschneidende Maßnahmen handelt, ist dem Wunsch des Beschuldigten, einen Verteidiger zum Zwecke seiner ordnungsgemäßen Verteidigung bei sich zu wissen, in der Regel zu entsprechen. Soweit jedoch ein Haftprüfungstermin mit dem originär bestellten Verteidiger nicht möglich sein sollte, ist die Auslösung aller Gebührentatbestände wie für den originären Verteidiger hinzunehmen.

Nach alledem hatte die Beschwerde des Verteidigers Rechtsanwalt G. im vollen Umfange Erfolg, weshalb weitere 443,87 EUR aus der Landeskasse zu seinen Gunsten festzusetzen waren.

entnommen aus www.burhoff.de

AGS 7/2018, S. 340 - 342

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