Die gem. § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Fall 1 ZPO statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde der Klägerin ist begründet. Die Beurteilung des Beschwerdegerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Kosten des Verfahrens nach § 101 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 und Abs. 9 S. 1 UrhG gegen einen Internet-Provider auf Auskunft über den Inhaber einer IP-Adresse der Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Rechtsstreits gegen die Person dienen, die für eine über diese IP-Adresse begangene Urheberrechtsverletzung verantwortlich ist. Diese Kosten sind daher gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren (BGH, Beschl. v. 15.5.2014 – I ZB 71/13, GRUR 2014, 1239 Rn 10 = WRP 2014, 1468 – Deus ex; Beschl. v. 11.12.2014 – I ZB 7/14, ZUM-RD 2015, 214 Rn 9). Das Beschwerdegericht hat weiter zutreffend zugrunde gelegt, dass die Kosten des Verfahrens nach § 101 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 und Abs. 9 S. 1 UrhG nur insoweit i.S.v. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO notwendige Kosten eines nachfolgenden Rechtsstreits gegen eine Person sind, die für eine über eine dieser IP-Adressen begangene Urheberrechtsverletzung verantwortlich ist, als sie anteilig auf diese Person entfallen (BGH GRUR 2014, 1239 Rn 18 – Deus ex; ZUM-RD 2015, 214 Rn 10).

2. Die Annahme des Beschwerdegerichts, die im Verfahren nach § 101 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 und Abs. 9 S. 1 UrhG aufgewandten Rechtsanwaltskosten seien keine nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO erstattungsfähigen notwendigen Kosten des nachfolgend gegen die für die Urheberrechtsverletzung verantwortliche Person geführten Rechtsstreits, ist nicht frei von Rechtsfehlern.

a) Nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO umfasst die Kostentragungspflicht der unterliegenden Partei die Kosten des Rechtsstreits, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren.

aa) Zu den Kosten des Rechtsstreits gehören neben den durch die Einleitung und Führung eines Prozesses ausgelösten Kosten auch diejenigen Kosten, die der Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Rechtsstreits dienen. Diese werden aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit den Prozesskosten zugerechnet und können im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.1986 – III ZR 268/85, WM 1987, 247, 248; Beschl. v. 20.10.2005 – I ZB 21/05 GRUR 2006, 439 Rn 11 = WRP 2006, 237 – Geltendmachung der Abmahnkosten [= AGS 2006, 146]). Kosten des Rechtsstreits können danach etwa Kosten für Detektivermittlungen und Testkäufe (vgl. BGH GRUR 2006, 439 Rn 11 – Geltendmachung der Abmahnkosten) oder die in einem vorgeschalteten Güteverfahren aufgewandten Kosten der rechtsanwaltlichen Vertretung sein (vgl. OLG Karlsruhe JurBüro 2008, 538; Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., 2016, § 91 Rn 9). Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt im Verfahren nach § 101 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 und Abs. 9 S. 1 UrhG dient der Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Rechtsstreits gegen den Urheberrechtsverletzer, so dass die damit verbundenen Rechtsanwaltskosten Kosten des anschließend geführten Rechtsstreits i.S.d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO sind.

bb) Die Beurteilung, ob Kosten i.S.d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendig waren, hat sich daran auszurichten, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Kosten auslösende Maßnahme im damaligen Zeitpunkt (ex ante) als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte tun. Sie trifft lediglich die Obliegenheit, unter mehreren gleichgearteten Maßnahmen die kostengünstigere auszuwählen (vgl. BGH, Beschl. v. 20.10.2005 – VII ZB 53/05, NJW 2006, 446 Rn 12 [= AGS 2006, 95]; BGH, Beschl. v. 10.7.2012 – VI ZB 7/12, NJW 2012, 2734 Rn 9, jeweils m.w.N. [= AGS 2012, 493]).

Nach diesem Maßstab erweist sich im Streitfall die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Durchführung des Verfahrens nach § 101 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 und Abs. 9 S. 1 UrhG als notwendig für die Rechtsverfolgung. Die Verfolgung zivilrechtlicher Ansprüche wegen Urheberrechtsverletzungen zählt nicht zu den originären Aufgaben eines Unternehmens, das sich mit dem Vertrieb von Software, Computerspielen und DVD-Filmen befasst. Es ist daher, sofern es über eine Rechtsabteilung verfügt, nicht gehalten, diese zur Ermittlung und Verfolgung solcher Ansprüche einzusetzen (vgl. BGH, Urt. v. 8.5.2008 – I ZR 83/06, GRUR 2008, 928 Rn 14 = WRP 2008, 1188 – Abmahnkostenersatz; Urt. v. 17.7.2008 – I ZR 219/05, GRUR 2008, 996 Rn 36 = WRP 2008, 1449 – Clone-CD; Urt. v. 4.2.2010 – I ZR 30/08, GRUR 2010, 1038 Rn 23 f. = WRP 2010, 1169 – Kosten für Abschlussschreiben I [= AGS 2011, 316]; Urt. v. 19.5.2010 – I ZR 140/08, GRUR 2010, 1120 Rn 26 = WRP 2010, 1495 Vollmachtsnachweis). Der Umstand, dass es sich bei den Verfahren nach § 101 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 und Abs. 9 S. 1 UrhG aufgrund einer Häufung v...

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