Zu Leitsatz Nr. 1

Leitsatz Nr. 1 der Entscheidung ist zutreffend; er gibt im Wesentlichen den Gesetzestext des § 48 Abs. 1 RVG wieder. Darüber hinaus stellt das OLG Koblenz klar, dass der rechtskräftige Beschluss, durch den die Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist – gleich ob richtig oder falsch – im Kostenfestsetzungsverfahren bindet und weder dort noch anderweitig korrigiert werden kann, mit der Folge, dass der Vergütungsanspruch im Umfang der Bewilligung und Beiordnung aus der Landeskasse zu erstatten ist.

Zu Leitsatz 2

Der Leitsatz zu Nr. 2, wonach eine Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe für Verfahrensdifferenz- und Terminsdifferenzgebühr für nicht anhängige Verfahrensgegenstände nicht möglich sei, weil die Erfolgsaussicht nicht geprüft werden könne, ist falsch.

Es gibt keine gesetzliche Regelung, wonach eine Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe für Verfahrens- und Differenzgebühr nicht möglich sein soll. Es ist auch keine Grundlage für die Annahme des OLG ersichtlich, dass die Erfolgsaussicht in diesen Verfahrenskonstellationen nicht geprüft werden kann. Das Gericht wird auch dann, wenn Verhandlungen über nicht anhängige Gegenstände geführt werden und ein Vergleich darüber abgeschlossen wird, festzustellen in der Lage sein, ob ein Bemittelter bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinsichtlich des nicht anhängigen Gegenstands absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. Auf Seiten des Gerichts ist Rechtskenntnis in diesem Umfang vorauszusetzen.

Zu Leitsatz Nr. 3

Der Leitsatz ist falsch. Das OLG leugnet nicht das Entstehen der Gebühren (Verfahrensdifferenzgebühr, Terminsdifferenzgebühr, Einigungsgebühr) beim Abschluss eines so genannten Mehrvergleichs, sondern vertritt nur, dass nicht alle Gebühren aus der Landeskasse zu erstatten seien und die tenorierte Erstreckung der Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe bei Abschluss eines Mehrvergleichs nur die Einigungsgebühr erfasse. Davon ist unter Berücksichtigung der wegweisenden Regelung des § 48 Abs. 1 RVG (Leitsatz zu Nr. 1) aber gerade deshalb nicht auszugehen, weil die Erstreckung der Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe auf einen Mehrwertvergleich alle in diesem Zusammenhang entstehenden Gebühren umfasst. Insoweit das OLG abweichend hätte verfahren wollen, hätte es die Verfahrensdifferenzgebühr und die Terminsdifferenzgebühr ausdrücklich ausnehmen müssen. Den umgekehrten Weg zu gehen, widerspricht den Denkgesetzen und der eindeutigen gesetzlichen Regelung.

Zu Leitsatz Nr. 4

Auch die Auslegung des OLG ist falsch. Beim Abschluss eines Mehrvergleichs entstehen für den nicht anhängigen Gegenstand die Verfahrensdifferenzgebühr, die Terminsdifferenzgebühr und die Einigungsgebühr. Die Einigungsgebühr setzt eine Betriebsgebühr – hier die Verfahrensdifferenzgebühr – voraus. Auch eine Terminsgebühr fällt an. Die Verfahrensbevollmächtigen haben regelmäßig bereits eine Besprechung zur Erledigung des Verfahrens geführt. Ungeachtet dessen fällt die Terminsgebühr auch für den Abschluss eines schriftlichen Vergleichs an. Es liegt deshalb nahe, eine Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe für den Mehrvergleich regelmäßig dahingehend auszulegen, dass mit ihr alle entstandenen Gebühren abgedeckt und mithin von der Landeskasse zu erstatten sind, und nicht den umgekehrten Weg zu gehen. Will das OLG eine Einschränkung erreichen, so wäre dies ausdrücklich zu tenorieren. Bestimmt es aber die Erstreckung auf den Mehrvergleich, so sind demnach alle auch aus seiner Sicht entstehenden Gebühren zu erstatten. Anderenfalls würde das OLG die gebotene weitgehende Gleichbehandlung der mittellosen mit der bemittelten Partei hinsichtlich der anwaltlichen Beratung und Vertretung konterkarieren. Würde die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nur auf die Einigungsgebühr erstreckt, hätte der Mandant Verfahrensdifferenzgebühr und eine ggf. entstandene Terminsgebühr selbst zu tragen. Das kann er aber nicht: Er hat keine Mittel. Die Beschränkung auf die Einigungsgebühr würde daher in jedem Fall die Einbeziehung nicht rechtshängiger Ansprüche stets verhindern. Die Konstellation ist auch nicht vergleichbar mit einer im Erörterungstermin im PKH-Verfahren erzielten Einigung der Beteiligten, weil nicht lediglich ein Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfeverfahren anhängig gewesen ist. Die insoweit ergangene Rspr. des BGH ist deshalb auch nicht übertragbar.

Zu Leitsatz Nr. 5

Schließlich überzeugt auch der vom OLG gezogene "Umkehrschluss" aus § 48 Abs. 3 RVG nicht. Der Gesetzgeber wollte bereits vor Inkrafttreten des 2. KostRMoG alle im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Mehrvergleichs entstehenden Gebühren, soweit die Regelungsgegenstände des § 48 Abs. 3 RVG erfasst waren, aus der Landeskasse erstattet wissen. Die Rspr. hatte dies aber in der Vergangenheit nicht richtig verstanden. Das war Grund und Anlass dafür, durch die Änderung des Gesetzestexts den Willen ...

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