Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung über die Erinnerung (§§ 165, 151 VwGO) ist zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben, und auch begründet.

1. Der Kläger kann entgegen der Ansicht des Urkundsbeamten die 1,3-fache Verfahrensgebühr aus dem Einzelstreitwert von 1,088,83 EUR und die ungekürzte Post- und Telekommunikationspauschale verlangen.

1.1 Nach. Nr. 3100 VV erhält ein Bevollmächtigter eine 1,3-fache Verfahrensgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Die Gebühr richtet sich vorliegend infolge der Streitwertfestsetzung für die Gerichtsgebühren gem. § 32 Abs. 1 RVG nach dem festgesetzten Streitwert.

Es trifft zu, dass anteilig aus dem festgesetzten Gesamtstreitwert bereits vor der Abtrennung eine 1,3-fache Verfahrensgebühr, wie vom Urkundsbeamten berechnet, entstanden ist. In den durch die Trennung verselbstständigten Verfahren, wie dem vorliegenden, fallen aber trotzdem entsprechende Gebühren aus den jeweiligen geringeren Streitwerten mit der Trennung erneut an. Das hat das BVerwG, als für die Auslegung von Bundesrecht höchstrichterlich zuständige Instanz, bereits entschieden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 4.9.2009 – 9 KSt 10/09 u.a.), der Bayerische VGH ist dieser Rspr. kürzlich unter ausdrücklicher Aufgabe der früheren, bereits zitierten, Rspr. (mehrfach) gefolgt (vgl. insb. BayVGH, Beschl. v. 8.8.2017 – 14 C 17.559), ebenso das OVG Brandenburg-Berlin (vgl. OVG Brandenburg-Berlin, Beschl. v. 10.11.2016 – OVG 3 K 97.16).

Etwas anderes folgt auch nicht aus § 15 Abs. 2 RVG. Durch die Trennung sind jeweils rechtlich selbstständige Verfahren entstanden, die gesondert geführt werden und bei denen Gebühren gesondert erneut anfallen (vgl. Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl., 2014, § 93 Rn 8). Es handelt sich dabei nach der Trennung nicht mehr um dieselbe Angelegenheit i.S.v. § 15 Abs. 2 RVG. Danach kann der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit zwar nur einmal fordern. Das hindert nach der vorstehend zitierten Rspr. des BVerwG und des Bayerischen VGH aber lediglich eine kumulative Forderung der anteiligen Gebühr aus dem Gesamtstreitwert und der Gebühr aus dem Einzelstreitwert. Hieraus folgt, so der Bayerische VGH (2017) und das OVG Brandenburg-Berlin, ein Wahlrecht des Rechtsanwaltes, ob er die Festsetzung der (niedrigeren) Verfahrensgebühr aus dem anteiligen Gesamtstreitwert oder der (höheren) Verfahrensgebühr aus dem Einzelstreitwert nach der Trennung der Verfahren geltend macht. Die vor der Trennung entstandene Verfahrensgebühr ist aber nach der Rspr. des BVerwG bei der nach der Trennung neu entstandenen Verfahrensgebühr anzurechnen, woraus sich letztlich die Wirkungslosigkeit der vor der Trennung entstandenen Gebühr ergibt (vgl. BayVGH, Beschl. v. 8.8.2017 -14 C 17.559, inzwischen mehrfach bestätigt). Die frühere Rspr. des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BayVGH, Beschl. v. 30.1.2007 – 25 C 07.161) hatte sich zudem allein auf das Argument der "Einmaligkeit", damals aus § 13 Abs. 2 S. 1 BRAGO, gestützt.

Die 2. Kammer des VG Würzburg gibt ihre frühere Rspr. insoweit ausdrücklich auf. Gerade das vorliegende Verfahren zeigt überdeutlich, dass diese frühere Rspr. der Arbeitsleistung des tätigen Rechtsanwaltes nicht gerecht wird. Die maßgebliche Arbeit des Bevollmächtigten erfolgte mit der umfangreichen Klagebegründung – ebenso in den anderen verselbstständigten Verfahren – erst nach der Trennung. Eine allein ergebnisorientierte Argumentation vermag ebenfalls kein anderes Ergebnis zu begründen.

1.2 Auch die Pauschale für die Post- und Telekommunikation nach Nr. 7002 VV ist i.H.v. 20,00 EUR (zuzüglich Mehrwertsteuer) ungekürzt anzusetzen. Nach der Trennung handelt es sich nicht mehr um dieselbe Angelegenheit i.S.v. § 15 Abs. 2 RVG (s. oben), weshalb die Pauschale in jedem Verfahren gesondert beantragt werden kann (so BayVGH, Beschl. v. 8.8.2017 – 14 C 17.559).

1.3 Die Übertragung der abschließenden Kostenfestsetzung auf den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beruht auf § 173 VwGO i.V.m. § 573 Abs. 1 S. 3 u. § 572 Abs. 3 ZPO (vgl. BayVGH, Beschl. v. 3.12.2003 – 1 N 1.1845, juris Rn 20; vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl., 2014, § 165 Rn 9 f.).

AGS 6/2018, S. 270 - 272

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