Kostenrechtlich interessant ist das selbstständige Beweisverfahren für den Anwalt und die Beteiligten, wenn im selbstständigen Beweisverfahren ein Vergleich über den Zugewinnanspruch, also die Hauptsache geschlossen wird. Ein solcher ist im selbstständigen Beweisverfahren möglich, da auch hier die gerichtliche Protokollierung als Vergleich die an sich nach § 1410 BGB erforderliche notarielle Beurkundung ersetzt (§ 127a BGB). Dazu genügt bereits ein nach § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 278 Abs. 6 ZPO gerichtlich festgestellter Vergleich.[12] Der Anwalt erhält dann aus dem – häufig gegebenen – Mehrwert des streitigen Zugewinnanspruchs neben der vollen 1,5-Einigungsgebühr auch noch eine Verfahrensdifferenzgebühr sowie die höhere Terminsgebühr.

 

Beispiel 11

Die Ehefrau hat unstreitig keinen Zugewinn erwirtschaftet. Der Ehemann ist Alleineigentümer eines Grundstücks, das er während der Ehe erworben hat. Sein indexiertes Anfangsvermögen beträgt unstreitig 200.000,00 EUR. Der Ehemann ist der Auffassung, sein Grundstück habe einen Wert von 170.000,00 EUR und sein übriges Vermögen betrage 30.000,00 EUR, so dass er nicht ausgleichspflichtig sei. Die Ehefrau behauptet, das Grundstück sei 250.000,00 EUR wert und das übrige Vermögen 60.000,00 EUR. Es wird ein Beweisverfahren über den Wert des Grundstücks eingeleitet. Nach Erhalt des Gutachtens schließen die Eheleute unter Mitwirkung ihrer Anwälte nach ausführlichen Besprechungen einen Vergleich, wonach zum Ausgleich des Zugewinns vom Ehemann 40.000,00 EUR gezahlt werden.

Der Wert des Verfahrens beläuft sich auf 40.000,00 EUR, da sich der Streit über den Wert des Grundstücks nur insoweit auf die Höhe des Zugewinnausgleichs auswirken konnte ([250.000,00 EUR – 170.000,00 EUR] = 80.000,00 EUR : 2).

Der Vergleich hat einen Mehrwert von 15.000,00 EUR, da sich der Streit über das übrige Vermögen nur in dieser Höhe auswirkt ([60.000,00 EUR – 30.000,00 EUR] = 30.000,00 EUR : 2).

Die Verfahrensgebühr entsteht daher zu 1,3 aus 40.000,00 EUR und zu 0,8 aus 15.000,00 EUR.

Die 1,2-Terminsgebühr entsteht aus dem Gesamtbetrag von 55.000,00 EUR.

Die Einigungsgebühr entsteht aus dem Gesamtbetrag von 55.000,00 EUR und zwar durchweg zu einem Satz von 1,5. Zwar haben sich die Eheleute i.H.v. 40.000,00 EUR über anhängige Gegenstände geeinigt und zu 15.000,00 EUR über nicht anhängige Gegenstände. Da im Beweisverfahren eine Ermäßigung der Einigungsgebühr aber nicht stattfindet, ist dies unerheblich.

Abzurechnen ist wie folgt:

I. Anwalt

 
1. 1,3–-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV 1.316,90 EUR  
  (Wert: 40.000,00 EUR)    
2. 0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 VV 520,00 EUR  
  (Wert: 15.000,00 EUR)    
  gem. § 15 Abs. 3 RVG, nicht mehr als 1,3 aus 55.000,00 EUR   1.622,40 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   1.497,60 EUR
  (Wert: 55.000,00 EUR)    
4. 1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV   1.872,00 EUR
  (Wert: 55.000,00 EUR)    
5. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 5.012,00 EUR  
6. 19 % Umsatzsteuer   952,28 EUR
Gesamt   5.964,28 EUR

Bei Gericht fällt eine 1,0 Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen an (Nr. 1503 FamGKG-KostVerz.) und für den Mehrwert des Vergleichs eine 0,25-Vergleichsgebühr nach Nr. 1500 FamGKG-KostVerz. Die Summe beider Gebühren darf allerdings den Betrag einer 1,0-Gebühr aus dem Gesamtwert (55.000,00 EUR) nicht übersteigen (Anm. zu Nr. 1500 FamGKG-KostVerz. i.V.m. § 30 Abs. 3 FamGKG).

II. Gericht

 
1. 1,0-Gebühr, Nr. 1503 FamGKG-KostVerz. (Wert: 40.000,00 EUR) 476,00 EUR
2. 0,25-Vergleichsgebühr, Nr. 1500 FamGKG-KostVerz. 73,25 EUR
  (Wert: 15.000,00 EUR)  
Gesamt: 549,25 EUR

Ist nur der Wert eines Vermögensgegenstands strittig, der Zugewinn im Übrigen aber nicht, dann entsteht nur die 0,8-Verfahrensgebühr aus dem Mehrwert, nicht aber auch daraus die Termins- und Einigungsgebühr, da es insoweit an einer Einigung i.S.d. Nr. 1000 VV fehlt.

 

Beispiel 12

Die Ehefrau hat unstreitig keinen Zugewinn erwirtschaftet. Der Ehemann ist Alleineigentümer eines Grundstücks, das er während der Ehe gekauft hat. Sein indexiertes Anfangsvermögen beträgt unstreitig 200.000,00 EUR. Der Ehemann ist der Auffassung, sein Grundstück habe einen Wert von 170.000,00 EUR. Die Ehefrau behauptet dagegen, das Grundstück sei 250.000,00 EUR wert. Das übrige Vermögen des Ehemanns beträgt unstreitig 60.000,00 EUR. Es wird ein Beweisverfahren über den Wert des Grundstücks eingeleitet. Nach Erhalt des Gutachtens schließen die Eheleute unter Mitwirkung ihrer Anwälte nach ausführlichen Besprechungen einen Vergleich, wonach zum Ausgleich des Zugewinns vom Ehemann 40.000,00 EUR gezahlt werden.

Der Wert des Verfahrens beläuft sich wiederum auf 40.000,00 EUR, da sich der Streit über den Wert des Grundstücks nur insoweit auf die Höhe des Zugewinnausgleichs auswirken konnte ([250.000,00 EUR – 170.000,00 EUR] = 80.000,00 EUR : 2).

Der Vergleich hat keinen Mehrwert, da der weitergehende Zugewinnausgleichsanspruch i.H.v. 15.000,00 EUR unstreitig war und insoweit folglich weder ein Vergleich noch eine Einigun...

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