1. Gegen die Unterlassung der Kosten- und Auslagenentscheidung in dem die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den Beschwerdeführer ablehnenden Beschluss der Schwurgerichtskammer ist die sofortige Beschwerde des früheren Angeschuldigten statthaft. Die Beschränkung des § 464 Abs. 3 S. 1 2. Hs. StPO steht dem nicht entgegen. § 464 Abs. 3 S. 1 1. Hs. StPO geht von einer grundsätzlichen Anfechtbarkeit der Kosten- und Auslagenentscheidung aus und erklärt – als Ausnahme – die Unzulässigkeit der Anfechtbarkeit, wenn die Anfechtbarkeit der Hauptentscheidung i.S.v. § 464 Abs. 1 generell nicht statthaft ist, d.h. schon nach der Art der Entscheidung schlechthin nicht zulässig ist oder weil die betroffene Person grundsätzlich – unabhängig von der Frage der Beschwer im Einzelfall – nicht zur Einlegung des Rechtsmittels befugt ist (BT-Drucks 10/1313, S. 40; Senatsbeschl. v. 5.8.2010 – 2 Ws 471/10, NStZ-RR 2010, 392; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 464 Rn 19; Franke, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl., § 464 Rn 8; Hilger, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 464 Rn 57).

Nach § 210 Abs. 2 StPO ist die Anfechtung der Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens nicht generell ausgeschlossen, sondern nur der Staatsanwaltschaft vorbehalten, weil der frühere Beschuldigte durch die Entscheidung nicht beschwert wird.

Für den Fall der Nichteröffnung des Hauptverfahrens gem. § 204 StPO ist daher die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde des früheren Beschuldigten gegen die Unterlassung einer Kosten- und Auslagenentscheidung anerkannt (vgl. OLG München StraFO 1997, 191; KG StraFO 2008, 265; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O.; Hilger, in: Löwe-Rosenberg, a.a.O.).

Die sofortige Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. In Ermangelung eines in den Akten befindlichen Nachweises über die erfolgte Zustellung des angegriffenen Beschlusses ist entsprechend den Angaben des Verteidigers davon auszugehen, dass diesem der Beschluss am 20.7.2015 zugegangen ist und er mit Schriftsatz vom 24.7.2015, der per Fax am selben Tag beim LG Aachen eingegangen ist, innerhalb der Wochenfrist des § 311 Abs. 2 StPO form- und fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt hat.

Das Rechtsmittel führt gem. § 467 Abs. 1 StPO dazu, dass die Kosten und notwendigen Auslagen des früheren Beschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen sind. Hinsichtlich der Kosten führt zwar allein schon das Unterlassen einer darüber zu treffenden Entscheidung dazu, dass die Staatskasse diese zu tragen hat (Hilger, in: Löwe-Rosenberg a.a.O., Rn 17; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., Rn 8, jeweils m.w.N.). Jedenfalls aus Gründen der Klarstellung ist insoweit aber ein gesonderter Ausspruch angezeigt.

2. Soweit sich das Rechtsmittel gegen die unterbliebene Entscheidung über die Entschädigung des Beschwerdeführers nach dem StrEG richtet, ist es nicht statthaft, weil noch keine beschwerdefähige Entscheidung vorliegt.

Zwar war die Kammer nach § 8 Abs. 1 S. 1 StrEG verpflichtet, mit der verfahrensabschließenden Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens über die Verpflichtung zur Entschädigung des Beschuldigten für die erlittene Auslieferungs- und Untersuchungshaft zu entscheiden.

Anders als bei einer unterbliebenen Entscheidung über die notwendigen Auslagen nach § 464 Abs. 2 StPO kommt dem bloßen Schweigen über die Entschädigungsfrage in der verfahrensabschließenden Entscheidung aber nicht die Bedeutung einer Versagung der Entschädigung zu (OLG Stuttgart NStZ 2001, 496; OLG Celle NStZ-RR 2011, 264; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 8 StrEG Rn 7 m.w.N.).

Ist eine Entscheidung beim Vorliegen eines entschädigungsfähigen Tatbestandes unterblieben, so kann und muss sie durch das dafür zuständige Gericht nachgeholt werden (OLG Stuttgart a.a.O.; OLG Düsseldorf StraFO 1999, 286; OLG Celle a.a.O.; OLG Nürnberg NJW 2006, 1826; KG NStZ 2010, 284; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 8 StrEG Rn 7).

Erst dann liegt eine beschwerdefähige Entscheidung vor; vorher ist die sofortige Beschwerde nicht statthaft, denn nach allgemeinen Regeln kann ein Rechtsmittel erst nach Erlass der angefochtenen Entscheidung eingelegt werden (OLG Stuttgart a.a.O.; OLG Düsseldorf a.a.O.; OLG Celle a.a.O.; OLG Nürnberg a.a.O.; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O.). Der StPO ist eine reine Untätigkeitsbeschwerde fremd. Zwar unterliegt grundsätzlich auch die Unterlassung einer von Amts wegen oder auf Antrag zu treffenden gerichtlichen Entscheidung der Anfechtung. Dies gilt jedoch in aller Regel nur dann, wenn der Unterlassung die Bedeutung einer endgültigen Ablehnung zukommt (BGH NJW 1993, 1279). Das ist, wie ausgeführt, vorliegend nicht der Fall.

AGS 6/2016, S. 309 - 310

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